BLEISTIFT-HERSTELLUNG#
1907: Noch immer wird unser Schreibgerät als Bleistift bezeichnet, obwohl dieser mit Blei allerdings nichts mehr zu tun hat, denn stattdessen trat Graphit in Aktion. Die Maler früherer Jahrhunderte benützten noch Blei.
Wie froh waren die Schreibenden als um 1660 aus England die Kunde eintraf, dass man mit dem „Wasserblei“, „Reißblei“ oder „Schreibblei“, wunderbare, zarte wie auch feste Striche rasch erreichen konnte.
Im Jahr 1664 wurde in Borrowdale in der englischen Grafschaft Cumberland ein unbekanntes Mineral von erlesener Güte entdeckt, dass sich zum Schreiben besonders hervorragend eignete. Der Mineraloge Abraham Werner bezeichnete den Fund als Graphit.

Der zierliche Bleistift ist geschichtlich seit Jahrhunderten bekannt. Das Blei wurde im Mittelalter so verwendet wie es war, nur handlicher zurecht gemacht. Erst im 14. Jahrhundert ähnelten sie Bleistiften mit denen man Worte oder Buchstaben auf Kreide artigen oder gestaubten Flächen mehr eingeritzt als geschrieben oder gezeichnet wurden. Die Italiener benutzten einen Stift den sie „stilo“ nannten.
Die Italiener erfanden im 15. Jahrhundert eine Mischung aus Blei und Zinn, den heutigen Bleistiften bereits sehr ähnlich, denn man konnte damit schreiben und auch zeichnen. Striche jedoch blieben blass und verwischten rasch, so zog man Kreide oder Rotstift noch vor. Graphit verdrängte allmählich Blei und wurde alsbald Alleinherrscher.
England besaß für lange Zeit das Monopol für Graphit der sehr teuer war. Ein Zentner davon kostete bis zu 4000 Kronen, daher waren auch die Bleistifte sehr kostspielig, aber ausgezeichnet, auch der Strich. Kein Wunder dass „Cumberland-Bleistifte“ bald Weltruf erlangten.
Damals war der Bleistift bereits in Holz gefasst, doch es gab nur eine Härte, ein Nachteil.
Bald nach dem dreißigjährigen Krieg bemühte sich Deutschland ebenfalls einen Bleistift herzustellen, Vorbild war natürlich England.
Nach einiger Zeit entstand den englischen Bleistiftfabrikanten in Deutschland eine große Konkurrenz. In dem Dorf Stein bei Nürnberg wurde nachgewiesen, dass es 1726 die ersten Bleistifterzeuger gab.
Die junge, aufblühende Industrie wurde von der bayerischen Regierung unterstützt. Das erste Privileg, Gewerbefreiheit zur „Herstellung von Reißbleistiften“ wurde dem Grafen Cronsfeld von den Bayern 1766 übertragen.
Davon waren die Engländer absolut nicht begeistert. Deutsche Konkurrenz war ihnen mehr als verhasst. Auf Befehl des Königs von England und durch Parlamentsbeschluss wurde die Ausfuhr von Graphit bei Todesstrafe verboten. Die Deutschen bemühten sich den Graphit mit dem hier vorhandenen minderwertigen Mitteln zu verarbeiten. Vergeblich, das englische Material konnte schwer übertroffen werden. Man versuchte aus dem minderwertigen Material das zur Verfügung stand etwas brauchbares zusammenzusetzen. Es wurden verschiedene Versuche unternommen. Doch die Masse blieb hart und spröde. Die bayerische Industrie schien einzugehen.
Ein Zufall, zwei Männer, ein Franzose Conté in Paris und der Österreicher Hardtmuth in Wien, machten fast gleichzeitig eine äußerst wichtige Erfindung, indem sie die jetzt noch übliche Mischung des geschlemmten Graphits mit ganz feinem Ton herstellten.
Der Franzose war mit seinem Produkt auf der Pariser Industrie-Ausstellung 1798 zu sehen.
Die technische Herstellung der Graphitstifte zerfällt in zwei Prozesse. Einmal muss die Schreibmasse hergestellt werden, dazu kommen noch die bekannten Hülsen aus Holz.
