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Das Leben von Wolfgang Amadeus Mozart chronologisch#

Von

Guido P. Saner

Aus dem Buch: Mozart - Wien. Ein Mann aus dem Moos (ISBN: 978-3-200-01019-2)

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(eig. Taufname Joannes Chrysost:(omus) Wolfgangus Theophilius Mozart 27. 1. 1756 - 5. 12. 1791)

W.A. Mozart, Silberstiftzeichnung nach Dorothea Stock 17.4.1789 in Dresden
Silberstiftzeichnung nach Dorothea Stock 17.4.1789 in Dresden

1756

27. 1. ca. 20 Uhr geb. in Salzburg am Löchelpl. Haus Nr. 255 3. OG bzw. Traidgasse 9 ( Getreidegasse).

Eltern: Johann Georg Leopold Mozart (1719 Augsburg-1789 Salzburg), fürsterzbischöflicher Vizekapellmeister + Anna Maria Mozart geb. Pertl (1720 St. Gilgen -1778 Paris). Familienstamm nachweisbar bis um 1400 (Heinrich Motzhart -1485/86).

Taufe: 28. 1. 10.30 h im Dom zu Salzburg. 1773 Übersiedlung ins „Tanzmeisterhaus“ Hannibalpl. (Makartpl.).

1759

Erste Musikbegabung des „Wolfgangerl“ offensichtlich; sucht selbst wohlklingende Terzen am „Clavier“ (dt. für Clavecin/Cembalo). Erster Musikunterricht durch den Vater (Violinschule) mit Übungsbuch der Schwester „Nannerl“ (Maria Anna; 1751-1829) ab dem 4. Altersjahr.

1761

Komposition eigener kleinerer Musikstücke, u. a. 10-taktiges „Andante C-Dur (KV 1a) im Frühjahr, von Freund der Familie (Hoftrompeter Andreas Schachter) verbrieft. „Göttliche Begabung“ wird erkannt, aber mit Fleiß erarbeitet und Vater fördert, teils mit immensem Übungspensum, die Kinder; die Sensation der „Wunderkinder“ weckt enormes öffentliches Interesse. Am 3. 9. erster öff. Auf-tritt als Tänzer im lat. Schuldrama „Sigismund Hungariae Rex“ in Salzburg.

1762

Erste Konzert-Reisen im Januar nach München (Bayr. Kurfürst Maximilian III. Joseph). Am 6. 10. Ankunft in Wien mit der „Wasser-ordinaire“ (Postschiff ab Passau-Linz-Mauthausen-Ybbs-Stein); Wolfgang erkrankt („Catharr“); 9. 10. Konzert im Palais Collalto (Am Hof 13); fast täglich weitere Kon-zerte in den Adelspalais + bei Kaiserin Maria Theresia im Schloss Schönbrunn, wo er ihr auf die Schoß hupft, auch „Nannerl“ wird mit Galakleid (ehem. von Erzherzögen) beschenkt.

Erst wohnt die Familie im Gasthof „Zum weißen Ochsen“ (Fleischmarkt 28); ab 19. 10. Haus Stadt Nr. 321 „Tischler-Haus“ 1. OG im Fiebergassl (Tiefer Graben 20) bis 31.12. Ab 21. 10. Wolfgang ernsthaft erkrankt ( + Fieberflecken); 31.12. Rückreise nach Salzburg.

1763

9. 7. Abreise der Familie in eigener Salonkutsche auf 41-monatige Westeuropa-Tournee. 1. Station München (u. a. 3 Soireen bei Herzog Clemens von Bayern); weiter über Schwetzingen (3 Akademien), Frankfurt (5 Konzerte; Goethe zu Gast), Mainz, Koblenz, Aachen, Brüssel bis Paris (18. 11.).

1764

Neujahrstag, Audienz in Versailles; Erstvortrag Opus 1 (Sonate Clavier + Violine KV 6/7). 10. 4. Weiterreise nach London (Audienzen + Konzerte); Musizieren mit Johann Christian Bach, Gesangsunterricht bei Kastrat Giovanni Manzuoli, Prüfung durch Prof. Daines Barrington. 16. 2. beide Kinder erkrankt („Catharr“, Angina, Atemnot).

1765

1. 9. Abreise über Lille, Gent, Antwerpen nach Den Haag (unzählige Konzertauftritte); weitere 2 Monate in Paris. Wolfgang tritt als „Wunderkind“ bis zur Erschöpfung als Multitalent auf: Pianist, Geiger, Organist, Improvisator, Komponist, Zauberkünstler.

1766

Reisestrapazen werden offensichtlich, ausg. der Mutter, ist die Familie teils mehrwöchig er-krankt. Wolfgang leidet seit frühester Kindheit an Gelenkrheumatismus, der eigentliche Keim seiner Todeskrankheit. Reiseplan Italien wird aufgeschoben und Rückreise über Lyon, Genf (20. 8.) durch die Schweiz (Lausanne, Bern, Zürich, Winterthur, Schaffhausen) nach Donaueschingen über München zurück in Salzburg am 29. 11.; Reisekosten ca. 20000 Gulden (€ 294200).

Vater Leopold lehrt die Kinder in Mathematik, Latein, Italienisch, Französisch, Englisch. Wolfgang liest gerne, zeichnet gut und interessiert sich für Malerei + Bildhauerei. Studium des „Gradus ad Parnassum“ von Johann Jo-seph Fux (Kontrapunkt; Arbeitsheft angelegt). Der Landesherr Fürsterzbischof Siegismund Christoph Graf Schrattenbach + Universität erteilen Kompositionsaufträge: u. a. „Grabmusik“ KV 42 (in Klausur zwecks Prüfung), 4 Clavier-Sonaten von „Nannerl“, 6 Clavier-Sonaten von Wolfgang KV 279-284.

1767

Erstes Halbjahr; bereits Arbeiten nahe der Dramatik: Geistliches Singspiel „Die Schuldigkeit des ersten Gebotes“ KV 35 (1. Teil Mozart, 2. Teil Konzertmeister Michael Haydn, 3. Teil Hoforganist Anton Cajetan Adlgasser); erste kleine Oper (Aufführung Universitätsgymnasium) „Apollo et Hyazinthus“ KV 38. Am 11. 9. Abreise der Familie über Lembach, Linz, Melk nach Wien (Ankunft 15. 9.) bis 5. 1. 1769; logiert im Hause Goldschmied Schmalecker (2. OG, Weihburggasse 3).

Auftritt zu Vermählungsfeierlichkeiten im Kaiserhaus erhofft, doch Ausbruch einer Pockenepidemie (Braut bzw. Erzherzogin Josepha Maria stirbt). Auch Schmaleckers Kinder erkranken an „Blattern“, was dieser ver-heimlicht; die Mozarts flüchten zu spät über Brünn nach Olmütz; Wolfgang ist angesteckt, und später „Nannerl“. Kaiserin Maria Theresia ordnet Impfung an und vollzieht diese öffentlich an sich und den Kindern; dennoch 2 % der Bevölkerung erkrankt (im 18. Jh. in Europa 60 Mio. Tote); Mozarts überleben. Noch in Olmütz entstehen beide Symphonien D-Dur KV 45 + 48 + c-Moll-Messe „Waisenhaus-messe“ KV 139.

1768

Am 10. 1. Rückkehr nach Wien (Haus „Zum roten Säbel“, Wipplingerstr. 19) und Audienz im Kaiserhaus. Auf Wunsch des Vaters regt Joseph II. Komposition einer Oper an: „La finta semplice“ KV 51; die Aufführung der ersten Opera buffa scheitert, trotz Beschwerdeschrift im Netz der Intrigen. Vater Mozart droht am 18. 3. Gehaltsentzug, sollte er nicht bis April zum Dienstherrn (Fürsterzbischof Graf Schrattenbach) nach Salzburg zurückkehren. Längeres Fernbleiben wird auf Antrag (ohne Gehalt) gewährt.

Neuer Auftrag des Arztes Dr. Anton Mesmer: Singspiel „Bastien und Bastienne“ KV 50; Uraufführung in seinem Palais. Auftrag für Kirchenmusik zur Weihe des Wiener Waisenhauses am Rennweg („Waisenhausmesse“ KV 139) + „Offertorium“ KV 117 + Trompetenkonzert (verschollen); Wolfgang dirigiert, unter Anwesenheit der Kaiserin + des Erzbischofs, an seinem ersten öffentlichen Auftritt in Wien (7. 12.). Mozart ist bereits bestens vertraut mit italienischem Musikstil, obwohl er (noch) nie in Italien gewesen ist; bald ein Muss für die Vervollkommnung seines Studiums. „La finta semplice“ gelangt doch zur Aufführung und Universität bestellt Musik zur Jahresabschlussfeier. Für Freund aus Kindestagen (Hagenauer-Sohn Cajetan Rupert; Hausherr in Salzburg) entsteht zu dessen Primiz im Kloster die „Pater-Dominicus-Messe“ KV 66.

1769

14. 11. Wolfgangs Ernennung zum 3. unbesoldeten Konzertmeister der Salzburger Hofkapelle + Genehmigung des Urlaubs + finanzielle Unterstützung für Italienreise; Abfahrt 13. 12. zu Konzerten in Verona mit Ernennung zum Ehrenkapellmeister („Academia Filarmonica“), Weiterreise nach Mailand. Opernauftrag für die Karnevalsstagione 1770/71; Zusammentreffen mit Niccolò Piccini + Gio-vanni Sammartini. Am 26.12. Première Oper „Mitridate, rè di ponto“ KV 87/74a; Fortsetzung Konzertreise durch Kleinstädte nach Bologna, Florenz, Rom.

Besuch bei Padre Giovanni Battista Martini + Aufnahme in die Accademia Filarmonico; Besuch der „Sixtina“ zur Anhörung des 9-stimmigen doppelchörige „Miserere“ von Gregorio Allegri (Abschriften verboten!). Mozart notiert die gehörte Musik detailgetreu nieder! Beim 2. Rom-Aufenthalt wird ihm die höchste Ehrung des Lebens zu teil: Papst Clemens XIV. ernennt Mozart zum „Ritter des Goldenen Sporn“ im höchsten Grad (nur 1 Musiker erhält diese Ehrung: Orlando di Lasso); Christoph Willibald Gluck + Carl Ditters von Dittersdorf sind „lateranische“, nicht vatikanische Ritter.

Weiterreise nach Neapel + Besuch der Kulturstätten in Pompeji, Herculaneum + Vesuv. Empfang bei Meistern der Oper wie Niccolò Jommeli + Giovanni Paisiello. Daraufhin nach Venedig mit Akademien + neue Aufträge (Opera seria + Serenata teatrale „Ascanio in Alba“ KV 111 für Mailand + Oratorium für Padua). Erfolge mit immensen Strapazen verbunden; teils nur 2 Stunden Schlaf und Brot!

