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OSTASIATISCHES BEI KLIMT#

Während seines Aufenthalts am Attersee schreibt Gustav Klimt im August 1903 zwei Briefe an Mizzi Zimmermann: “...die ersten Tage meines Hierseins habe ich nicht gleich gearbeitet, ich habe wie ich mir vorgenommen einige Tage gelenzt, habe Bücher durchgeblättert, japanische Kunst ein wenig studiert…“ Im anderen Brief ist zu lesen: „(…) manchesmal unterbleibt dieses Vormittägliche malen, stattdessen studierte ich in meinen japanischen Büchern - im Freien“.

Aus den Büchern über japanische Kunst haben die in den japanischen Büchern abgebildeten Frauenmasken Eingang in Klimts Oevre gefunden, wie die Studien für das Bildnis von Friederike Maria Beer von 1916 und das Spätwerk „Die Braut“ zeigen. Sie beziehen sich auf Masken des traditionellen japanischen No-Theaters. Dass Klimt derartige Masken, die einen Charakter in stark konzentrierter Form zum Ausdruck bringen, besonders zu schätzen wusste, geht daraus hervor, dass er selbst eine solche besaß. Ein frühes Studienblatt existiert von 1895 zu einer Allegorie des Theaters, wo eindeutig das Attribut die Form der japanischen Maske aus Klimts Atelier hat. „Gustav Klimt lässt in vielen seiner Werke Sympathien gerade für die Kunst Japans spüren. Schon früh interessierte er sich für erotische Drucke (shunga) aus Japan, seine Akte und Skizzen befreien die europäische Aktdarstellung aus ihrer Verkrampfung. Klimt nannte auch eine Sammlung japanischer Farbholzschnitte sein eigen, bei vielen Auftraggebern hatte er Zugang zu umfangreicheren Beständen. Hier konnte er Flächenmuster studieren, die ihn vom historistischen Ballast befreiten. Farbe, Fläche und Ornament, diese drei Gestaltungsprinzipien beschäftigten Gustav Klimt über viele Jahre hinweg, ja sie machen seinen eigentlichen Stil aus.“ Das Abgehen von der malerischen Grafik hin zur Dekorativen - gleichbedeutend mit dem Ersetzen der europäischen Perspektive durch ein Schichten und Staffeln von Flächen - kann als der entscheidendste Moment im Einfluß japanischer auf die europäische Kunst bezeichnet werden. Japans Kunst ist eine graphische, eine lineare, flächige und ornamentale zugleich. Klimt nähert sich diesen Gestaltungsprinzipien in der Malerei zunächst im Porträt: Emilie Flöge, 1902 (Wien Museum). So wie im japanischen Farbholzschnitt sind alleine Hände und Gesicht nicht aufgelöst, das Kleid hingegen ist nur noch Ornament, der Raum und die Dinge darin werden in stumpfen Farbflächen wiedergegeben. Im ersten Porträt von Adele Bloch-Bauer 1907 (Österreichische Galerie) ist diese „Enträumlichung“ noch verstärkt durch die starke Ornamentik und den Goldhintergrund, der in sich eine Strukturierung trägt, wie man sie von japanischen Goldlacken kennt. Für bildliche Auffassungsmodi von japanischen Farbholzschnitten, kann dieses Porträt genannt werden. Für die ornamentale Kontinuität über die ganze Fläche hinweg ist im Stocletfries das prinzipielle Äquivalent zu finden.

