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Kopfleiste Musik Kolleg

Aufführungsdauer: 11 Minuten 8 Sekunden

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Johann Strauß fügt bei seinen symphonischen Walzern mehrere Walzer zusammen, die in Walzerketten gegliedert werden.

Der formale Aufbau kann an einem Schaubild leicht abgelesen werden. 

Strauß beginnt die Introduktion mit einer Dudelsackmelodie im Walzertakt. Unüberhörbar die charakteristische leere Quint im Baß. Sie bereitet noch keinen eleganten Wiener Walzer vor, sondern einen Ländlichen, einen "G´strampften".

Dieser Takt der Soloflöte, von Strauß als Cadenza bezeichnet, erinnert an Vogelgesang. Ein sicherer Hinweis auf den nahe gelegenen Wienerwald!

Die Zither wird hier als Soloinstrument in der Einleitung dieses Walzers gebraucht. Die Melodie ist ein Landler, der an die traditionelle Volksmusik anklingt, dem Ausgangspunkt für die Tanzmusik von Lanner und Strauß (Vater und Sohn). In der im zweistimmigen Satz ausgeführten Liedweise spiegelt sich die alpenländische Melodik wieder. Diese Thema erscheint andeutungsweise bereits im Concorda-Walzer "Die Publicisten" op. 321. Dieser Walzer erklingt heute kaum noch.

Der Impuls dieses ersten Walzerthemas resultiert daraus, dass die Anfangssext des Themas stets von der eine kleine Sekund tiefer liegenden Note angespielt wird. Mit seinen parallelen Sexten erinnert dieser Walzer immer noch an die Volksmusik, hier in großer Vollendung freilich auf die Ebene der Kunstmusik erhoben. Der erste Walzer hat die ungewöhnliche Länge von 44 Takten.

Der zweite Walzer ist der in der Einleitung von der Zither gespielte Walzer im vollen Orchesterklang. Der Landler wurde zum eleganten Walzer.

Der Landler war für Strauß ein wichtiges musikalisches Stilmittel, um eine besondere melodische Charakteristik zu gewinnen. Es ist dies aber keine Nachahmung von achttaktigen Ländlerweisen, sondern eine stilisierte Form, die das Ländlerische andeutet und selbst in sechszehntaktigen Phrasen verläuft. Die Konzertwalzer von Johann Strauß wurden oft als Walzersymphonien bezeichnet. Das Grundprinzip einer Symphonie ist das musikalische Spiel, das aus dem Zerlegen von verschiedenartigen Themen resultiert. Johann Strauß hat Melodien erfunden und nicht abgewandelt. So bezeichnete er selbst die Hauptteile seiner Walzerkompositionen als Walzer 1, Walzer 2, oft bis Walzer 5. Jeder Teil besteht aus zwei Walzerthemen. Das bedeutet, dass eine Walzerkomposition aus zehn Walzermelodien besteht.

Das dritte Walzerthema steht in der Tonart Es-Dur. Dem Thema ist nachempfindbar, dass Strauß als Stehgeiger sein Orchester leitete.

Wie dirigierte Strauß?

Nach heutigem Sprachgebrauch müßte man Strauß als einen Showdirigenten bezeichnen, der auf dem Podium tänzelte, bei dem jede Geste, jede Körperbewegung aus der gestalteten und erklingenden Musik kam. Ein vergleichbarer Interpret des 20.Jahrhunderts wäre Willi Boskovsky, der als Stehgeiger durch 25 Jahre hindurch die Neujahrskonzerte der Wiener Philharmoniker mit weltweiter Fernsehpräsenz leitete.

Der vierte Walzer steht in B-Dur und beginnt auch mit einem B-Dur Dreiklang.

Die Melodie hat als Grundlage — wie alle Strauß-Walzer — das monotone Hm-ta-ta des Walzerrhythmus. Dem Hm der Bässe auf dem Taktschwerpunkt Eins folgt auf  zwei, drei das Ta-ta der zweiten Geigen. Viele mit großen Intervallsprüngen komponierten Melodien bauen auf dem stereotypen Hm-ta-ta auf. Dies macht den Walzer oft so geheimnisvoll, aber auch so typisch österreichisch, ist doch das 19. Jahrhundert das Jahrhundert des Walzers, wo die Spannweite kulturgeschichtlich von Johann Nestroy bis Artur Schnitzler, von Ferdinand Raimund bis Hugo von Hofmannsthal, und von Josef Lanner bis Arnold Schönberg reicht. Die Donaumonarchie, das Kaiserreich Österreich, ist in einem Rausch von Schönheit seinem Untergang zugetanzt.

2 Achtelnoten und die darauffolgende Viertelnote stellen den Impuls zum 5. Walzer der Walzerfolge "Geschichten aus dem Wienerwald" dar.

Die Walzer, insbesonders die großen Konzertwalzer, dürfen nicht exakt im Rhythmus durchgeführt werden. Strauß-Walzer sind Rubato-Walzer, d.h. die Melodien verlangen eine dauernde leichte Temporückung von Takt zu Takt. Das 2. Viertel folgte auf das erste rascher als es rhythmisch korrekt sein sollte. So ist die Interpretation im fünften Walzer in Es-Dur zu denken. So wird es auch verständlich, dass kleine, unbekannte, ja unbedeutende Walzer sich zum Tanzen weit besser eignen, als die großen Konzertwalzer, die hauptsächlich zum Zuhören komponiert worden sind.

In der Coda wird der Hauptwalzer "Geschichten aus dem Wienerwald" und ein Walzer aus der zweite Walzerkette wiederholt. Am Ende des Walzers erklingt noch einmal im Ländlertempo der zweite Walzer in der Solozither.

Beim Hören dieser Stelle am Ende von „Geschichten aus dem Wienerwald“ spürt man und weiß, dass dieser Walzer aus dem Geist der Tanzmusik erdacht wurde, nicht aber Tanzmusik ist. Diese Musik beansprucht, genau gehört zu werden, in dem sie durch die lange und langsame Einleitung schon die Erwartung auf den Tanz zu einem Gleichnis von diesem steigert. Das physische Tanzen wird zum physischen Erleben.Dem Walzer ist das Eigenleben zu belassen, und das erschließt sich, wenn das gleichförmige Dreivierteltakttempo preisgegeben wird zugunsten vieler kleiner, fast unmerklicher Geschwindigkeitsrückungen.

Strauß knüpft am Ende dieses Konzertwalzers an die Einleitung an, indem er die Solozither nochmals erklingen lässt.

Im Walzertempo schließt furios der Walzer "Geschichten aus dem Wienerwald".


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