Salzburger Fürsterzbischof sperrt erneut Gehalt des Vaters; er bleibt zu lange in Mailand. Kaiserin Maria Theresia, zuvor vom Wunderkind begeistert, rät dem Sohn und Erzherzog, sich nicht mit den umher ziehenden Bettlern zu belasten! In Salzburg ist Mozart begeistert am Bölzelschießen, Kegeln, Reiten, Carambole-Billard, Maskeraden, Parodien (Wiener Dialekt: „Bandl-Terzett“ KV 441) oder scherzhaften Kanons.

1770

Unterwegs nach Mailand, im Wirtshaus in Lodi, Streichquartett G-Dur KV 80; in Mailand logieren Vater und Sohn im Kloster „San Marco“.

1771

Rückkehr aus Mailand in Salzburg am 15. 12.; Verkündung des Todes von Fürsterzbischof Graf Schrattenbach. Die Mozarts treffen sich oft im Café „Staiger“ (heute: „Tomaselli“) mit der Gesellschaft bei Tee, Schokolade, Mandelmilch und Gefrorenem.

1772

Im März wird als Nachfolger Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo inthronisiert; neuer Dienstherr. Mozart widmet ihm Einakter „Il sogno di Scipione“ KV 126, darauf (ab 9. 8.) Festanstellung in der Hofkapelle für 150 Gulden p. a. (€ 2210). / Am 26. 12. Première von „Lucio Silla“ KV 135 in Mailand mit mäßigem Erfolg (Tenor erkrankt, Ersatz-Kirchensänger versagt), dennoch 26 Mal erfolgreich gegeben. Mozart gerät in eine paradoxe Lebensphase: Wie besser er als Komponist- Musiker wird, desto mehr verblasst das „Wunderkind“; Mäzene und Publikum geben sich distanziert.

Nach Heimkehr erwägt der Vater erneute Wien-Reise in der Hoffnung auf die lukrative Anstellung des Sohnes; ein Fehlschlag. Mozart erreicht den Durchbruch mit der G-Moll-Sinfonie KV 183, nach dem Vorbild von Joseph Haydn.

1773

„La finta giardiniera“ KV 196 ein Erfolg, dennoch muss Mozart vorerst in Salzburg verbleiben. Im Juli 3. Reise mit Vater nach Wien, wo sie Logis bei Kupferschmied Gottlieb F. Fischer, Tiefer Graben (Nr. 18; Hotel „Tigra“), beziehen. Vater Leopold dirigiert am 8. 8. die „Dominicus-Messe“ KV 66 seines Sohnes in der alten Jesuiten-Kirche (Am Hof). In Wien lässt sich aber keine feste Anstellung für Wolfgang finden; die Rückkehr nach Salzburg für längere Zeit ist die Folge bis 1778 er mit seiner Mutter nach Paris und 1780 über München nach Wien fährt.

Das Verhältnis zum Dienstherrn ist zusehends angespannt; dieser lässt u. a. die Post der Mozarts durchsuchen und sie korrespondieren in Geheimschrift. Nebst vertiefter Musikausbildung, fördert Vater Mozart die Fremdsprachen und das Allgemeinwissen der Kinder; er lässt sie ein Tagebuch anlegen. Aus Kostengründen kann nicht mehr die ganze Familie verreisen und ein neues Urlaubsgesuch wird abgelehnt. Innerlich hat Wolfgang sich längst vom Salzburger Hof verabschiedet und bei nächster Reise soll ihn nur die Mutter zur Koordination + Kostenübersicht begleiten. Obwohl Claviervirtuose seit Kindestagen, schafft Wolfgang erst mit 17 Jahren das erste Klavierkonzert D-Dur KV 175, stilistisch anlehnend an Werke von Georg Christoph Wagenseil + Johann Christian Bach.

1776

Für festliche Anlässe werden 9 Sonaten bestellt und gleich komponiert. Parallel entstehen erste Violinkonzerte, denn Wolfgang ist auch exzellenter Geiger. Sein Dienst ist im je länger je mehr zuwider und die Verkennung seines Genies seitens der Obrigkeit empfindet er als bodenlose Kränkung; er möchte in Salzburg Kapellmeister sein!

1777

Im Alter von 21 hat Mozart ein Drittel des Lebenswerks geschaffen; ca. 300 Werke aller Gattungen. Nebst Bölzelschießen, Billard und Kegelschieben ist er inzwischen versierter Kartenspieler (Tresette, Brandeln, Schmieren, Tarock, Nain jaune, Pharao), welche Leidenschaft er mit vielen Zeitgenossen teilt (u. a. Goethe, Kaiserin Maria Theresia). In den Wintermonaten geht er gerne Eisstockschießen und Kompositionen stehen im Zusammenhang mit diesen Betätigungen: „Kegelstatt-Trio“ KV 498 + 12 Bläserduette KV 487 (496); mit Notenblatt-Vermerk „Wien den 27. Julius 1786 untern Kegelschieben“.

Am 23. 9. Abreise mit der Mutter für 1 ½ Jahre, erneut hoffend auf Festanstellung nach München zur Vorstellung bei Hofmusikus Graf Seeau + bei Graf Zeill bzw. beim Kurfürsten. Doch keine Stelle ist vakant; Mozart soll sich erst prominenten Namen als Komponist machen! Weiterreise nach Augsburg (Geburtsstadt Vater) ohne Erfolg und nur kleine Akademie; der Musikverein kann Gage nicht bereitstellen. Weiterreise nach Mannheim und Besuch beim angesehensten Orchester seiner Zeit. Mutter + Sohn logieren bei Hofkammerrat Serrarius und Tochter des Hauses erhält gegen Entgelt Klavierunterricht, auch ein Offizier. Wohlhabender niederländischer Musikliebhaber ordert bei Mozart Konzert für Solo-Flöte KV 313, obwohl dieser das Instrument nicht sonderlich mag.

Der Kurfürst von Bayern verstirbt und Nachfolger (Kurfürst von der Pfalz) verlegt den Hof von Mannheim nach München. Am 13. 11. verfasst Wolfgang erneut seine deftig-spaßigen Briefe an seine Cousine Maria Anna Thekla („Bäsle“). Nun verblasst der hochkulturelle Glanz in Mannheim und die Reise in Richtung Paris soll beschleunigt werden; doch Mozart verliebt sich!

1778

Vater hat Wolfgang aufgetragen, sich allerorts um Kopisten zu bemühen. In Mannheim Kontakt mit Familie von Fridolin Weber (Souffleur, Kopist, Basssänger am Hoftheater) + 4 Töchter (Josepha, Aloysia, Sophie, Constanze); alle bereits Sängerinnen. Daneben ist Weber Hofkapellmeister in Eutin, Prinzipal der Wanderbühne und Groß-Onkel des Komponisten Carl Maria von Weber. Mozart ist hingerissen von der 16-jährigen Aloysia; der Reiseplan nach Paris, gerät mit Wolfgangs Idee der Aloysia als Opernprimadonna, für die er Arien schreiben will, mit neuem Ziel Italien ins Wanken. Die Mutter berichtet nach Salzburg; der Vater zeigt sich erbost: „Fort mit Dir nach Paris!!“ Missmutig setzten Sohn + Mutter die Reise fort bis Paris.

Neuer Kompositionsauftrag (Vertonung Miserere von Holzbauer) scheitert an Intrigen und Wolfgang muss aus finanziellen Gründen Kompositionsunterricht erteilen, was ihn zur Verzweiflung bringt; er empfindet Paris als Zeitverschwendung, denn das Interesse am „Wunderkind“ ist verblasst! Er will keine Klavierstunden mehr geben und eigene Wege gehen. Die Mutter schreibt klagend nach Salzburg; Wolfgang versucht die Geschäfte selbst zu regeln, ist oft auswärts und lässt die Mutter im finsteren Quartier (Rue Gros-Genet) mangelhaft umsorgt zurück. Sie erkrankt, wird zur Ader gelassen, genest wieder; verliert beim Rückfall ihr Gehör, wird bewusstlos und stirbt am 3. 7. im 57. Altersjahr an Typhus. Tags darauf wird sie in St. Eustache eingesegnet und verm. am nahen Friedhof St.Jean-Porte-Latine, unter Anwesenheit von Wolfgang, eines Kavallerie-Trompeters der königl. Garde + Vikar Irisson begraben. Erst 5 Tage nach ihrem Tod berichtet Wolfang dem Vater; nur über ihre Krankheit. Die schreckliche Wahrheit schreibt er vorerst einem Freund der Familie (Abbé Joseph Bullinger), damit er den Vater auf den Schicksalsschlag vorbereite.

Mozart übersiedelt zum Gönner (Baron Grimm + Mme. d´Epinay) an Rue d´Antin (nahe dem Place de l´Opéra), wobei es zu Differenzen kommt; Grimm bevorzugt Gluck und Piccini. Mozart schreibt dem Vater, dass Paris für ihn nutzlos ist und dieser erwirkt für Wolfgang das Hoforganistenamt in Salzburg mit 450 Gulden (€ 6620) Jahresgehalt. Er begibt sich, durch Umwege verzögernd, zurück nach Salzburg; u. a. bleibt er 3 Wochen in Straßburg, hoffend die Webers anzutreffen. Dabei entstehen Werkfragmente (Melodram KV 315e + Doppelkonzert für Geige + Klavier KV 315f) und Vater fordert vehement die Rückkehr; zudem würden die Reiseschulden 863 Gulden (€ 12700) betragen! Wolfgang hat andere Pläne: Er will Aloysia mit ihrem Vater nach Paris holen; doch die Webers sind nach München übersiedelt, wo die Angebetete bereits am Hoftheater singt. Mozart hofft auf feste Anstellung als Kapellmeister in München; vergeblich. Er versucht Bekannte + das „Bäsle“ für Ideen und Mitreisende nach Salzburg zu gewinnen. Fakt wird aber: Mozart übernimmt den fürsterzbischöflichen Dienst als Hoforganist in Salzburg und schreibt: „die größte Narrheit von der Welt!“

1779

Am 17. 1. erhält Wolfgang das Dekret als Salzburger Hoforganist und besucht oft Vorstellungen der gastierenden Theatertruppen von Johann Heinrich Böhm und Emanuel Schikaneder. Für Böhm bearbeitet er Musik zu „Thamos“ und berät für deutsche Fassung „La finta giardiniera“ („Die verstellte Gärtnerin“). Wolfgang ist eingeengt und äußert sich verärgert über Salzburg (8. 1.): „… ich schwöre ihnen bey meiner Ehre dass ich Salzburg und die ihnwonner; ich rede von gebohrnen Salzburgern; nicht leiden kann; - mir ist ihre sprache - ihre lebensart ganz unerträglich; …!“

1780

Freundschaftliche Kontakte mit Theaterprinzipal Schikaneder, welcher der Familie Mozart freien Theatereintritt gewährt. Mozart ist vom Theater und deutschem Singspiel begeistert; beginnt mit Komposition des Singspiels „Zaide“ KV 344 für neu eingerichtete Deutsche Oper Wien, die Fragment bleibt. Von München erreicht ihn ein vielversprechender Auftrag: Die Opera seria „Idomeneo“ KV 366 für den kurfürstl. Hof. Guten Mutes widmet sich Wolfgang in freien Stunden dem Kartenspiel, von denen er 14 beherrscht und Billard. In Briefen umschreibt er Tarock-Spiel mit „hierkleid“ (hier = da; Kleid = Rock; = „da-Rock“); wie er auch gewandt Wortspiele pflegt; in 5 Fremdsprachen samt Dialekten, ebenso liest/spricht er fast fließend rückwärts (signiert teils mit „Gnagflow Trazom“). 5. 11. Abreise Wolfgangs zu den Proben nach München; für 6 Wochen beurlaubt. Opernhonorar 450 Gulden (€ 6620).

