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Was von der vom Papst angekündigten Synode zur Synodalität in der Katholischen Kirche zu erwarten ist#


Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 390/2021

Von

Heribert Franz Köck


Im Dezember 2020 hat mich Prof. Paul Zulehner eingeladen, für einen von ihm zusammen mit Anna Hennersperger, Tomáš Halík und Peter Neuner geplanten Sammelband zum Thema der von Papst Franziskus für 2022 geplanten (und mittlerweile bereits auf den Weg gebrachten) Weltbischofssynode eine Expertise zu schreiben. Ich meinte damals, diese ehrende Einladung nicht annehmen zu können, weil ich jeden solchen Beitrag für verlorene Liebesmüh hielt.

Prof. Zulehner hat mich aber in der Folge überzeugt, dass ich zum Thema trotz allem einen sachdienlichen Beitrag leisten könne und mich daher nicht verschweigen sollte. Ich habe also den von ihm angefragten Beitrag geliefert; und das Erscheinen des Sammelbandes ist wohl noch in diesem Jahr zu erwarten.

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Da aber gerade jetzt die kommende Synode in aller Mund ist, möchte ich Gelegenheit nehmen, hier jene Gründe darzulegen, warum ich mir von der „Synode über Synoden“ nichts erwarte. Sie sind dieselben, welche mich damals zu meiner ursprünglichen Absage veranlasst haben. Ich war davon ausgegangen und gehen immer noch davon aus, dass für diese Weltbischofssynode – falls man von der Kirchenleitung überhaupt gehört werden, mit ihr sogar ins Gespräch kommen will – nur Beiträge sinnvoll sind, die bei den derzeitigen Regelung über Synoden im CIC 1983 ansetzen und dazu allenfalls Vorschläge aufgreifen, die schon unter Paul VI. für eine Lex Fundamentalis Ecclesiae gemacht, unter Johannes Paul II. aber sang- und klanglos archiviert wurden. Ein solcher Zugang wäre aber in der Sache nicht ausreichend.

Tatsächlich müsste man, um sinnvoll über Synodalität sprechen zu können. von einem ganz neuen Ansatz ausgehen, der die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen begreift und von daher Wege der Entscheidungsfindung von "unten" nach "oben" andenkt. Der "synodale Weg" kann schon in der einzelnen Gemeinde beginnen, sollte auch in der Diözese beschritten werden und muss schließlich auch für die Entscheidungsfindung in der Weltkirche gelten. Das bedeutet aber, dass auf diözesaner Ebene auch synodal nur dann entschieden werden darf, wenn die einzelnen Gemeinden nicht selbst zu Rande kommen, und dass in der Weltkirchen die Kirchenleitung nur dann – wiederum auf synodalem Weg – zur Entscheidung berufen ist, wenn die Diözesen ihre Aufgaben nicht erfüllen (können). Der synodale Weg macht nur Sinn, wenn er durch die Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips abgesichert ist.

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Das gegenwärtige Kirchenrecht beruht aber auf der falschen Auffassung, dass die Kirche nicht von unten, sondern von oben konstruiert ist. Treibt man diese Auffassung auf die Spitze, so ist nicht das Kirchenvolk, sondern allein der Papst für die Kirche konstitutiv, ja zuletzt besteht die Kirche überhaupt nur aus dem Papst und jenen, denen er Gemeinschaft gewähren will. Solange eine Synode nur mit Zustimmung des Papstes gehalten werden darf, der Papst auch ihre Agenda genehmigen muss und ihre Beschlüsse nur mit Genehmigung des Papstes umgesetzt werde dürfen, ist der synodale Weg eine Farce.

