Andau#
Andau liegt im burgenländischen Seewinkel. Die "Brücke von Andau" über den "Einser-Kanal", nächst der ungarischen Grenze, wurde im Spätherbst 1956 zu einer der "wichtigsten Brücken der Welt" (James A. Michener). Am 23. Oktober begann mit zwei spontanen Studentendemonstrationen in Budapest eine "unerwartete Revolution" der Ungarn gegen den Sowjetkommunismus. Bald schlossen sich Arbeiter und andere Sympathisanten an. Die Demonstranten stürzten das Stalindenkmal, die Lage geriet für die politischen Funktionäre außer Kontrolle. Das sowjetische Parteipräsidium (Nikita S. Chruschtschow) befahl den Einsatz der in Ungarn stationierten Streitkräfte, wobei Demonstranten getötet wurden. Nachdem Ungarn am 1. November aus dem Warschauer Pakt ausgetreten war, begann am 4. November ein Generalangriff auf Budapest, der jeden Widerstand zermalmte.
Im Nachbarland Österreich appellierte die Regierung (Bundeskanzler Julius Raab) an die sowjetische Führung, sich um eine Normalisierung der Verhältnisse in Ungarn durch "die Wiederherstellung der Freiheit im Sinne der Menschenrechte" zu bemühen. Die 375 km lange Grenze blieb offen, die ungarischen Staatsbürger konnten sie ohne Formalitäten passieren. Bis 5. Dezember wurden 111.000 Flüchtlinge aufgenommen. Die Zivilbevölkerung zeigte - nur ein Jahr nach dem Staatsvertrag - spontane Solidarität.
Eine besondere Rolle beim Übergang spielte die Brücke von Andau, eine schmale Holzbrücke über den "Einser-Kanal" beim Neusiedler See. Am 6. November 1956 überschritten sie die ersten von 70.000 Flüchtlingen. Auch nach der Sprengung der Brücke versuchten viele, über deren Trümmer in Freiheit zu gelangen. 40 Jahre nach diesen Ereignissen bauten österreichische und ungarische Soldaten die Brücke von Andau gemeinsam auf. Entlang der "Fluchtstraße" wurden 90 Skulpturen und Installationen internationaler Künstler als Friedens-Zeichen und Erinnerungsmal an die Opfer aufgestellt. Der amerikanische Autor James A. Michener würdigte die österreichische Hilfsbereitschaft in seinem Roman "Die Brücke von Andau" (1957), der auch verfilmt wurde.
Literatur: Johannes Sachslehner: Schicksalsorte Österreichs. Verlag Styria. Wien Graz Klagenfurt 2009