1781

Uraufführung von „Idomeneo“ am 29. 1.; Freunde reisen an und Mozart schreibt das erfolgreiche Werk für eine spätere Aufführung um. Nach 4 Monaten Beurlaubung erhält Mozart Befehl, sich wieder dem Hoforganistendienst zu widmen. Inzwischen weilt Dienstherr Fürsterzbischof Colloredo im Haus des Deutschen Ritterordens, wegen der Erkrankung seines Vaters, in Wien (Singerstr. 7 /Stephanspl. 4), samt Dienerschaft, Gefolge und Kammerherr Karl Graf Arco und Kammermusikabteilung. Mozart wird erneut mit dringlichem Befehl nach Wien beordert! Abreise am 12. 3. mit Post- + Salonkutsche (ab Unter-Haag) über Altötting, Braunau, Lambach, Linz, St. Pölten nach Wien; Fahrtkosten 50 Gulden (€ 735). Am 16. 3. vor 8 h Ankunft bei Zollstation Wiener Hauptamt am Fleischmarkt (altes Postgebäude; ca. Nr. 19). Mozart muss Reisevisum vorweisen; er ist als Salzburger ein Ausländer.

Wegen Übersiedlung nach Wien ist er Habsburgischer Untertan, bleibt aber zeitlebens ein Salzburger! Dies ist autonomes Fürsterzbistum/Kirchenstaat, gelangt erst 1803 durch den Frieden von Preßburg (Bratislava) zu Italien + Bayern bzw. erst 1816 (nach Wiener Kongress) zu Österreich. Im Gepäck hat Mozart 2 Akte von „Zaide“, die er dem Kaiser präsentieren will. Er hofft, sich an der Etablierung des durch Joseph II. neu geschaffenen Deutschen Nationalsingspiels zu produzieren. Er meldet sich beim Dienstherrn an der Singerstr. und erhält ein Dienstzimmer zugewiesen, inmitten der Kammerdiener und Küchenhilfen (1. Stiege, 1. OG, links Tür 2). Auf derselben Etage lebt 1863-65 Johannes Brahms. Andere Mitglieder der Salzburger Hofkapelle (u. a. Konzertmeister Antonio Brunetti + Kastrat Francesco Ceccarelli) sind bereits in Wien und logieren auswärts. So steht Mozart zum großen Missfallen dauernd unter Aufsicht des Fürsterzbischofs und muss noch am Abend der Ankunft für 20 Gäste des Dienstherrn verm. in der Sala Terrena sein erstes Konzert geben (ältester dauerhaft bespielter Konzertsaal Wiens). Abendessen im Haus ist nicht vorgesehen; jeder Musiker erhält 3 Dukaten (= 13,5 Gulden = € 198); ein fürstliches Honorar, denn ein Abendessen in Wien kostet 1-2 Gulden (€ 14-28). Mozart erhält, selbst erstaunt, ein Konzert-Extrahonorar von 4 Dukaten (= 18 Gulden = € 264, nebst dem regulären Jahresgehalt.

Doch er will sich vom höfischen Reglement distanzieren, denn er wird wie das übrige Hofpersonal behandelt und sitzt an der Bediententafel. Gräfin Maria Wilhelmine von Thun lädt Mozart zum Privatkonzert für 50 Dukaten (€ 735) ein, das er nicht geben darf und dies erbost dem Vater berichtet (24. 3.). Gegen den Willen des Dienstherrn gibt Mozart am 3. 4. das erste öffentliche Konzert zugunsten der „Tonkünstler-Societät“ (Leiter: Antonio Salieri, 1750-1825; Hofkapellmeister). Colloredo sieht in Mozart ein Vorzeigeobjekt und verweigert ihm die eigenen Auftritte. Er lehnt sich vehement auf bis ihm ein Konzertauftritt gewährt wird. Colloredo setzt nun kurzfristig die Rückreise nach Salzburg an (8. 4.); es kommt zum Bruch! Er berichtet die Auseinandersetzung brieflich dem Vater (4. 4.); er will frei sein - „P: S: ich versichere sie, dass hier ein herrlicher Ort ist - und für mein Metier der beste ort von der welt. - das wir ihnen jedermann sagen.“ NB: Der erste freischaffende Komponist ist Georg Philipp Telemann (1681-1767).

Die Diskussion führt indes Graf Arco, der sich weigert, Wolfgang Amadé Mozarts Entlassungsgesuch entgegenzunehmen. Die Vorsprache eskaliert: Am 8. 6. wirft ihn Graf Arco „mit einem Fußtritt“ zur Tür hinaus! Allerdings ist der oft geschilderte Fußtritt physisch nicht nachgewiesen, sondern ist eher eine derzeit gängige herbe Redewendung. Mozart muss sofort sein Dienstzimmer räumen; sein Entlassungsgesuch hat Dienstherr Colloredo nie angenommen! Im Brief (16. 6.) berichtet Wolfgang, was er von an seinen Klavierschülern verlangen kann: „… mein Preis ist für 12 lectionen 6 dukaten …“ (€ 398 bzw. € 34 pro Lektion). Sogleich wird er zu Konzertauftritten in Adelshäuser und Salons eingeladen, wo er die Violinsonaten Opus 2 zum Subskriptionskauf anbietet. In den Sommermonaten weilt Mozart oft auf der Sommerresidenz des Graf Cobenzl (ob Wien/Kahlenberg) mit Wald, Parks und inspirierenden Teich- und Grottenanlagen. Noch immer wird Mozarts Post in Salzburg „gesichtet“; deshalb ist diese meist chiffriert (Erzbischof = „Irzbfocusi“; A=M, E=L, I=F, O=S, U=H u. a.).

Bis Jahresende nur eine Klavierschülerin für 250 Gulden (€ 3680) pro Jahr; tägliche Diner-Einladung bei Familie Auernhammer. Am Hof ist kein musikalisches Amt in Sicht; aber ein Opernlibretto in Aussicht: „Die Entführung aus dem Serail“ KV 384. Nun erfährt Mozart, dass „Webersche“ von München nach Wien übersiedelt sind (Haus „Zum Auge Gottes“ Nr. 1226, 2. OG; Milchgasse 1/Peterspl. 8; Neubau 1897). Tochter Aloysia ist Sängerin am Deutschen Nationalsingspiel (Hoftheater); inzwischen verheiratet mit Joseph Lange (Hofschauspieler). Vater Fridolin Weber ist an Schlaganfall verstorben (23. 10. 1779); Cäcilia (die Mutter) muss notgedrungen einzelne Zimmer vermieten. Weitere 3 Töchter sind noch unter die Haube zu bringen: Josepha (22), Constanze (19), Sophie (14). Mozart berichtet dem Vater über die erneute Annäherung zu den Webers und von Spaziergängen im Prater; dieser gibt sich entsetzt und fordert den Sohn auf, Distanz zu wahren!

Wolfgang Amadé Mozart ist in Wien bereits derart bekannt, dass es genügt zu adressieren: „Mozart - Wien“. Nach heftigen Briefwechseln gesteht Mozart seine Heiratspläne mit einer „Weberischen“; mit Constanze. Der Vater ist entsetzt, obwohl Sohn Wolfgang wegen dem „Geschwätz der Leute“ in ein Zimmer in das „Arnstein´sche Haus“ Nr. 1175, 3. OG, Graben Nr. 8 (Nr. 17; Neubau 1905) wegzieht, aber täglich auf Besuch bei den Damen weilt. Mutter Weber nötigt den Vormund von Constanze (Hoftheaterrevisor Johann Thorwart), Mozart ein Eheversprechen abzuringen. Innert 3 Jahren muss er sie heiraten oder 300 Gulden (€ 4400) jährlich als Abfindung zahlen. Constanze toleriert die Entwürdigung nicht, zerreißt den Kontrakt und äußert: „Lieber Mozart! Ich brauche keine schriftliche verischerung von ihnen, ich glaube ihren Worten so!“ Das Verlöbnis benötigt in Wien keine besondere Form, aber für die Heirat jeweils einen Vormund: Die Volljährigkeit tritt erst mit 24 Jahren ein. Mozart ist 26, aber „außerhalb des Brotes seines Vaters“ (Codex Theresianus 1766 I Cap. III § 1 Z 8). Constanze ist 19 Jahre alt, Halbwaise und wirtschaftlich nicht unabhängig, was einer Sondergenehmigung bedarf (Codex Theresianus I Cap. III § 1 Z 9).

Mutter Weber macht das Leben der Constanze zur Hölle; sie zieht zu Baronin Martha Elisabeth von Waldstätten (Leopoldstadt Nr. 360 / Praterstr. 15); eine Gönnerin Mozarts. Sie singt gut, spielt Klavier und wird von Mozart unterrichtet; vergibt Geldgeschenke und Einladungen. Doch ein Eklat: Mutter Weber beschlagnahmt alle zurückgelassenen Mozart-Noten und droht mit Sittenpolizei! Gegen Quittierung gelingt es Mozart diese wieder zu beschaffen. Es bleibt nur das Eine: Die sofortige Heirat! Mozart bittet seinen Vater um Einwilligung, doch er kann nicht mehr abwarten.

Trotz der Turbulenzen ist Mozarts Produktivität scheinbar nicht gehindert: Am Graben 17 entstehen Violinsonaten (KV 376, 377, 379, 380), Bläserserenade „Gran Partita“ KV 361, Teile von „Die Entführung aus dem Serail“ KV 384; daneben unterrichtet er Schüler/innen. Bei Baronin von Waldstätten pflegt man Gesellschaftsspiele wie das reizvoll pikante „Pfänderspiel“. Da werden bei Constanze mit bloßen Händen von einem „chapeau“ (Kavalier) die Waden gemessen. Wäre Mozart dabei gewesen, hätte er sie wohl mit einem „Bandl“ messen lassen, denn er kennt das Spiel; wie Casanova, der es detailliert beschreibt. Es ist nicht ganz harmlos; in der Mode der Zeit tragen Damen knöchellange Unterröcke, aber keine Unterwäsche und die Strumpfbandel werden oberhalb des Knies getragen! Mozart ist in den glücklichsten Wochen des Lebens, wie er später äußert; frei und fröhlich an vielen Bällen und er komponiert für Hornist Martin Lange das „Lied“ KV 367b.