EIN JAPANISCHER MALER BESUCHT KLIMT 1913 #


Der 30-jährige Kijiro OHTA berichtet uns über seine Eindrücke des Gemäldes Judith II (Salome),1909, welches er in Venedig sah „…Klimt verwendet hier viel Gold und Silber im Hintergrund. Die Bekleidung der Dame ist flächig dargestellt und erinnert an die Werke des japanischen Malers Ogata Korin. Gesicht und Hände sind sorgfältig ausgearbeitet. Die Komposition ist überlegt und obwohl so große Flächen des Bildes in Muster aufgelöst sind, ist das Bild harmonisch.“ Er erwähnt ein zweites Bild „…Das Bild , das ich in Rom sah, stellt eine junge Frau mit einem Kind auf dem Arm und eine alte Frau dar. Gesicht und Hände und die unbekleideten Beine sind exakt erkennbar, der Rest des Bildes ist wie im Dunst. Diesen Dunst stellt Klimt dar wie die Kimonomuster (Hitta no) Kanoko und Yuzen“ . „…Es besteht eine starke Beziehung zwischen Klimts Bildern und der japanischen Malerei. In Klimts Bildern finde ich sehr viel von der japanischen Eigenart in der Komposition, der Farbkombination und den Mustern. Diese Muster sind ausdrucksstark und ästhetisch“. Im Jahre 1913, besucht ihn OHTA im Atelier. Klimt, der mit einem „Schlafgewandähnlichen indigoblauen Gewand“ bekleidet ist, zeigt ihm im Laufe seines Besuchs einige Bilder an denen er arbeitet und er berichtet uns, „…dass er nur ganz wenig Gold und Silber verwendet und anders malt, als man annehmen würde. (…) Bevor ich Klimts unfertige Bilder sah, hatte ich angenommen, dass er seine Malerei mit vorsichtigen Pinselstrichen ausführt, nun sah ich jedoch, dass seine Pinselführung lebhaft und völlig frei ist. (…) Im Nebenzimmer des Ateliers befanden sich in einem Schrank mit Glastür viele alte chinesische und japanische Gewänder. (…) Ich vermute, dass Klimt die eigenartigen Muster in seinen Bildern diesen Gewandmustern entnommen hat. Er nahm einige Gewänder heraus und sagte: ‚Das ist eine gute Zusammenstellung’ “. Beim Abschied „haben seine großen warmen Hände mir fest die meinen gedrückt und er sagte - also dann – sayonara’ “.

DER ZEIT IHRE KUNST DER KUNST IHRE FREIHEIT #


Welch große Wertschätzung man der Kunst Japans entgegenbrachte, beweist der Umstand, dass im Jahre 1900 eine japanische Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs im Ausstellungsgebäude der Wiener Secession veranstaltet wurde. (VI. Ausstellung). Keine andere Kunstrichtung – europäisch oder nicht, hätte je Einlaß gefunden, nur die Zeitgenössische – dem Motto entsprechend - und eben dieses eine Mal – die japanische. Das Wegrücken von der „europäischen Mitte“, die dezentrale Kompositionsweise wurde in einer Umdeutung zum Bruch mit der symmetrischen Formensprache des Historismus und somit zum Ausdruck eines neuen geistigen Klimas in Wien.


Sechs Frauenmasken
Sechs Frauenmasken für No-Spiele, aus: O. Münsterberg, Japanische Kunstgeschichte, 3 Bde., Braunschweig 1904, Taf. XIV
Friederike Maria Beer
Gustav Klimt, Studie zu „Friederike Maria Beer“, Kat. Nr. 2559, 1916, Bleistift, 57 x 37 cm, Privatbesitz

No Maske
No-Maske, Holz, Japan 18./19.Jh., aus dem Besitz von Gustav Klimt, Privatbesitz
Friederike Maria Beer
Gustav Klimt, Friederike Maria Beer, 1915, Öl auf Leinwand, 168 x 130 cm

Adele Bloch Bauer I
Gustav Klimt, Adele Bloch Bauer I, 1907, Öl auf Leinwand, 138 x 138 cm, Österreichisch Galerie Belvedere, Wien
Allegorie des Theaters
Gustav Klimt, Studie zu „Allegorie des Theaters“, 1895, Wien Museum

Ausstellung der Secession
Plakat zur VI. Ausstellung der Secession (Japanausstellung) 1900, Wien, Privatbesitz
Bijutsu Shinpo
Deckblatt: Kijiro OHTA, Ein Besuch bei Gustav Klimt, in: Kunstfachzeitschrift „Bijutsu Shinpo“, 1914, Tokio
Kijiro OHTA
Schriftzug „Kijiro OHTA“: Kijiro OHTA, Ein Besuch bei Gustav Klimt, in: Kunstfachzeitschrift „Bijutsu Shinpo“, 1914, Tokio


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