Dazu kommt noch, dass es nur nominell der Papst, in Wahrheit aber die Kurie ist, die das gesamte synodale Verfahren beherrscht; dagegen kann nicht einmal ein "wohlmeinender" Papst etwas ausrichten. Das beste Beispiel dafür ist, dass beim pastoral wichtigsten Punkt der letzten Bischofssynode zum Thema Familie, die Zulassung zivil wiederverheirateter Geschiedener zur „Kommunion“, nicht mehr herausgekommen ist als eine Fußnote im nachsynodalen päpstlichen Schreiben, die von jedem nach seiner Façon ausgelegt werden kann. Und dass auch die fortschrittlichste Versammlung die Kurie keinen Millimeter von ihrer traditionellen Linie abbringen kann, dafür ist die "Amazonien"-Synode mit ihrem gescheiterten Versuch, dort, wo Not am Mann (d.h. an Priestern) ist, auch geeignete Männer (von Frauen erst gar nicht zu reden) zu Priestern weihen zu lassen, das (bis jetzt) letzte traurige Beispiel. Und schließlich sollte jede Synode das Volk Gottes repräsentieren, sodass sie nach demokratischen Grundsätzen aus Priestern und Laien zusammengesetzt sein muss, wobei die Priester – die ja (grob gesagt) für die Laien da sind und nicht umgekehrt – natürlich nicht überrepräsentiert sein dürfen. (Tatsächlich wäre auch die Gliederung des Volkes Gottes in „Kleriker“ und “Laien“, gar die Gottgegebenheit unterschiedlicher „Stände“ in der Kirche, in Frage zu stellen.)

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Um der Einheit der Gemeinde, der Diözese und der Kirche als ganzer willen können zwar die Pfarrer, die Bischöfe und der Papst je in ihrem Bereich das letzte Wort haben, sind dabei aber ihrerseits durch das Subsidiaritätsprinzip gebunden. Wenn sie dasselbe verletzen, gibt es zwar zuletzt, d.h. über dem Papst, keine "höhere" kirchenrechtlich eingerichtete Instanz, an die man appellieren könnte; aber die letzte, nicht vom Kirchenrecht eingesetzte, sondern von Gott jedem Menschen gegebene "Instanz" ist sein Gewissen; und gegen eine das Subsidiaritätsprinzip verletzende Obrigkeit steht allen Gläubigem immer noch der (gegenüber der Kirche loyale!) Widerstand zu, der sich vor allem in dem heute ohnedies immer mehr praktizierten Ungehorsam äußerst.

Solange die Kirche ihr absolutistisches Herrschaftssystem, mit dem die Macht der Kurie rechtlich zementiert ist, nicht aufgibt, ist jeder synodale Vorgang eine Farce. Erschwerend kommt dazu, dass bei den Synode derzeit ohnedies nur Bischöfe als stimmberechtigte Mitglieder zugelassen sind, und diese – weil von der Kurie ausgesucht und vom Papst ernannt – ja gegenüber Rom nicht ihre "Herden" , sondern gegenüber diesen "Herden" nur die römische Zentrale repräsentieren, von der sie praktisch als "päpstliche Vögte" über diese ihre "Herden" gesetzt sind. Das klarste Beispiel für dieses sich selbst ergänzende, keinem Einfluss von außen unterworfene System sind die Papstwahl und die Kardinalskreierungen: Die Kardinäle wählen den Papst – der Papst ernennt die Kardinäle – die Kardinäle wählen den Papst – und so fort bis zum Jüngsten Tag.

Von der nächsten Bischofssynode zur Synodalität ist daher nach menschlichem Ermessen gar nichts zu erwarten; sie wird wie ihre Vorgänger nur als Feigenblatt für den kurialen Zentralismus dienen.

Ich bin sicher, dass ich mit meiner „Expertise“ in der Kirche nicht einmal bei allen "fortschrittlicheren" Kreisen auf fruchtbaren Boden falle, weil manche von ihnen sich die Illusion einer möglichen Koexistenz mit der Kirchenleitung von keinem „Kleingläubigen“ nehmen lassen wollen, während sich die traditionalistischen Zentralisten ohnedies nur die Augen und Ohren zuhalten, Lärm machen oder mich mit einer solche Expertise am liebsten in effigie verbrennen würden.

Trotzdem bleibt die Frage, wie lange wir uns vom traditionalistisch-kurialen Klüngel noch auf der Nase herumtanzen lassen wollen. Wann wird endlich – wie in der Geschichte Des Kaisers neue Kleider – ein Kind oder sonst ein Naiver mit Blick auf das römische System ausrufen: „Der Kaiser ist nackt“?