„Das Leben war sehr gut zu mir“#
STEIRER DES TAGES. Vom Werkzeugmacher zum Chef eines Weltkonzerns, vom Parteigründer zum Rinderzüchter: auf den Spuren der einzigartigen Lebensgeschichte von Frank Stronach, der am Mittwoch 85 Jahre alt wird. #
Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Kleinen Zeitung (Sonntag, 3. September 2017)
Von
Klaus Höfler
An Sendungsbewusstsein herrscht kein Mangel, als sich Frank Stronach vor fünf Jahren in Richtung bundespolitische Arena aufmacht. „Gott hat mir eine besondere Gunst erwiesen. Er schickt mich wieder zurück in meine Heimat“, sinniert er bei der Präsentation seines „Teams Stronach“ im September 2012. Für Selbstzweifel ist in der imperialen Kulisse des Schlosses Schönbrunn kein Platz: „Der heutige Tag wird in die Geschichte der Welt eingehen.“
Die historische Dimension der göttlichen Gnade stößt recht hurtig an irdische Grenzen. Stronachs Gastspiel in der politischen Arena wird zu einem Lehrbeispiel eines Bauchflecks. Zwar schafft er es, die veränderungswillige Thermik im verärgerten Volk für einen anfänglichen Steigflug zu nutzen. Das volksnahe Poltern gegen das verkrustete System wird mit zunehmender (TV-) Präsenz aber zu einem populistischen Possenspiel, dessen Fallhöhe der beratungsresistente Parteigründer im besten Pensionsalter voll ausnützt. Die Entfremdung durch sechs Jahrzehnte in einem anderen Sprach- und Kulturkreis ist zu groß. Das politische Engagement scheitert.
„Rückblickend würde ich alles ein bisschen anders machen wollen“, sagt Stronach vor drei Monaten in einem Gespräch mit dieser Zeitung. Zarte Selbstkritik eines zielstrebigen Sturkopfs, dessen am kommenden Mittwoch 85-jährige Lebensgeschichte einen atemberaubenden Bogen spannt.
Aus einer Barackensiedlung im oststeirischen Kleinsemmering stammend („Es gab drei Mal am Tag Sterz“), wandert er als 21- Jähriger nach Kanada aus, legt dort in einer Garage den Grundstein für den Autozulieferer Magna und schafft es durch steten Hunger nach Erfolg und Anerkennung, Härte zu sich selbst und seinem Umfeld, unbeirrbaren Fleiß und unternehmerische Finesse zum millionenschweren Chef eines Weltkonzerns aufzusteigen. „Das Leben war sehr gut zu mir“, wird Stronach bei Repliken auf diese Zeit nicht müde zu erwähnen.
Als er sich 2012 mit kolportierten 900 Millionen Euro im Rucksack aus allen Funktionen seines Unternehmens zurückzieht, hat er aber auch andernorts schon Spuren hinterlassen. Nicht alle führen zu nachhaltigen Erfolgen.
Wie später in Österreich schafft es Stronach schon ein Vierteljahrhundert davor nicht, in der Politlandschaft seiner kanadischen Wahlheimat Fuß zu fassen. Zu einem Flop wird ein eigens kreierter und mit dem holprigen Slogan „Keeps you yodeling all night long“ vermarkteter Energydrink. In größerem Maßstab scheitern angekündigte Übernahmen von Chrysler, Opel, der Voestalpine und den ÖBB. Und als es bei einem abendlichen Landeanflug auf Wien durch einen Blick auf das wegen eines gerade laufenden Länderspiels flutlichtbeleuchtete Ernst-Happel-Stadion zu einer Spontanentfachung von Stronachs Liebe zum heimischen Fußball kommt, hält die Wirklichkeit nicht ganz den großspurigen Prognosen des Mäzens stand.
Der Nationalmannschaft prophezeit er durch seine Unterstützung den WM-Titel 2006, der Wiener Austria Wien den Europacup-Sieg. Es bleibt unter seiner Ära als Vereinspräsident bei zwei österreichischen Meistertiteln – und einer Heerschar an Trainern und Spielern, die der erfolgsunabhängigen und eruptiven Hire-and-fire-Taktik Stronachs zum Opfer fallen.
Nichts wird es auch aus der Realisierung eines 250 Hektar großen Themen- und Freizeitparks samt 80 Meter hoher begehbarer „Weltkugel“ im niederösterreichisch- burgenländischen Grenzgebiet bei Ebreichsdorf. Ebendort stampft Stronach für 75 Millionen Euro das Pferdesport- und Eventcenter Magna Racino aus dem Boden. Auch diese Saat geht nur bedingt auf, wiewohl Stronach andernorts Millionen mit schnellen Pferden macht. Seine Zucht gehört zu den erfolgreichsten der Welt, ihm gehören fünf der größten Pferderennsportanlagen in den USA. Ob im Santa Anita Park in Los Angeles, dem Maryland Jockey Club, den Golden Gate Fields bei San Francisco, Portland Meadows oder dem Gulfstream Park in Florida: Hier wird geklotzt, nicht gekleckert. So steht am Rande der Anlage in Florida die mit 33 Metern größte Pferdestatue der Welt. 30 Millionen Euro soll die „Pegasus“-Skulptur gekostet haben. Betrieben werden die Sportparks von der Stronach Group, deren Ehrenvorsitzender der Gründer ist. Als Vorstandsvorsitzende firmiert Stronachs Tochter Belinda. Sie managt einen Unternehmenskomplex mit 6000 Mitarbeitern, der zu den größten Sportwettenanbietern der Welt zählt. Auch die entsprechende Computer- Software stammt aus der Gruppe. Umsatzvolumen: vier Milliarden US-Dollar.
Zu einem Geschäftserfolg soll auch Stronachs jüngste Passion werden: die Rinderzucht. Auf 40.000 Hektar grasen derzeit rund 8000 Mutterkühe, Ziel sind 30.000 Stück Vieh. „Kein Stress, keine Hormone, keine Antibiotika – alles bio, alles gentechnikfrei“, wirbt Stronach für die Weidehaltung auf seiner Adena Springs Ranch. Das Fleisch soll eine noch in zögerlichem Aufbau befindliche eigene Steakhouse-Kette sowie eine eigene Supermarktkette versorgen.
Dort wird es dann wohl auch Kernöl seiner eigenen Marke „Frank’s“ geben, produziert in Hartl bei Fürstenfeld. „Wenn ich einmal 130 Jahre alt bin, wird das Öl ganz wichtig sein“, scherzt Stronach. Und aktuell? „Es geht mir gut, ich bin gesund“, sagt der Jubilar.
Magna, Pferde, Politik, Rinder #
Frank Stronach wird am 6. September 1932 als Franz Strohsack in Kleinsemmering bei Weiz geboren. Mit 21 Jahren wandert er nach seiner Werkzeugmacher- Lehre nach Kanada aus und gründet den Automobilzulieferer Magna. Gründet 2012 das „Team Stronach“, das bei der Nationalratswahl 5,7 Prozent erreicht. Stronach zieht sich 2014 zurück und konzentriert sich auf seine Pferde- und Rinderzucht in Übersee.