Die entscheidenden Fragen werden nicht gestellt#
Die Debatte Wehrpflicht versus Berufsheer läuft seltsam verquer. Eine komplexe Materie wird auf eine simple Alternative eingedampft, Sozial- mit Sicherheitspolitik fahrlässig vermengt.#
Freundlicher Weise zur Verfügung gestellt von DIE FURCHE vom 3. Jänner 2013
Gastkommentar von
Ulrich H. J. Körtner
Je näher die Volksbefragung zur Abschaffung oder Beibehaltung der Wehrpflicht – und damit auch des Zivildienstes – rückt, desto mehr verselbstständigt sich die öffentliche Debatte über Argumente pro und kontra, die der Sache nach doch erst an zweiter Stelle stehen.
Völlig verquer läuft die Auseinandersetzung, wenn sie lediglich auf die Kostenfrage reduziert wird. Schließlich geht es doch nicht bloß darum, welche Modelle mehr oder weniger kosten, sondern wofür überhaupt das Geld im sicherheitspolitischen wie im sozialen Sektor und im Katastrophenschutz eingesetzt werden soll. Wer sich z. B. ein Auto kaufen möchte, vergleicht doch nicht bloß, welches Fahrzeug möglichst billig ist oder einen niedrigen Spritverbrauch hat, sondern überlegt zunächst, ob er überhaupt ein Auto braucht und wenn ja, für welche Zwecke. Es sei denn, das Auto ist für seinen Besitzer ein bloßes Statussymbol, bei dem er nur in zweiter Linie darum geht, dass es auch als Fortbewegungs- oder Transportmittel dient.
Verminte Themen#
Genauso zweitrangig ist die Frage, ob wir ein reines Berufsheer oder die Beibehaltung der Wehrpfl icht und eine Armee aus Berufssoldaten und Grundwehrdienern wollen.
Die Kernfrage lautet vielmehr, wozu Österreich überhaupt ein Bundesheer benötigt und welche Aufgaben dieses im Rahmen einer zeitgemäßen Sicherheitsstrategie erfüllen soll. Bei aller Wertschätzung für die Leistungen des Bundesheeres beim Katastrophenschutz: Sie liefern doch noch keine Begründung, wofür Österreich bewaffnete Streitkräfte benötigt. Das Militär ist nun einmal keine freiwillige Feuerwehr.
Doch darüber wird derzeit kaum debattiert, obwohl doch die Bundesregierung bereits im März 2011 eine neue Sicherheitsstrategie für Österreich vorgelegt hat. Aber statt über Österreichs sicherheitspolitische Interessen und politisch-strategische Ziele in einer dramatisch veränderten geopolitischen Gesamtlage oder über eher verminte Themen wie Sinn oder Unsinn der Neutralität heute zu diskutieren, wird die komplexe Materie auf die schlichte Frage eingedampft: „a) Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres oder b) sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?“
Dass die Frage der Wehrpflicht mit der des Zivildienstes verquickt ist, liegt zwar historisch betrachtet in der Natur der Sache, weil der Zivildienst schließlich nicht um seiner selbst willen, sondern als möglicher Ersatz für den eigentlich von allen jungen Männern zu leistenden Wehrdienst eingeführt wurde. Insofern liegt es auf der Hand, dass man nun über die Abschaffung der Wehrpflicht nicht ohne Berücksichtigung der Folgen für den Zivildienst und den sozialen Sektor entscheiden kann.
Das ändert aber nichts daran, dass die Frage des Wehrdienstes zunächst eine rein sicherheitspolitische und nicht eine sozialpolitische Frage ist. Zur sicherheitspolitischen Bewertung der Wehrpflicht gehört übrigens auch der demokratiepolitische Aspekt, ob das Bundesheer durch die allgemeine Wehrpflicht als demokratische Institution gestärkt wird – Stichwort „Bürger in Uniform“ – oder ob die Verankerung der Armee im demokratischen Rechtsstaat auch für ein reines Berufsheer gesichert ist. Schließlich gibt es geschichtliche und aktuelle Beispiele dafür, dass eine Armee einen Staat im Staat bildet und Gewalt gegen die eigene Bevölkerung ausübt.