Daneben herrscht reger Briefwechsel mit Vater und Schwester in Salzburg mit teuren Papier- + Portokosten, denn Post wie heute gibt es in Österreich erst ab 1787 (Poststempel; ab 1850 Briefmarken). So sind Postkuriere von Absender und Empfänger zu bezahlen; ein Brief von Wien nach Salzburg kostet 24 Kreuzer (€ 6) für 1 Loth (= 17,5 Gramm).

Bei der Komposition hat Mozart ein phänomenales Gedächtnis; hat diese als Gesamtwerk im Kopf und schreibt sie zügig nieder. Klavierbegleitung spielt er oft aus dem Gedächtnis und notiert nur die Solostimme; er befürchtet Abschriften. Zudem komponiert er rasant; für 4 Contretänze benötigt er nur ½ Stunde, für 2 dreistimmige Kanons (zur Sechsstimmigkeit kombinierbar) 5-6 Minuten! Dennoch ist Musik nicht immer abrufbar; dass er zur Kontrolle auf das Klavier verzichtet habe, ist Legende. Bei größeren Werken fixiert er zuerst die Hauptstimmen und erst im zweiten Arbeitsschritt die komplette Partitur. Bei Opern hält er sich nicht an den Ablauf des Librettos, sondern zieht einzelne Szenen gleichen Charakters heraus und vertont sie hintereinander, unabhängig von der Position innerhalb des Stücks.

Im Sept. ist in Wien der Besuch von Großfürst Paul von Russland geplant und Hoftheaterdirektor Franz Xaver Graf Rosenberg-Orsini ev. der Kaiser bestellt bei Mozart eine Oper. Beim Eintreffen des Staatsgastes wird nichts aus der Oper und Mozart unterhält die Gesellschaft mit eigens komponierten Klaviervariationen. Mozarts Oper bedarf der Umarbeitung, die er selbst wünscht und im Okt. entstehen parallel Serenade KV 375 + Sonate für 2 Klaviere KV 375a/448. Mozart arbeitet meist auf einem Hammerklavier von Anton Walter (1752-1826), das bei der ISM (Int. Stiftung Mozarteum) ausgestellt und (leider) mehrfach umgebaut ist.

Ab Dez. ist Mozart nachweislich finanziell etabliert und unabhängig; dazu trägt das Klavierwettspiel gegen Virtuose Clementi mit 50 Dukaten (€ 3310) des Kaisers bei. Mit dem Honorar für „Idomeneo“ aus München erzielt Mozart 1781 Einnahmen von 905 Gulden (€ 13310), die er teils für Tilgung der Reiseschulden (Paris) aufwenden muss.

Heute ist klar, dass Mozart schon 1779 bis 1781 über 7.000 Gulden (€ 107.970) verfügt, die er im „Schiesscassa“-Zettel seines Cassa-Buch“ vermerkt und angebl. Zinsen erwartet. Bis 1788 hat er hohe Einnahmen, aber keine Erfahrungen im Geldumgang; sein Haushalt hat nichts mit einem Durchschnittlichen zu tun, sondern eher mit einem des gehobenen Bürgertums (Bedienstete, eigenes Pferd mit Kutsche, beste Logis, gute Verpflegung, Vergnügungen wie eigenes Billard, Gesellschaftsanlässe). Am 15. 12. erwähnt Mozart dem Vater die feste Heiratsabsicht und gegen Jahresende notiert er in Constanzes Gebetbüchlein: „Der Trazom - … Von der Znatsnoc. Seyn Sie gar nicht zu andächtig, gute Nacht!“

1782

Leider existieren nur wenige Briefe an Constanze; in Verzweiflung hat sie nach seinem Tod fast alle verbrannt. Für das übliche Honorar von 100 Dukaten = 450 Gulden (€ 6700) und den Einnahmen der 3. Aufführung wird „Die Entführung aus dem Serail“ KV 384 vollendet. Mozart arbeitet teils die eigene Lebensgeschichte ein, doch der Name Constanze ist Zufall des Librettisten. Fast scheitert die Première erneut an Theaterintrigen, doch Joseph II. schreitet ein. Der Applaus obsiegt und 18 Aufführungen folgen, dennoch lässt sich das Deutsche Nationalsingspiel nicht halten; aber der Kaiser gibt das Projekt nicht auf. Die Oper wird in über 40 Städten Europas mit Erfolg gegeben.

Mozart beschäftigt sich nun mit 2 italienischen Opern („L´oca del Cairo“ + „Lo sposo deluso ossia La rivalità de tre donne per un solo amante“), die Fragmente bleiben. Vom 20.-23. 7. zieht er ins Haus „Zum roten Säbel“ Nr. 387 Wipplingerstr. (Nr. 19/Färbergasse 5), wo er bereits 1768 mit Vater logiert hat. Wegen des „Pfänderspiels“ erklärt Constanze das Verlöbnis für kurze Zeit als aufgelöst, doch bald finden sie wieder zueinander; nach 60 Jahren vererbt sie Mozarts Hochzeitsgeschenk (goldene Uhr) an beide Söhne (Testament 23. 6. 1841). Am 4. 8. trifft sich die kleine Gesellschaft im Stephansdom (Eligiuskapelle) zur Trauung des „wohledlen Herrn Wolfgang Adam (sic!) Mozart, ein Kapellmeister, ledig, geboren von Salzburg, mit der wohledlen J. Konstantia Weberin, geboren von Zell in U.V.Ö.“ (Zell im Wiesental; Unter Vorderösterreich / Säckingen).

Trauzeugen der Braut Maria Constanze Caecilia Josepha Johanna Aloisia Weber (1763-1842) sind Johann Thorwart (Vormund) und Karl Cetto von Kronstorf; des Bräutigams Franz Gilowsky (Jugendfreund) und „Wolfgang Adam Mozart“ selbst. Die Trauung vollzieht Hochwürden Kurat Ferdinand Wolf(f). Der Ehekontrakt entspricht dem Üblichen des Wiener Kleinbürgertums: Bestellung der Mitgift („dos“) 500 Gulden (€ 7355) der Braut; Garantiebetrag 1000 Gulden (€ 14710) des Bräutigams auf Überleben und Gütergemeinschaft der in der Ehe erworbenen Güter. Der Original „Heuraths-Contracte“ liegt bei British Library London (Nachlass Stefan Zweig).

Das Hochzeitsessen gibt Baronin von Waldstätten. Entgegen den Angaben, verbringt das Brautpaar die Flitterwochen in Wien; oft mit Constanzes kleinem Hündchen „Putzipaukerl“ im Augarten. Nach dem Wegzug enterbt Vater Leopold den Sohn formell, wie dies auch ihm selbst widerfahren ist. Zunächst wohnen die Mozarts im „Roten Säbel“ und weitere über 10 Übersiedlungen stehen noch bevor. Wenige Monate später logieren sie im „Herbersteinischen Haus“ Nr. 412 Wipplingerstr. (Nr. 14) 3. OG beim jüdischen Baron Wetzlar. Seit Ende der 1770er-Jahre veranstaltet Baron van Swieten Sonntags-Matinéen und Mozart gesellt sich dazu; ebenso gründet er die „Gesellschaft der Assoziierten“ aus Mitgliedern der Aristokratie zur Förderung der Kunst und Musik mit Aufführungen von Konzerten und Oratorien. Dafür schafft Mozart Kanons bis Zwölfstimmigkeit und fragmentarische „Missa c-Moll“ KV 427. Er wird zudem Kompagnon von Philipp Jakob Martin, der mit Privileg im Restaurationsgebäude des Augartens eine Reihe Morgenkonzerte gibt, die Mozart am 26. 5. eröffnet.

Mozart schildert selbst seinen Arbeitstag: „6 Uhr fertig frisiert. 7 Uhr angekleidet. Bis 9 Uhr komponieren. 9 bis 1 Uhr Lektionen. Dann speisen, zu Hause oder um 2 oder 3 Uhr auf Einladung. Das Komponieren beginnt wieder um 5 oder 6 Uhr; hindert keine Akademie daran, zieht es sich bis 9 Uhr hin. Dann Besuch bei Constanze. Halb 11 oder 11 Uhr Rückkehr, wieder Komponieren, oft bis 1 Uhr.“ Am 28. 9. schreibt Mozart an Baronin von Waldstätten über den unvergesslichen Anblick des „schönen rothen frok“, den sie ihm besorgen lässt (roter „Galafrok“; auf etlichen Gemälden).

1783

Im Februar Übersiedlung ins Haus „Zum englischen Gruß“ Nr. 1149 am Kohlmarkt (Nr. 7; Neubau 1841). Bereits am 24. 4. Übersiedlung ins „Burgische Haus“ Nr. 244 1. OG (Judenpl. 3-4/Kurrentgasse 5; Neubau 1895). Constanze erwartet ihr erstes Kind, Raimund Leopold, geb. 17. 6.; in 9 Ehejahren bringt sie 6 Kinder zur Welt. Letztlich erreichen nur 2 das Erwachsenenalter. Der Erstgeborene verstirbt („Gedärmfrais“) am 19. 8., während dem die Eltern kurze Zeit in Salzburg weilen. Vater Mozart insistiert brieflich, den längst versprochenen Besuch in Salzburg abzustatten. Wolfgang fürchtet sich, denn formell steht er noch in Diensten des Fürsterzbischofs; der hat ihn nie entlassen und sein Gesuch nie akzeptiert!

Musikalischer Höhepunkt wird in Salzburg Mozarts Messe in c-Moll KV 423/ 427 am 26. 10., Constanze singt in der St. Peterskirche die Sopranstimme. Mozart hat versprochen zur Geburt des 1. Kindes zum Dank eine Messe zu komponieren, die unvollendet bleibt. Am 27. 10. reist das Ehepaar Mozart von Salzburg ab nach Linz, wo sie bei Graf Johann Joseph Anton Thun-Hohenstein logieren; die „Linzer-Symphonie“ KV 425 entsteht. Am 6. 12. kehren sie nach Wien zurück; inzwischen ist, nach der Auffassung des 18. Jh., das Kind von einer Amme versorgt; teils hütet Constanzes Schwester Sophie die Kinder. Die Kindersterblichkeit ist hoch; meist versterben 4 von 6 Kindern nach kurzem Dasein (Kindbettfieber, Hygiene); so leben in Mozarts Haushalt nur 12 Monate 2 Kinder gemeinsam.

Das Verhältnis Mozarts zur Schwiegermutter entspannt sich; sie pflegt ihm die ungeschickt verursachte Schnittwunde am Oberschenkel und er nennt sie in letzten Briefen sogar „Mama“. Seiner Frau widmet Mozart nur 2 Werke: Sonatensatz für 2 Klaviere (Fragment) KV 375c + Übungsstück für Gesang „Per la mia cara consorta“.

