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Rosenmayr, Leopold#


* 3. 2. 1925, Wien
† 16. 3. 2016, Wien


Soziologe, Altersforscher

Leopold Rosenmayr
Leopold Rosenmayr
© Privat

Leopold Rosenmayer wurde am 3. Februar 1925 in Wien geboren.

1943 wurde er als 18-Jähriger zum Kriegsdienst eingezogen, wurde als Dolmetscher der Wehrmacht in Wien und Griechenland eingesetzt und verbrachte ein Jahr in Kriegsgefangenschaft im ehemaligen Jugoslawien.

Geprägt von seinen Erlebnissen begann er 1946 ein Studium der Philosophie und Soziologie an der Universität Wien, das er 1949 mit der Promotion abschloss.

Von 1949 bis 1953 absolvierte er sozusagen seine "Lehr- und Wanderjahre": er studierte in Frankreich und den USA (zunächst 2 Jahre mit einem Stipendium der französischen Regierung in Paris Soziologie und Philosophie, danach mit einem Rockefeller Stipendium an der Harvard Universität in den USA); anschließend war er als Gastprofessor für Soziologie an der Fordham University in New York tätig.

1954 kehrte Leopold Rosenmayr schließlich nach Wien zurück, wo er als wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität Wien tätig war und sich 1955 habilitierte.

Sein wissenschaftliches Hauptaugenmerk lag - wie bereits zuvor im Ausland - mehr auf Seiten der Soziologe: er wollte "Brücken zur Gesellschaft" schlagen und durch praxisorientierte Sozialstudien zum geistigen Wiederaufbau des Landes beitragen.
Von seinen Auslandsaufenthalten hatte er dazu die Methoden moderner Sozialforschung mitgebracht. So arbeitete er erstmals in Österreich mit sozialwissenschaftlichen Mikrozensen (statistischen Erhebungen der Bevölkerung) und konzipierte empirisch-soziale Feldinterviews in Kooperation mit Psychologie und Tiefenpsychologie.

1954 gründete er die "Sozialwissenschaftlichen Forschungsstelle" an der Universität Wien und war damit entscheidend an der Wiederbelebung der empirischen Sozialforschung in Österreich beteiligt.
1955 wurde er zunächst außerordentlicher, 1961 schließlich ordentlicher Professor für Soziologie und Sozialphilosophie an der Universität Wien, wo er bis zu seiner Emeritierung 1995 tätig war (und auch später noch Lehrveranstaltungen abhielt).

Mit seinen soziologischen Untersuchungen (über Wohnen und Nachbarschaft, Familie und Jugend, Alter und intergenerativen Austausch), als Mitglied der österreichischen Statistischen Zentralkommission, als Berater und Autor mehrerer Regierungsberichte (wie Familien- oder Frauenberichte) wirkte er grundlegend an gesellschaftspolitischen Entscheidungen mit.


Rosenmayrs Forschungsinteresse erstreckte sich aber auch ins Ausland - er unternahm Reisen nach Südostasien, Japan, Lateinamerika und Ostafrika. Dort beschäftigte er sich ebenfalls mit seinen Schwerpunktthemen - Jugendforschung, Alterssoziologie und Generationenkonflikte sowie dem Kulturwandel in diesen Gesellschaften. Sein Interesse galt vor allem dem westafrikanischen Staat Mali.

In der breiten Öffentlichkeit wurde er vor allem durch seiner Arbeit in der Alternsforschung bekannt. Als die sozialwissenschaftliche Alternsforschung mit dem Ludwig Boltzmann-Institut für Sozialgerontologie und Lebenslaufforschung erstmals eine eigene Institution in Wien erhielt, wurde er 1980 deren Leiter.

1983 veröffentlichte er sein Buch über die bis dahin unerforschten Kräfte des Alters ("Die späte Freiheit"), es folgten u.a. "Die Kräfte des Alters" (1990) und "Altern im Lebenslauf" (1996). Seit 2000 beschäftigt er sich mit Untersuchungen über Sinnbildung und Selbstbezug im Zusammenhang mit individueller und gesellschaftlicher Aktivierung im Alter.

Der leidenschaftliche Bergsteiger unternahm Hochtouren auf den Kilimandscharo, den Fuji und den Grossglockner, aber auch in die Schweiz.

Emer. o.Univ.-Prof. Dr. Leopold Rosenmayr war verheiratet, ist Vater von vier Kindern und lebt in Wien.