Freilich hat schon Albert Schweitzer zu bedenken gegeben, dass für die allgemeine Wehrpflicht keineswegs von vornherein ausgemacht sei, ob sie der Zivilisierung des Militärs oder der Militarisierung der Zivilgesellschaft Vorschub leistet. Dass die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht schon deshalb wünschenswert sei, weil damit der um sich greifende Egoismus in der jungen Generation eingedämmt würde, wie von manchen ins Feld geführt wird, ist jedenfalls kein ausreichendes Argument.
Typisch österreichische Lösung#
Erst recht wird das Pferd vom Schwanz aufgezäumt, wenn von verschiedenen Seiten für die Beibehaltung der Wehrpflicht um des Erhaltes des Zivildienstes willen mobilisiert wird. Allerdings spricht eine Reihe von Gründen für die Beibehaltung des Zivildienstes in seiner bisherigen Form. Seine Abschaffung würde sehr wahrscheinlich die Kosten im Sozial- und Pflegebereich erhöhen, und hinter dem vom Sozialministerium präsentierten Modell eines freiwilligen Sozialen Jahres stehen mehrere Fragezeichen.
Dass es kaum Mehrkosten verursachen würde, ist zu bezweifeln. Dass es ausreichend geeignete Bewerber und Bewerberinnen geben würde, um die wegfallenden Zivildiener zu ersetzen, ebenfalls. Und schließlich ginge mit der Abschaffung des Zivildienstes eine wichtige Möglichkeit verloren, gut ausgebildete Ehrenamtliche für Hilfsorganisationen und Rettungsdienste zu gewinnen.
Solange die Politik den sicherheitspolitischen Kernfragen ausweicht, spricht aus pragmatischen Gründen vieles für die Beibehaltung des Status quo – eine typisch österreichische Lösung, die aber weder sicherheitspolitisch noch sozialpolitisch von Dauer sein kann.
Eine Diskussion dazu, zusätzlich zu den unten stehenden Kommentaren in der Community
Die zentrale Frage darf eben nicht gestellt werden, da es realiter darum geht, welches Heer die USA und Merkel von uns haben möchten.Selbstverständlich wären wir mit zwei Bataillonen Gendarmerie,die dem Beamtendienstrecht unterstehen und keine Befehlsgewalt brauchen wegen Schwergewichtsbildungen luftbeweglich aus Helis bestens bedient. die Gendaremnkönnte mit 35 in die Exekutive wechseln.Ministerium, Streitkräfte Führungskommando Graz und die Militärkommanden und auch die Generalität und vieles andere mehr könnte damit eingespart werden.
Österreich wäre dadurch juristisch entmilitarisiert, seit kurzem dürfen sogar jetzt schon Befahle hinterfragt werden, die gegen die temporäre Sklaverei vorgebrachten Argumenten würden entkräftet. Eine derartige Frage würde aber Merkel, die uns schon die nicht nacht- und bodenkampffähigen Abfangjäger, die die Bundeswehr nicht wollte, aufgezwungen hat, nie zulassen.
Die 180 Grad Kehrtwende von Darabos,der prompt eine ebensolche der Volkspartei folgte, die unter Koalitionsdrohung die Befragung jahrelang verhinderte, zeigt klar, nach welcher Pfeife wir tanzen müssen, kein Trost dabei, dass uns schon 1920 ein Heer aufgezwungen wurde, obwohl man damals die noch zum Heer gehörige Gendarmerie belassen wollte.
Es stellt sich also auch die grundlegende Frage, welches Modul wir der EU zur Verfügung stellen wollen und wie weit wie uns ihr und den Amis noch ausliefern wollen, schließlich halten wir ja auch Hitlers Truppenübungsplatz völlig unnötigerweise mit enormen Kosten bereit.