Mozarts Alltag ist turbulent; ein stetes Ein und Aus: Musiker, Schüler, Hauskonzerte, Proben, Besuche, Plaudereien, Logiergäste, Billardspieler bis in die Nacht. Meist wird auswärts gespeist (auf Einladung), in der Küche steht das Personal und die Böden werden weder von der Magd (Lisl Schwemmer) noch vom Stubenmädchen (Jahresgehalt je 12 Gulden (€ 177) + Kost + Logis, sondern vom „Frottier“ (Zimmerbodenwixer) gepflegt. Ab und zu plagt Mozart Husten und Constanze versorgt ihn mit Hagebuttentee. Nun gibt er die eigene große Akademie im Wiener Hoftheater, unter Anwesenheit des Kaisers, und Hoffnungen keimen auf. Die italienische Oper fasst in Wien wieder Fuß und Mozart sucht nach einem Libretto. Lorenzo da Ponte (1749-1838; eig. Emmanuele Conegliano) arbeitet bereits mit Antonio Salieri (Hofkompositeur) und „Cabalen“ wegen den erforderlichen Sängerinnen keimen auf; die einzigen Konkurrenzreibungen zwischen Salieri und Mozart!!

1784

Im Januar Übersiedlung in den „Trattnerhof“ Nr. 591-596 am Graben (Nr. 29-a) 2. Stiege 3. OG; prunkvoller Gebäudekomplex mit Casino + Konzertsaal. Hier veranstaltet Mozart 22 eigene Akademien, die 500 Gulden (€ 7355) je Konzert einbringen, d. h. gesamt € 161810! Der Verbleib der hohen Einnahmen bleibt teils schleierhaft: Beim Billard oder im Casino? Zudem ist das teure Logis für Mozart vergünstigt, denn er erteilt der Dame des Hauses Klavierunterricht; 250 Gulden (€3680) Halbjahresmiete für die 4 Zimmer mit Stuckdecken + 2 Kabinette + Nebenräume. Gemäß den Einladungs- + Subskriptionslisten bewegt sich Mozart in Wien in allerhöchsten Kreisen.

An „Michaelis“ (29. 9.) beziehen die Mozarts die gesamte „Beletage“ (1. OG) des „Camesina“-Hauses Nr. 846 Große Schul(l)erstr. (Schulerstr. 8/Domgasse 5, „Mozarthaus Vienna“); Besitzer: Hofstuckateur Alberto Camesina (1675-1765) bzw. Erben. Jahresmiete 480 Gulden (€ 7060), die in den Steuerbüchern nie verbucht werden; wohnt Mozart auf Einladung? Es entstehen bedeutendste Werke: 2 Quintette, 4 Quartette, 3 Trios, 2 Klavierquartette, 3 Klaviersonaten, 2 Violinsonaten, Klavierkonzert, Hornkonzert, c-Moll-Phantasie, Goethe-Lied „Das Veilchen“, Kantate „Davidde penitente“, Oper „Le nozze di Figaro“. Mozart verdient nachweislich mind. 2000 Gulden (€ 29420) p. a. + Nebeneinkünfte + Sonderkonzerte + Verlagseinnahmen.

Mozart erwägt für Instrumentalwerke den Eigenverlag. Artaria & Co. (bis heute: Kohlmarkt 9) bietet für die Deutschen Tänze, Menuette und Quintette je 20-30 Ex. 450 Gulden (€ 6700), soviel wie für eine Oper! Im Hause beherbergt Mozart auch die Schüler + Musiker (Oboist Joseph Fiala, Geiger Johann Anton André, Johann Nepomuk Hummel, Organist Thomas Attwood). Dazu Hund „Gauckerl“ und Vogel „Stahrl“, der Takte des Rondos des G-Dur-Klavierkonzertes KV 453 nachpfeift. Er schafft ein Klavier mit Pedalkasten für 900 Gulden (€ 13300) an, doch die Technik genügt nicht + ein neues Billard für 300 Gulden (€ 4500) + Instrumente; dazu hat er sein eigenes Pferd samt Salonkutsche.

Mozart selbst empfiehlt da Ponte das Textbuch zu „Figaros Hochzeit“, basierend auf der am 27. 4. in Paris uraufgeführten Komödie von de Beaumarchais (La folle journée ou le Mariage de Figaro). Der frz. König Ludwig XVI. verachtet das Stück; auch in Wien wird es wegen der Zensur nur zum Druck freigegeben. Baron Wetzlar bietet sich als Mäzen an und da Ponte bringt das für den Hof pikante Stück als Oper durch. Der Kaiser ordnet sogar die Inszenierung an, denn er will selbst (in der Aufklärung) die Adelsprivilegien erheblich reduzieren. Die Oper ist dazu äußerst passend, denn darin wird ein Aristokrat vom Diener überlistet und führt die Standesunterschiede ins Groteske. Man will die Oper zu Fall bringen, aber am 1. 5. 1786 feiert diese einen fulminanten Erfolg. Mozart durchlebt seine blühendste Zeit; so ist belegt, dass er in diesem Jahr 26 Konzerte gibt, davon 24 in nur 9 Kalenderwochen!

Aufgrund grober Ausschweifungen erlässt Joseph II. am 1. 5. restriktives Glücksspielgesetz bei Geldstrafen von je 300 Dukaten = 1350 Gulden (€ 19860); der Ruin für etwa einen Handwerker, der mtl. max. 20 Gulden (€ 295) verdient. Ein Geiger in der Kirchenmusik von St. Stephan erhält jährlich 20 bis 25 Gulden (€ 370), ein Musiker an der Hofkapelle 350 Gulden (€ 5150), Bläser bis 750 Gulden (€ 11030), der Kapellmeister Ignaz Umlauff 850 Gulden (€ 12500). Nichts im Vergleich zu den Ministern, Staats- und Konferenzräten des Hofes mit jährl. bis 20000 Gulden (€ 294200), deren Amtsdiener kassieren nur 60 Gulden jährl. (€ 880) oder ein Dienstmädchen max. 30 Gulden (€ 440). Das wahre soziale Gefälle zeigen aber die Jahreseinnahmen des Hochadels: 100000-500000 Gulden (€ 1471000-7355000)!

Am 14. 12. wird Mozart auf Veranlassung von Otto von Gemmingen in die Wiener Frei-maurerloge „Zur Wohltätigkeit“ (Marc-Aurel-Str. 5/Vorlaufstr. 2) aufgenommen; diese wird in die Loge „Zur neu gekrönten Hoffnung“ integriert (Landskrongasse/ Wildpretmarkt 10). Über die Jahreswende besucht er als Gast die Loge „Zur wahren Eintracht“, wo er am 7. 1. 1785 zum Gesellen befördert wird.

1785

Wöchentliche Logenbesuche an der Landskrongasse 1. OG im Haus Baron Moser, wofür Mozart zu „musikalischen Pulten“ komponiert (Divertimenti für Bläser bzw. „Basset-clarinet“ KV 439b), in Zusammenarbeit mit k. k. Instrumentenbauer Theodor Lo(t)z; weitere Freimaurerwerke: „Gesellenreise“ KV 468, „Maurerfreunde“ KV 471, „Maurerische Trauermusik“ KV 477, „Zur Eröffnung der Loge“ KV 483+484, „Eine kleine Freimaurerkantate“ KV 623; Freimaurerthemen gehen auch in Tonschöpfungen an die Öffentlichkeit (u. a. 1791 „Die Zauberflöte“ KV 620). Mozart bekennt sich offen als Freimaurer und plant sogar die eigene Loge („Grotte“) u. a. mit Freund und Klarinettist Anton Stadler zu gründen.

Am 11. 2. wird der hochangesehene Komponist Joseph Haydn auch in die Loge aufgenommen und Mozart lernt mit Angelo Soliman, dem Hofmohren, in der Loge einen außergewöhnlichen Freund kennen: Geb. ca. 1721 Nordostnigeria (Stamm der Magumi Kanuri) 1796 Wien; eig. namens Mmadi Make. Wird 7-jährig geraubt, an Christen verkauft, an Adelshäuser nach Messina weiterveräußert und dem österreichischen General Johann Georg Christian Fürst Lobkowitz geschenkt. 1753 vererbt an Joseph Wenzel Fürst Liechtenstein als Kammerdiener, Haushofmeister, Diplomat; in seinem weißen Galafrock eine kontrastreiche Erscheinung. Er spricht mehrere Sprachen, spielt Pharao und Schach; gewinnt damit ca. 20000 Gulden (€ 294 200)! Heiratet, obwohl Katholik heimlich getraut, 1 Tochter, kauft ein Haus und bezieht ein Festgehalt + Witwenpension. Kaiser Franz II. lässt ihn nach dem Tod präparieren und als „fürstlichen Mohr“ in seiner Sammlung ausstellen (1848 während der Revolution verbrannt)!

Ab 11. 2. Vater Leopold zu Besuch in Wien und erstaunt über den Haushalt des Sohnes: Aufgetischt wird erstklassig, „Tobak“ geschmaucht, Edelweine getrunken, Meeresfrüchte und kandierte Südfrüchte genossen. An einem Quartett-Abend im noblen Logis mit Joseph Haydn erklärt dieser Vater Mozart: „ich sage ihnen vor gott, als ein ehrlicher Mann, ihr Sohn ist der größte Componist, den ich von Person und den Nahmen nach kenne; er hat geschmack, und über das die größte Compositionswissenschaft“ (16. 2.).

Vater Mozart spielt 1. Geige, Wolfgang die Viola, die Barone Tinti 2. Geige + Cello. Mozart widmet seine 6 Streichquartette sogleich Joseph Haydn und wird eigener Konzertveranstalter: Miete des Saals im städtischen Casino „Mehlgrube“ (Neuer Markt) mit neuen Werken (Klavierkonzert KV 467, Kantate Davidde penitente, Andante für Violinkonzert, 2 Freimaurer-Werke, c-Moll-Fantasie KV 475, Klavierquartett KV 478, Lied „Das Veilchen“). Nebst den Arbeiten an „Le Nozze di Figaro“ (Okt. - Apr. 1786) Mozarts produktivste Zeit; gesamt 150 Fragmente. Daneben Auftritte als Dirigent und weitere Werke entstehen (3 Klavierkonzerte KV 482+488+491, Sonate für Klavier + Violine KV 481, 2 Freimaurerlieder für Chor + Orgel KV 483-484, Operneinlagen u. a. Scena mit Violinsolo KV 490, Bläserwerke, Klavierrondo KV 485, Musikkomödie „Der Schauspieldirektor“ KV 486.

