Hat Afrika noch eine Chance?#
Otmar Höll
Auch wenn die realen Verhältnisse in vielen afrikanischen Staaten nicht wesentlich schlechter sind als in anderen Staaten der Dritten Welt, so gilt Afrika für viele Politiker und Experten im Norden nahezu als „verlorener Kontinent“: Ein Großteil der ärmsten Staaten der Welt befindet sich dort, zudem gilt es als Hort korrupter staatlicher Eliten, des Stammesmords, des Hungers und der Hoffnungslosigkeit, nicht zuletzt wegen des hohen Anteils von HIV-positiven Menschen in der Bevölkerung. Laut Berichten der Weltbank leben mehr als 60 % der HIV-Infizierten weltweit in der Sub-Sahara-Region, das sind rund 26 Millionen Menschen.
Für die „große Weltpolitik“ gilt Afrika als relativ unbedeutsam. Noch in den 1980er Jahren hatte der bekannte Philosoph Ralf Dahrendorf gemeint, sollte Afrika untergehen, wir im Westen würden nichts davon merken. Wie falsch diese Bemerkung war, geht daraus hervor, dass schon gegenwärtig immer mehr Afrikaner, auch illegal, nach Europa drängen und die Tendenz sicher verstärkt würde, sollte sich die Situation für große Teile der afrikanischen Bevölkerung weiter verschlechtern.
Tatsächlich lag für lange Zeit der schwarzafrikanische Subkontinent am Rande weltpolitischer Überlegungen. Zwar ist die ehemalige Kolonialmacht Frankreich vielfach in Westafrika präsent und versucht, ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen nach Kräften zu wahren. Die USA und die Europäische Union haben in den letzten Jahren entdeckt, dass Afrika schon aus humanitären Gründen nicht sich selbst oder derOrganisation Afrikanischer Staaten (OAU) überlassen werden kann. Zu sehr lauert in vielen Teilen des Kontinents die Gefahr des gewaltsamen ethnischen Separatismus, der eine der vielen traurigen Hinterlassenschaften des europäischen Kolonialismus darstellt.
Wenn sich separatistische Bewegungenmit der Erwartung auf die Verfügungsgewalt über wertvolle Rohstoffe verbinden, wie dies bereits in der Vergangenheit oft der Fall gewesen ist, wie etwa im südlichen Teil des Kongos, in Nigeria, aber auch im Sudan, dann könnte die Zukunft des afrikanischen Kontinents in einem Szenario liegen, wovon der Kontinent bislang verschont geblieben ist: Eskalierung ethnischer Konflikte bis hin zu großen zwischenstaatlichen Kriegen.
Dass aber auch eine Entwicklung zum Positiven nicht ausgeschlossen ist, zeigen einige wenige Beispiele auf – meist wird von neun bis zehn Staaten gesprochen, u. a. Südafrika, Botswana, Gambia und Ghana.
Entscheidend wird sein, ob es gelingt, die meist im Interesse der eigenen Ethnien tätigen Regierungen zur Verantwortung für das gesellschaftliche Ganze zu bewegen, oder nicht. Es liegt also vorrangig bei den afrikanischen Regierungen selbst, ihre Zukunft positiv zu gestalten. Aber die internationale Gemeinschaft ist zur partnerschaftlichen Unterstützung unumgänglich, nicht zuletzt hinsichtlich der am höchsten verschuldeten Staaten.
Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:
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