Wie immer das Heer nach der Volksabstimung ausschaut, müsste es juridisch entmilitarisiert werden durch abschaffung des überholten preußischen Kadaverbefehlrechtes, das durch zivles Weisungsrecht zu ersetzten wäre wie es auch bei Polizei etc. gibt.(Aufragstaktik verpflichtend)
Eine derartiege Gendarmerie, die von Frankreich im Kovoso leider auch unnötigerweise eingesetzt wird, würden aber Merkel und die USAnie Zustimmen, wollen sie und doch ewig auf unsere Kosten im Kosovo und Bosnien und dass wir auch in Syrien die Chemiewaffen wegräumen, wie der ORF anlässlich des Darabos- Besuches in den USA berichtete.
Wie die Diskussion geführt wird zeigt die Tatsache, dass ORF- Niederösterreich mehrfach berichtete, dass die Schweiz über ein hochgerüstetes Berufsheer (!!!) verfüge und es deshalb zu einem Mord mit einem Sturmgewehr gekommen sei. Das Gegenteil ist der Fall, die Schweiz ist das klassische Beispiel eines extrem erfolgreichen Milizheeres mit akademisch ausgebildeten Offizieren.
Es wird leider alles so kommen wie es Merkel angeordnet hat...schließlich entspricht der Zeitpunkt der Abstimmung nicht der bisherigen innenpolitischen Linie...Auf jeden Fall sollte versucht werden die temporäre Sklaverei zu beenden, denn den deutschen Generalen folgen zu müssen ist ja noch ärger als bisher...das Heer sollte unds auch gegen Merkels primitive Soldadeska schützen können. Deutsche Zeitungen zeigen ja, was sich da meldet, Fremdenlegion brauchen wir keine...
Insgesamt eine hochkomplexe Fragestellung, natürlich undercover
-- Glaubauf Karl, Dienstag, 8. Januar 2013, 07:59
Vielleicht sollte man endlich darüber informieren wer im Berufsheer dienen soll, öst. Bürger EU-Bürger oder gar Asylanten ?
-- Glaubauf Karl, Dienstag, 8. Januar 2013, 08:06
1973 meldeten sich für die Aufstellung der 15.000 Mann starken Bereitschaftstruppe nicht einmal 9000 Mann...,Zwangsverpflichtung der Reserveoffiziere war die folge um den schein waren zu können, heute würden für das Heer Freiwillige benötigt, für die Profimiliz und erst recht für das Freiwillige Jahr, ein bisschen viel an Freiwilligkeit,daher Entmilitarisierung und völlige Neuorganisation, was aber von der EU nie genehmigt werden würde, denn die will dieGleichschaltung, die wir schon mal hatten.
These: die Zahl der erforderlichen Freiwilligenmeldungen wird viel zu günstig angenommen aus welchen 'Gründen auch immer...Österreich sollte aber endlich einmalselbstbestimmen dürfen, seit 1994 sind wir aber Sklaven der europäischen Sicherheitsarchtektur, deren Vorgabenwieder einmal aus Deutschland kommen.
Meine These: der sehr komplexe Bereich kann nicht einfach durch den "Alloperator Frewilligkeit" gelöst werden, weil derartig hohe Freiwilligenmeldungen unrealistisch sind: Berufsheer, Freiwilligenmilz, freiwilles soziales Jahr erfordern 35 tausend Freiwillige..ein Kleinstaat verfügt kaum über derartige Rekrutierungspotentiale.. Vergleiche mit Deutschland oder USA nur weil die auch Freiwilligenheere haben sind unsinnig...
Leider darf die entscheidende Frage, warum wir ein Heer brauchen sollen, nicht gestellt werden, wir brauchen keines sondern lediglich eine zivil organisierte Exekutivformatio, Merkel braucht ein Heer, ein möglichst gleichgeschaltetes, Generalstab, Ministerium, streitkräfteführungskommand, Militärkommanden sind derzeit alles unnötige Symptome einer in dieser Form völlig aufgeblähten Sicherheitsarchitektur Brüssels, Lybien musste nie bombardiert werden aber der konservative Sarkozywollte das....
-- Glaubauf Karl, Dienstag, 8. Januar 2013, 08:36