Bei genauer Analyse des 12-zeilgen Notenpapiers im Querformat ergeben sich ca. 6 volle Seiten täglich; für Opern und Symphonien wird edleres Papier mit Wasserzeichen benutzt. Dennoch bleibt Zeit für persönliche Kontakte wie etwa zu seinem „theuersten Freund“, Gottfried von Jacquin (Sohn des berühmten Botanikers Nikolaus von Jacquin) mit dessen Schwester, die er am Klavier und in Gesang unterrichtet; zudem regelmäßige Treffen zu deren Diskussionszirkeln (Komposition 6 Vokalwerke KV 436-439+549, Terzett „Liebes Mandl, wo is´s Bandel?“ KV 441, Bassarien KV 513+Anh. 245/621, „Kegelstatt-Trio“ KV 498, Klaviersonaten zu 4 Händen KV 497+521, Flötenquartett KV 298, Liebeslieder KV 520+530 zu Jacquins Brautwerbungen, „Ein musikalischer Spaß“ KV 522, „Eine kleine NachtMusick“ KV 525.

Vater Mozart ist vom Betrieb, den Aktivitäten und Gesellschaft hingerissen; alleine die Kosten für Wolfgangs Kerzenverbrauch (Bienenwachs) sind enorm: ca. 7 kr (= Kreuzer) pro Stück (€ 2.70)! Dienstherr Colloredo beordert Vater Mozart, nach längst überzogenem Urlaub, nach Salzburg zurück; die letzten gemeinsamen Schritte von Vater und Sohn gehen zu Ende.

1786

Eröffnung der von 3 zusammengeschlossenen Loge „Zur neugekrönten Hoffnung“; Mozart lässt sich wegen „Unpässlichkeiten“ entschuldigen; folgend fehlen Protokolle der regelmäßigen Besuche. Musikalischer Wettstreit zwischen Mozart und Salieri („Der Schauspieldirektor“ und „Prima la musica, poi le parole“) zum „Frühlingsfest im Winter“ in der Orangerie im Schloss Schönbrunn zum Besuch des späteren Zaren Paul I. unter blühenden Orangenbäumen am 7. 2. mit Galatafel. Hofkompositeur Salieri gewinnt; sein Libretto ist besser und er verfügt über weit mehr Vorbereitungszeit. Am 11. 2. werden beide Werke im Kärntnertortheater aufgeführt und der Kaiser lässt 1000 Dukaten auszahlen (€ 66200): 100 an Salieri + 50 an Mozart + 500 an Schauspieler + 100 dem Orchester + 250 an ital. Sänger/innen.

Mozart gibt etliche Konzerte bei den Salons des Hochadels, insbesondere der Grafen von Thun und unter Anwesenheit von Kaiser Joseph II., der Mozart jeweils in einer Tabatière 25 Dukaten = 112 Gulden (€ 1650) übergibt. Jeden Sonntag 12-14 h finden Salons bei Gottfried van Swieten (Sohn des Leibarztes von Kaiserin Maria Theresia, niederl. Diplomat) statt; studiert er das Bach´sche Werk und sammelt Autografen. Dabei entstehen ein Hornkonzert Mozarts für den Hornisten Leutgeb, Bläserserenade KV 384a/388, die „Haffner-Symphonie“ KV 385, 3 Klavierkonzerte, das Hornquintett, 3 von 6 Haydn gewidmeten Streichquartette, 6 Konzertarien, Fugen, Klaviersonaten (Fragmente), Klavierfantasie, ein Oboenkonzert, c-Moll-Messe, fragmentarische Entwürfe, die er später in Opern verwendet (u. a. „Zauberflöte“). Im Augarten stellt er 3 neue Klavierkonzerte und das Konzert für 2 Klavier KV 316a/365 vor. Danach die Akademie im zur Verfügung gestellten Burgtheater mit höchster je belegter Einzeleinnahme; 1600 Gulden (€ 23540) an einem Abend!

Gluck lädt ihn zum Essen ein und er schreibt „Variationen über ein Thema von Gluck“ KV 455. Mozart hegt Pläne zur Übersiedlung nach Paris oder London und besucht Sprachenunterricht; trotzdem schreibt er seinem Vater: „Wien, der liebste Ort von der Welt!“ Die Pläne bleiben Notlösung für schlechtere Zeiten. Im März engagiert Johann Adam Fürst Auersperg Mozart in sein Palais zur Aufführung von „Idomeneo“. Mozarts großer Tag; der 1. 5., die Uraufführung von „Le Nozze di Figaro“ mit der provokanten Gegenüberstellung der bürgerlichen und adligen Moral. Vorerst verhalten aufgenommen, wird das Werk ab der 3. Vorstellung zu einem fulminanten Erfolg! Weitere 9 Vorstellungen in Wien folgen und nach der Neueinstudierung (Aug. 1789) wird sie weitere 28x in Wien gegeben; in Prag von der Première und in ganz Europa ein immenser Erfolg.

Durch die frz. Revolution und die Türkenkriege werden nun viele Orchester aufgelöst, wie viele Privilegien des Adel, und dieser zieht auf die Landsitze; das Musikleben in Wien verringert sich drastisch. Mozart erwägt die Abreise nach Paris oder London.

1787

Mozarts Einnahmen fließen nicht mehr üppig; die Gönner geben sich knausrig. Der Kaiser erlässt Sparmaßnahmen; gibt das Erbe der Staatskasse; 22 Mio. Gulden(€ 324 Mio.). Mozart reist erstmals nach Prag. Familie Mozart übersiedelt am 24. 4. („Georgi“) in die Vorstadt Wiens, Landstr. Nr. 224 (Landstr. Hauptstr. 75-77) mit Garten + „Salettl“; so ist die Sommerhitze erträglicher; im Garten des „Mesmerschen Palais“ (Rasumofksygasse 29). Es entstehen im Aug. „Kleine NachtMusick“ KV 525 + Violinsonate KV 526.

Aus Prag erhält Mozart den Opernauftrag: „Don Giovanni“ KV 527. Er richtet Bittschreiben an Logenbruder Puchberg, denn wegen Finanztransaktionen gerät er in Fänge von Wucherern. Daneben erhält er u. a. Kapital von Baron Wetzlar als Förderung. Beim Kaufmann Lackenbacher bezieht er gegen Schuldschein 1000 Gulden (€ 14710), die er nach 2 Jahren mit 5 % Zins zurückzahlt. Am 28. 5. stirbt Vater Mozart an Wassersucht/Herzbeschwerden. Nur Tage später der „Kanari“, dem er ein Gedicht widmet.

Am 1. 10. reist Mozart erneut mit Frau + Schwager in spe Franz de Paula Hofer (Geiger) + Anton Stadler (Klarinettist) + Marianne Crux (Geigerin) + deren Tante Elisabeth Barbara Quallenberg + Kaspar Ramlo (Geiger) + Diener Joseph + Hund „Gauckerl“ in 2 Kutschen mit 6 Pferden; Mozart übernimmt die Reisekosten. Gut gelaunt, unterhält sich die Reisegesellschaft mit Wortspielen: Mozart geizt nicht mit Scherznamen wie Hinkiti Honky = Jacquin, Hofer = Rozka=Pumpa, Stadler = Nàtschibinitschibi, Joseph (Diener) = Sagadaratà, „Gauckerl“ (Hund) = Schamanuzky, Mme. Quallenberg = Runzifunzi, Mlle. Crux = Ps., Ramlo = Schurimuri, Freistädtler (Schüler) = Gaulimauli oder brother, Joseph Franz = Blaterrizi, Francisca = sister oder Signora Diniminimi, seine Frau Constanze = SchablaPumfa, für sich selbst = Punkitititi; denn er notiert meist nur die Notenköpfe und Schüler besorgen die Reinschrift.

In Prag logiert das Ehepaar Mozart im Palais des Grafen Johann Joseph von Thun-Hohenstein, wo Mozart 6 „Deutsche Tänze + Alternativo“ KV 509 komponiert. Es ergeben sich keine weiteren Kompositionen, denn sie genießen Prag und den Erfolg von „Figaros Hochzeit“ in vollen Zügen. Vom 8.-15.10. arbeitet Mozart mit Da Ponte, der mit Casanova zusammentrifft, die Details zu „Don Giovanni“ aus und die Première wird auf 14. 10. festgelegt. Diese wird aber durch „Figaros Hochzeit“ ersetzt (wegen Trauung der Erzherzogin mit Prinz von Sachsen) und auf 24. 10. verschoben und wegen Erkrankung einer Sängerin hebt sich der Vorhang am 29. 10. erstmals zu „Don Giovanni“ mit berauschendem Erfolg und weiteren 116 Aufführungen. Danach weilen die Mozarts bei Freunden, den Duscheks, in deren Villa Bertramka bei Prag (Museum). Mozart komponiert hier 1 Konzertarie KV 528 + am 6. 11. 2 Lieder KV 529 + 530.

Am 15. 11. stirbt in Wien Christoph Willibald Gluck am 3. Schlaganfall als „wirklicher k. u. k. Hofcompositeur“; am 12./13. 11. reisen die Mozarts ab, zurück nach Wien. Ein hohes Amt in Wien ist nun frei und Kaiser Joseph II. versucht Mozart in Wien zu halten, mit dem für ihn geschaffenen Amt des „k. u. k. Kammermusicus“ für 760 Gulden (€ 11180) jährlich. Somit hat er für die Hof-Maskenbälle Tänze zu schreiben. Damit bleiben die erhofften Ämter aus: Vorerst ist Joseph Starzer, vor Joseph Bonno (-1788) und alternierend mit Antonio Salieri mit 2053 Gulden (€ 30200) jährlich als Hofkapellmeister. So muss Mozart wieder Klavierunterricht erteilen. Schon im Apr. 1787 wünscht Beethoven unterrichtet zu werden, doch er muss wegen Erkrankung der Mutter nach Bonn zurück; eine persönliche Begegnung mit Mozart ist nicht belegt.

Der Kaiser wünscht, dass auch in Wien „Don Giovanni“ gegeben wird, was 15x über die Bühne geht. Anfangs Dez. Übersiedlung mit der Familie in das Haus Innere Stadt Nr. 281 (Tuchlauben 27/Schultergasse 2; Neubau 1885).

1788

Mozarts Terminkalender ist wieder randvoll; beabsichtigt im Sommer i. A. der „Gesellschaft der Associierten Cavaliere“ (Vorsitz: Baron van Swieten) nach London zu reisen. Die an Chorwerken interessierte Adelsgesellschaft (Händel + Bach) beauftragt Mozart deutsche Bearbeitungen einzurichten (Händel: „Acis + Galathea“, „Messias“, Alexanderfest“, „Cäcilienode“ u. a.); nicht etwa Verbesserung der Werke ist gefragt, sondern das Klangbild der neuen Zeit. Am 7. 5. folgt die Erstaufführung von „Don Giovanni“ in Wien, aber weniger erfolgreich als in Prag.

Mozart kann im „Trattnerhof“ + teils im neuen „Philipp Otto´s Casino“ an der Spiegelgasse die Reihe „Sommerkonzerte“ etablieren (neue Symphonien KV 543+550+551); die London-Reise fällt aus. Er berichtet die Erfolge nach Salzburg; auch dass er Zahlenlotto spielt (Zahlen a/Notenblatt: Konzertaria „Ah se in ciel, benigne stelle“ KV 538). Weitere Bittbriefe an Puchberg, obwohl Einkünfte gut sind (mind. 2000 Gulden) und er leiht beim Verleger Hoffmeister Geldvorschüsse; daraus werden ihm Spekulationsgeschäfte, hin bis zur Armut angedichtet. Doch Mozart verleiht in dieser Zeit selbst auch Gelder an Freunde.