Die beste Schreibmasse liefert immer noch der böhmische Graphit, aber bald auch Norwegen, Spanien, Nordamerika, Insel Ceylon mit verschiedenen Mineralien.
Aber wäre es nicht von Interesse wie so ein kleines Ding hergestellt wird? Man kann sich kaum vorstellen, wie umständlich die Herstellung dieses Schreibgerätes ist.
Die Herstellung dieser Holzstäbe ist auch äußerst interessant, dabei praktisch erdacht. Es sind Maschinen die diese Arbeit verrichten, denn nur sie können so genau arbeiten.
Zur Fassung der Graphitstäbchen wird das wohlriechende Holz der sogenannten virginischen Zeder, einem unserem Wacholder verwandten Baumes gewählt. Für die billigeren Sorten der Bleistifte, für die Schulstifte, kommt auch Zucker- und Zigarrenkistenholz, ebenfalls wohlriechend, zur Verwendung. Ganz billige Stifte werden in Ahorn-, Pappel-, Weißbuchenholz gefasst.
Die Holzblöcke werden zuerst in Tausende von dünnen Brettchen gesägt, von Hobelmaschinen werden sie geglättet, kleine Kreissägen sorgen damit, dass kleine Stäbchen entstehen, die an einer Seite mit der sogenannten „Nute“ versehen werden. Das Graphitstäbchen wird eingelegt und mit einem Holzstückchen verleimt.
Da die Maschinen immer besser konstruiert werden, erlangt man dadurch immer gleichmäßige Bleistifte. Die Stifte werden zum Abschluss nach geglättet, poliert oder mit Schellacklösung oder Lackfarben versehen und in der Spärchelmaschine glatt und sauber abgeschnitten. Die Fabrikationsstempel, Namen, Nummern werden durch mechanisch betriebene Pressen in Gold, Silber oder Aluminium aufgedruckt. Das Zusammenfügen der Bleistifte, das Zählen und Verpacken besorgen meist Mädchen. Zum Zählen hat man eigenartig konstruierte Zählbretter, die in wenigen Minuten ein Gros fehlerlos zusammentragen.
Da die Ware sehr billig wurde, ist Schnelligkeit in der Fabrikation mehr als wichtig.
Hardtmuth stellt wöchentlich 7000 Gros, das sind 1,008.000 Blei- und Farbstifte her.
Die roten , blauen, grünen Farb- und Pastellstifte werden nämlich in derselben Weise fabriziert wie die normalen Bleistifte. Statt des Graphits werden andere Materialien verwendet. Dazu benötigt man Blutsteinpulver, eisenhaltigen Ocker, Zinnober, Ruß, Berliner Blau, Ultramarin, Grünerde. Statt des Tones verwendet man bei den Buntstiften als Bindemittel Leim, Gummiarabicum, Hausenblase. Buntstifte mit dersellben Zartheit des Striches ist leider noch nicht gelungen. Neu hinzugekommen sind die sogenannten Tinten- oder Kopierstifte die mit Anilinfarben hergestellt werden.
1907: Wir können auf unsere Bleistiftindustrie stolz sein, haben wir doch auf diesem Gebiet die ausländische Konkurrenz geschlagen und liefern wir allem schreibenden Menschen eines der wichtigsten Geräte.
1934: Ein Triumph des Koh-i-noors der weltberühmten österreichischen Bleistiftfabrik L. u. C. Hardtmuth, Erzeugungsstätten in Krems an der Donau und Müllendorf, Burgenland der wegen seiner nie versagender Verlässlichkeit von allen Landesmeister- und -meisterinnen zur Aufnahme des Stenogramms mit Begeisterung verwendet wurde. Eine Rundfrage bei den Teilnehmern des Endwettbewerbes der Landesmeisterinnen ergab, dass die Vorliebe Hardtmuth-Stifte, Erzeugnisse der Koh-i-noor-Bleistiftfabrik L. u. C. Hardtmuth verwendet wurden. QUELLEN: Grazer Volksblatt, 26. Juli 1907, Czernowitzer Zeitung, 8. September 1907, Reichspost, 21. März 1934, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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