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, 1979
  • Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien, 1985
  • Kardinal Innitzer Preis für Soziologie, 2002
  • Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, seit 1990
  • Mitglied des Österreichischen PEN-Clubs, seit 1995
  • Preis für humanistische Gerontologie der Stadt Wien, 2001
  • Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 2004

Werke (Auswahl)#

  • zahllose Beiträge in Zeitschriften und Sammelbänden, Forschungsberichte

  • Wohnen in Wien, 1956
  • Familienbeziehungen und Freizeitgewohnheiten jugendlicher Arbeiter, 1963
  • Aufstand der Jugend, 1971
  • Der alte Mensch in der Gesellschaft, 1978
  • Die menschlichen Lebensalter. Kontinuität und Krisen, 1978
  • Die späte Freiheit. Das Alter - ein Stück bewußt gelebten Lebens, 1983
  • Älterwerden als Erlebnis, 1988
  • Die Kräfte des Alters, 1990
  • Die Schnüre vom Himmel, 1992
  • Der Lebenskampf, 1995
  • Altern im Lebenslauf, 1996
  • Baobab. Geschichten aus Westafrika (Le Baobab. Histoires vécues d’Afrique), 1997
  • Hoffnung Alter (Hrsg.), 2003
  • Soziologie in interdisziplinären Netzwerken (Hrsg.), 2005
  • Schöpferisch Altern. Eine Philosophie des Lebens, 2007
  • Überwältigung 1938. Frühes Erlebnis - späte Deutung 2008
  • Rettung in schlimmen Zeiten, 2010
  • Im Alter - noch einmal Leben, 2011
  • Im Krieg auf dem Balkan: Erinnerungen eines Soldaten an den Zweiten Weltkrieg, 2012


Ein Artikel aus der
Online-Zeitung der Universität Wien, Redaktion am 4. Februar 2005#


Soziologe Leopold Rosenmayr wurde 80

Der Familien-, Jugend- und Altersforscher Leopold Rosenmayr beging gestern, am 3. Februar, seinen 80. Geburtstag. Der "Altersforscher der Nation" und studierte Philosoph bemühte sich in den 1950er Jahren um die Wiederbelebung der empirischen Sozialforschung. Leopold Rosenmayr ist trotz seiner 80 Jahre unermüdlich. Nach wie vor hält der seit 1995 emeritierte Professor Vorlesungen am Institut für Soziologie, zuletzt zu "Sozialgerontologie, Lebenslauf und Generationen".

Lebenslauf

Leopold Rosenmayr wurde am 3. Februar 1925 in Wien geboren. Nach Kriegsteilnahme und Gefangenschaft entschiede er sich für das Philosophie-Studium. Nach seiner Promotion im Jahr 1949 absolvierte er bis 1953 seine, wie er es selbst bezeichnet, "Lehr- und Wanderjahre" in Frankreich und den USA. Sein Schwenk von der Philosophie zur Soziologie resultierte aus dem Wunsch, "Brücken zur Gesellschaft" schlagen zu wollen. 1954 gründete er eine "Sozialwissenschaftlichen Forschungsstelle" an der Universität Wien und trug damit entscheidend zur Wiederbelebung der empirischen Sozialforschung in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg bei. Sein Bestreben war es, die seit Beginn der 1930er Jahre zurückgebliebene Forschung in diesem Bereich weiterzuentwickeln. So arbeitete er erstmals in Österreich mit sozialwissenschaftlichen Mikrozensen, statistischen Erhebungen der Bevölkerung, und konzipierte empirisch-soziale Feldinterviews in Kooperation mit Psychologie und Tiefenpsychologie.

Praxisbezug wichtig

Nach seiner Habilitation 1955 wurde Leopold Rosenmayr 1961 Professor für Soziologie und Sozialphilosophie an der Universität Wien. Als Mitglied der österreichischen Statistischen Zentralkommission und als Berater bzw. Autor für mehrere Regierungsberichte, etwa den Familienbericht 1969 oder den Frauenbericht 1975, hat der Wissenschafter grundlegend an gesellschaftspolitischen Entscheidungen mitgewirkt. Für diesen Praxisbezug, der sich wie ein roter Faden durch sein wissenschaftliches Werk zieht, wurde Rosenmayr 1994 von der deutschen Schader-Stiftung ausgezeichnet. Der Soziologe wurde vor allem für seine über Jahrzehnte erfolgreiche Vermittlungsarbeit zwischen seinem Fach und der Praxis gewürdigt. Zuletzt wurde der Soziologe, der eine Reihe von Auszeichnungen erhielt, 2002 mit dem Kardinal-Innitzer-Preis für Soziologie ausgezeichnet. Seine empirischen Arbeiten zur Stadt-, Gemeinde-, Familien-, Jugend- und Alterssoziologie brachten Rosenmayr auch internationale Reputation. So untersuchte Rosenmayr den politischen Wertewandel in hoch entwickelten Gesellschaften, studierte Familienbeziehungen und Freizeitgewohnheiten jugendlicher ArbeiterInnen und schrieb über die Kräfte des Alters. Der Vater von vier Kindern leitet das Ludwig-Boltzmann-Institut für Sozialgerontologie und Lebenslaufforschung in Wien und ist seit 1990 Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Forschungen in Mali

Rosenmayr bereist und beforscht seit Jahrzehnten Afrika, speziell den westafrikanischen Staat Mali. So leitete der Soziologe auch immer wieder Forschungsprojekte in ländlicher und städtischer Umwelt. Im Mittelpunkt der Studien stehen die Konflikte zwischen den Altersgruppen und die Barrieren und Chancen der Jugend im Entwicklungsprozess. (APA/red)

Online-Zeitung der Universität Wien

Weiterführendes#

Quellen#

Redaktion: P. Diem, I. Schinnerl


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