Erhebliche Teile der Schulden zahlt er innert kurzer Frist wieder zurück (Franz Hofdemel, Finanzbeamter; Heinrich Lackenbacher, Fürst Karl Lichnowsky, mit Androhung der Exekution) bzw. scheinen nicht mehr auf. Jedoch werden sämtliche hohen Haushaltskosten samt Personal stets beglichen! Schon im März verfasst Mozart ein Türken-Kriegslied mit Orchesterbegleitung KV 539 (Aufführung im Leopoldstädter Theater) und bietet dazu die arrangierten Noten „La Bataille“ KV 535 über die Wiener Zeitung zum Kauf an. Der ungarische Adel und die Amsterdamer Kaufmannschaft stellen Mozart eine Jahrespension von 1000 Gulden (€ 14710) in Aussicht. Am 17. 6. übersiedeln die Mozarts ins Haus „Zu den 3 Sternen“ in die Vorstadt Alsergrund Nr. 135 (Währinger Str. 26; Neubau 1891) mit kleinem Garten; es entstehen 3 Symphonien KV 543, 500, 551 „Jupiter“ und der spitzfindige Kanon KV 561 „Bona nox!“

1789

Im Jänner übersiedeln die Mozarts ins Haus Innere Stadt Nr. 245 „Zur Mutter Gottes“ (Judenpl. 4). Fürst Lichnowsky lädt Mozart ein, ihn nach Berlin zu begleiten; am 8. 4. reisen sie ab via Leipzig (über Horn, Zwettl, Gmünd, Budweis, Prag, Dresden), wo sie Bachs Wirkungsstätten besuchen. In Prag am 10. 4. Zusammentreffen mit der Bondinischen Theatertruppe (Domenico Guardasoni), der Opernauftrag für 400 Dukaten (€ 16550) in Aussicht stellt; Vertrag wird nie unterzeichnet. Am 12. 4. Privatkonzert in Prag („Hôtel de la Pologne“); am 14. 4. Konzert vor Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen mit 100 Dukaten (€ 6620) Gage, in einer meist nicht verbuchten sog. „schenen“ Goldtabatière.

In Erfurt stellt sich Mozart dem Orgel-Wettspiel und anschließendem Konzert beim russ. Botschafter. In Leipzig spielt er auf Bachs Orgel (Thomas-Kirche) im Beisein von dessen Nachfolger Kantor Friedrich Doles. Hoffend auf eine Audienz bei König Friedrich Wilhelm II. komponiert Mozart für den aufwartenden Kammermusikdirektor Duport die Klaviervariationen über ein Duport-Thema KV 573. Nach einer Messe + 2 Klavierkonzerten im Gewandhaus in Leipzig reisen sie erneut nach Berlin, wo die Audienz zustande kommt. Auftrag für 6 Klaviersonaten + 6 Streichquartette, wovon Mozart nur 3 fertigstellt; insgesamt für 100 Friedrichs d´Or (€ 11550). Ein öff. Konzert ist leider nicht möglich, aber der Verleger Carl Friedrich Rellstab kündigt am 9. 5. die Herausgabe aller Mozartwerke an; sie reisen nach Wien zurück, aber die Erwartungen sind keineswegs erfüllt.

Bei und nach dieser Reise werden Mozart einige Liaisons angedichtet, die in keiner Weise belegt sind. Eine weitere eigene Konzertreihe in Wien scheitert; das Wunderkind ist verblasst.

1790

Mitte Februar ist Constanze erneut schwanger aber ernsthaft erkrankt (Beingeschwüre). Hofarzt Dr. Closet empfiehlt sofortige Kuren in Baden bei Wien. Mehrere Aufträge gelangen an Mozart, die er alle annimmt; ein gewaltiges Arbeitspensum beginnt (3 Opern gleichzeitig!). Am 26. 1. Uraufführung von „Così fan tutte ossia La scuola degli amanti“; mit mäßigem Erfolg, denn inszenierte Liebe auf dem Prüfstand ist ein „gefährliches“ Thema. Eine Woche zuvor lässt Salieri das Klarinettenquintett KV 581 bei der „Tonkünstler-Sozietät“ aufführen. Leider sieht Kaiser Joseph II. die Oper nicht mehr; seine Nichte stirbt am 17. 2. und sein Gesundheitszustand ist besorgniserregend (Lungentuberkulose); er verstirbt zwei Tage später.

Somit gilt Hoftrauer und die Theater werden geschlossen. Mozarts Pläne fokussieren nun auf den Nachfolger: Leopold II., doch er kommt nicht einmal als Musiklehrer der 16 Kinder in Betracht! Leopold II. ist weder an Musik noch Theater interessiert; erste nach 6 Monaten besucht er die Oper. Constanzes Gesundheit steht nun im Vordergrund; bis Dez. entstehen nur 2 Streichquartette KV 589+590 + 1 Streichquartett KV 593 und die Bearbeitung eines Händel-Werkes. Dirigiert Mozart in Wien nicht, hält er sich ab Frühsommer bei seiner Frau in Baden auf oder veranstaltet zuhause Kammermusikabende. Am 9. 10. ist in Frankfurt a. M. die Kaiserkrönung und Mozart erhofft sich ein Engagement; für die Reisekosten versetzt er sein Silberzeug beim Pfandleiher. Die Reise findet zwar statt; er steht aber nicht in offiziellem Amt.

Briefe an Constanze erwähnen kaum die Kaiserkrönung; nur seine „Academie mit magerem Geld“ (15. 10.). Weiter geht die Reise nach Mainz (Konzert beim Kurfürsten), Mannheim („Figaros Hochzeit“), Schwetzingen, Augsburg und München (Konzert in der Residenz). Am 10. 11. sind Mozart und sein Schwager Franz de Paula Hofer zurück in Wien. Am 30. 9., während der Abwesenheit, übersiedelt Constanze in ihre letzte Wohnung im „Kleinen Keyserhaus“ Innere Stadt Nr. 970 1. OG (Rauhensteingasse 8; Rückseite Kaufhaus „Steffl“, zuvor Fassade „Mozarthof“, Nachfolgebau).

Bedeutende Werke entstehen: Klavierkonzert KV 595, Streichquartett KV 614, Freimaurerkantaten KV 619+623, „Die Zauberflöte“ KV 620, Klarinettenkonzert KV 622, Requiem (bleibt Fragment) KV 626. Mozart sieht vor, inskünftig von Verlagseinkünften, Lehrtätigkeit und als k. k. Kammerkompositeur zu leben; er strebt zudem die Domkapellmeisterstelle an, die ihm der Magistrat mit 2000 Gulden Jahressalär (€ 29420) nach Ableben des Amtsinhabers Hofmann zugesteht; doch es kommt anders! Ende Okt. unterbreitet Opernmanager Robert May O´Reilly ein lukratives Angebot bis Dez. nach London zu übersiedeln. Am 14. 12. Abschiedsessen bei Mozart für den 59-jährigen Joseph Haydn, der die 1. London-Reise unternimmt; Mozart umarmt ihn mit den Worten: „Ich fürchte, mein Vater, wir werden uns das letzte Lebewohl sagen.“ Dies wird wahr; aber nicht für Haydn!!

1791

Mozartdenkmal Wien
Mozartdenkmal Wien - Foto: P.Diem

Am 8. 3. trägt Mozart ins „Verzeichniß aller meiner Werke“ Kompositionsaufträge für Schikaneders Theater ein (Konzertarie „Per queste bella mano“ KV 612, Klaviersonaten des Lieds „Ein Weib ist das herrlichste Ding“ KV 613; für Faschingsbälle komponiert er eiligst 40 Tänze, die im Druck gleich erscheinen. Im Redouten-Saal tritt er meist als Harlekin od. orientalischer Philosoph auf; seine Rätsel /Sprichwörter sind in Zeitungen publiziert. Danach besucht er oft die Lokale „3 Hacken“ (Seilergasse), „Wilder Mann“, „Silberne Schlange“ (Kärntner Str.), „Schwarzer Adler“ od. „Matschacherhof“; 1 Mahl kostet 1 Gulden 10 Kreuzer (€ 18), serviert 12 h + 20 h, teils bis am Morgen.

In großen Konzertsälen zeigt Mozart erneut Präsenz mit Solokonzerten: Klavierkonzert KV 595 + Klarinettenkonzert KV 622; wie im bürgerl. Saal von Ignaz Jahn (Himmelpfortgasse 6; 1. OG; Kaffee „Frauenhuber“). Für die erblindete Glasharmonikaspielerin Kirchgessner schreibt Mozart ein Adagio + Rondo KV 617 + g-Moll-Symphonie KV 550 (neu mit 2 Klarinetten-Stimmen) für das Jahreskonzert der Tonkünstler-Sozietät. Erneut interessieren Sakralwerke und für Chorregent Anton Stoll aus Baden verfasst er das „Ave verum corpus“ KV 618 und nimmt den Auftrag für eine Totenmesse „Requiem“ KV 626 an.

Bei der in Baden kurenden Frau mietet er im Haus „Zum Blumenstock“ (Renngasse 29) die Garten-Wohnung im Seitentrakt; das weitere Jahr wird zum Produktivsten. In Wien ist Mozart mit Theaterintrigen konfrontiert, als ihn der Auftrag „La clemenza di Tito“ KV 621 der böhmischen Stände aus Prag erreicht. Die Verlagshäuser Wiens bieten eine Vielzahl von Klavierauszügen an, d. h. für Kopien erhält er ab 3 Gulden (€ 45) je Auszug; Reiseeinladungen mit grandiosen Angeboten aus Russland + England werden überbracht. Domorganist Hofmann erwägt nun sein Amt nieder zu legen; Bürgermeister Georg Hörl bestätigt Mozart die Amtsübernahme für 2000 Gulden (€ 29420) p. a. + Naturalien nach dessen Tod (17. 3. 1793).

Kaiser Leopold II. hebt fast alle josephinischen Neuerungen auf; führt die Adelsprivilegien wieder ein; entlässt die Funktionäre (auch Baron van Swieten). Die Intrigen häufen sich derart, dass Salieri sein Amt am Nationaltheater niederlegt. Mozarts Finanzlage ist rasch wieder im Lot; er gibt Sohn Karl Thomas in ein angesehenes Internat in Perchtoldsdorf zur Ausbildung; Jahreskosten 400 Gulden (€ 5880); mehr wie sein Vater in Salzburg je verdient hat. Gerne führt er Karl zur Musik heran und nimmt den 7-Jährigen mit in die Oper.

Noch im Frühjahr tritt Logenbruder + Theaterdirektor („Freyhaustheater a. d. Wieden“) Emanuel Schikaneder (1751-1812) an Mozart. Er gibt pompöseste Opern mit populären (Zauber-)Stoffen („Der Stein der Weisen“ u. a.), wofür Mozart ein Duett beisteuert KV 625. Schikaneder will ihn für eine Zauberoper gewinnen, doch dieser zögert, obwohl fasziniert. Er hat ein Libretto verfasst: „Die Zauberflöte“ nach den Quellen „Lulu oder Die Zauberflöte“ (A. J. Liebeskind) aus Märchensammlung „Dschinnistan“ (Ch. M. Wieland) nach „Sethos“ (Abbé J. Terrasson), Oper „Oberon od. König der Elfen“ (F. S. Seyler), Oper „Das Sonnenfest der Brahminen“ (K. F. Hensler + W. Müller), Drama „Thamos, König von Ägypten“ (T. Freiherr v. Gebler), wofür Mozart schon Chöre + Zwischenmusiken komponiert hat. Als Co-Librettist ist Karl Ludwig Giesecke (eig. Johann Georg Metzler) tätig.

Legende ist, dass Mozart „Die Zauberflöte“ nicht in jener Gartenlaube im „Freyhaus a. d. Wieden“ schreibt; sie entsteht an der Rauhensteingasse + in Baden. Er verbringt viele Abende in Wien auf Einladung, denn Mozart ist nicht gern allein, während Konstanze in Baden zur Kur weilt. Im Juni ist der 1. Aufzug der „Zauberflöte“ beendet; er nimmt für weitere Arbeiten den Schüler Franz Xaver Süßmayr mit nach Baden und der 2. Aufzug liegt Ende Juli vor. Ebenfalls Legende ist die Liaison zwischen Constanze + Süßmayer!

Am 6. 7. schreibt Mozart über die Ballonversuche von Blanchard im Prater; er arbeitet daraufhin eine Ballonszene in „Die Zauberflöte“ ein (3 Knaben). Die Logenbrüder Mozart + Schikaneder bringen mit der Oper Zeremonien der Freimaurer in die Öffentlichkeit (Zahl 3: 3 Tempel, 3 Tugenden, 3 Prüfungen, Personengruppierungen, 3 b S-Dur, 3 Akkorde, Dreiklang). Mozart engagiert Anna Gottlieb als „Pamina“ und empfiehlt ihr den Ehemann in spe + Musiker Baptist Henneberg, der bei Mozarts Abwesenheit die Proben mit 35 Musikern leitet. So wird „Die Zauberflöte“ beinahe zum Familienunternehmen: Schwägerinnen + Schwager singen in den Hauptrollen mit; Schikaneder gibt den „Papageno“.

Am 30. 9. findet, unter Leitung von Mozart am Hammerklavier, die Première statt. Anfangs gibt sich das Publikum verwundert distanziert, doch sogleich tobt ein berauschender Beifall; die Oper wird zum Kassenschlager! Mozart besucht mit Salieri + Sängerin Cavalieri eine weitere Aufführung; Salieri ruft „Bravo! … Bello!“, was Mozart in seinem letzten Brief an seine Gattin nach Baden (14. 10.) berichtet. Am 23. 11. geht bereits die 100. Vorstellung über die Bühne! Schikanders Inszenierungen sind gewaltig; so lässt er „Sarastro“ im goldenen Prunkwagen mit 6 lebendigen Löwen auf die Bühne ziehen.

Zur Krönung Kaiser Leopolds II. am 6. 9. reist Mozart mit „La clemenza di Tito“ KV 621 erneut nach Prag. Wegen Überarbeitung ist Mozarts Gesundheit besorgniserregend; er überlässt die Secco-Rezitative Schüler Süßmayr. Salieri führt zur Krönung Mozarts C-Dur „Krönungsmesse“ KV 317 + „Missa Solemnis“ KV 337, Motette „Splendente te, Deus“ KV Anh. 121, Chorarrangement aus „Thamos, König in Ägypten“ KV 345 auf.

Vor der Abreise erkundigt sich bei Mozart ein stattlicher Herr; er fragt nach der Fertigstellung seines Auftrags, dem „Requiem“!? Er hat bereits das halbe Honorar bezahlt: 50 Dukaten (€ 3310); auftrags des Anonymus. Der Herr (Dr. Johann Nepomuk Sortschan (Advokat) und Auftraggeber Franz Graf von Walsegg-Stuppach in Gloggnitz (spielt Flöte + Cembalo + erklärt Drittwerke zu Eigenen!). Der Advokat logiert im Zinshaus von Logenbruder Puchberg. Mozart kann das Werk nicht mehr vollenden; Constanze spricht am 21. 12. Mozart-Schüler Joseph Leopold Eybler an, der das Fragment, wie Freystädtler, zurückgibt. Doch stehen noch 50 Dukaten aus; Witwe Mozart bewegt Süßmayr zur Werkvollendung, der sowohl Stil als Handschrift des Meisters beherrscht. Mozart hat die Leitstimmen noch skizziert (99 Blätter); letze Noten im „Dies irae“ ev. „Hostias“. Der Graf schreibt das „Requiem“ (als Totenmesse für Gattin sel.) ab; in Wien hat die Erstaufführung bereits stattgefunden (Michaelerkirche).

Erst am 14. 12. 1793 lässt Graf Walsegg-Stuppach das Werk geben (Kirche Maria Schutz a/Semmering), doch reklamiert er bei Constanze über den Rechtsanwalt; sie hat Abschriften den Verlegern angeboten. Bald zieht sich der Graf aber wohlwissentlich zurück. Mozarts letzte Komposition („Kleine Freimaurerkantate“ KV 623+623a) dirigiert er am 18. 11. zur Tempeleröffnung der Loge; am 20. 11. wird er bettlägerig. Der Werkanhang KV 623a ist heute Melodie der Österr. Bundeshymne; komponiert von Logenbruder + Claviermeister Johann Baptist Hol(t)zer aus Korneuburg. Im Einvernehmen mit Mozart ist das logen-interne „Kettenlied“ für Männerchor + Orgel als Werkanhang zugefügt.

Mozart fühlt sich bei Südwinden wieder besser; bald schwellen aber Hände + Füße zur Unbeweglichkeit an. Die Ärzte Dr. Thomas Franz Closet (ehem. Leibarzt von Maria Theresia) + Dr. Mathias von Sallaba (Allg. Krankenhaus) verordnen Aderlässe, Brechmittel + kalte Umschläge an. Im letzten Augenblick sind der Arzt, Schwägerin Sophie Haibl + Constanze anwesend, in deren Arm er am 5. 12. 0.55 h verstirbt. In tiefster Bestürzung muss sie mit beiden Kindern zu den Logenbrüdern von Bauernfeld + Goldhahn weggebracht werden; ihr fehlt auch die Kraft, mit den Kindern (7- + ½-jährig) an der Einsegnungsfeier in St. Stephan am 6. 12. 15 h teilzunehmen (Kreuzkapelle).

Im Totenprotokoll: „Mozart, Wohledler Hr: Wolfgang Amadeus Mozart, k. k. Kapellmeister und Kammer Compositeur, verh. von Salzburg gebürtig, ist in kleinen Kaiserh: No. 970 in der Rauhensteingasse, an hitzigem Frieselfieber bht. (= beschaut) worden. alt 36 Jr.“ Die Forschung geht davon aus, dass Mozart, basierend auf Gelenkrheuma der Kindheit, das in Entzündungsfieber übergeht, einhergehend mit bakterieller Infektion (Streptokokken), an Nierenversagen stirbt. In diesen Tagen fordern analoge Symptome hunderte Opfer; die Katastrophe herbei führt in jener Zeit üblicher Aderlass (2-3 Liter/Woche).

Am Morgen des 5. 12. erfolgt die amtl. Totenbeschau + der Arzt Dr. Eduard Guldener von Lobes hält nichts Auffallendes fest; Leichenöffnung wird nicht angeordnet. Joseph Graf Deym von Stritetz nimmt die Totenmaske ab, die Constanze zerstört. Mozart wird im Logis im Gewand der Totenbruderschaft (Kapuzinermantel) aufgebahrt; Baron van Swieten kümmert sich im Trubel um Folgeereignisse. An der Abdankung + Einsegnung (Kruzifixkapelle) und um Abtransport des Fichtenholzsarges zum Friedhof St. Marx vor der Stadt. Keine Niederschläge bei +3,75° Celsius; entgegen mystifizierender Berichte! Wetteraufzeichnungen vom Torturm der Alten Universität (Bäckerstr./Postgasse; s. Gemälde von Belotto/Canaletto „Wiens Universitätsviertel“ Nro 257).

Das Begräbnis vollzieht sich lt. josephinischer Bestattungsordnung „k. k. Sanitätsgesetz von 1790 3. Klasse, wie 85 % der Wiener Bevölkerung zu 8 Gulden 56 Kreuzer (€ 126); der Begriff „Armenbegräbnis“ ist derzeit unbekannt (ggf. „Kleingeläuth“)! Nach Frist von 48 Std. wird Mozart in einem sogenannten „Schachtgrab“ beigesetzt: Grabsohle mit 4 Särgen horizontal + 4 Särge aufeinander + oben ev. Kindersärge. Der vielzitierte „Klappsarg“ (1785 aufgehoben!) oder das „Sackbegräbnis“ sind Mystifizierung; wie Hyrtls propagierter „Mozartschädel“!

Am Sterbetag führt der „SperrKommissär“ Dominic Crammer im Logis die Todesfallaufnahme im Hinblick auf Erbschaftssteuer durch: Die gesamte Wohnungseinrichtung mit Klavier ist weniger wert, wie das Billard allein; Gesamtvermögen 592 Gulden 9 Kreuzer (€ 8710). Durch Verkäufe an Verleger (u. a. Johann Anton André, Offenbach) ergeben sich für die Witwe bereits Februar 1792 7575 Gulden (€ 111.430); sie verstirbt 1842 in Salzburg; hinterlässt € 1,50 Mio.! Nach Mozarts Tod lässt sie die Söhne bei Antonio Salieri unterrichten; bald kursieren wildeste Phantasien, dass er Mozart vergiftet habe?! Im Gegenteil: Salieri hat seinen Beichtvater angewiesen zu verkünden, er habe nichts damit zu tun; was auch Mozarts Angehörige selbst beteuern!!

Statistik (Wien):

Belegte Konzerte: 1786 34; 1787 39; 1788 37; 1789 16; 1790 7; 1791 38; = gesamt 171

Belegte Einnahmen 1781-1791: 33585 Gulden (€ 494.700); nebst Naturalien aller Art, Reisevergütungen, Einladungen, „Tabatièren“, Angeboten aus London, Paris, Antwerpen, St. Petersburg; Verlagseinkünften, Abschriften … und … die „Spielcassa“?! Es darf damit angenommen werden, dass Mozart in Wien bis € 250.000 jährlich eingenommen hat.

Guido P. Saner, Februar 2011