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Nur die Pferdestärken sind geblieben. Eine kulturhistorische Entwicklung sondergleichen #

Der kulturelle Stellenwert des Automobils in den Kulturen des Westens und Ostens#


Von

Günther Jontes

Sämtliche Abbildungen wurden vom Autor in den Jahren 1974 bis 2017 gemacht. Sie sind ebenso Teil des Fotoarchivs „Bilderflut Jontes“ wie die historischen Postkarten unter den Illustrationen.



So schnell kann es gehen. Kaiser Franz Joseph fuhr täglich an ehrfurchtsvoll grüßenden Passanten vorbei ohne große Eskorte in einer Kutsche von Schönbrunn in die Hofburg. Er soll über das damals schon rasant aufkommende Automobil gesagt haben: „Wird auch wieder abkommen!“.

Kutsche Kaiser Franz Josephs

Doch sein Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand wurde bereits bei dem Attentat 1914 in Sarajewo in einem Auto der österreichischen Marke Gräf & Stift, erschossen. Mord im Fond eines Autos hatten auch noch einige andere prominente Opfer zu erleiden, so 1934 in Marseille König Alexander von Jugoslawien und 1963 Präsident John F. Kennedy in Dallas.

Automobil des Attentats von 1914 in Sarajewo
Das Automobil des Attentats von 1914 in Sarajewo, ausgestellt im Wiener Heeresmuseum

Zuerst noch die Frage: Woher kommt das Wort Automobil? Da landet man bereits in der klassischen Antike bei Griechen und Römern. Im Etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache von Friedrich Kluge, 8. Auflage, Straßburg 1915 ist es – man staune - noch gar nicht enthalten. Es ist aber leicht zu entschlüsseln. Autos bedeutet im Altgriechischen „selbst, von selber“ und das lateinische mobilis meint „beweglich“ < moveo „ich bewege“. Das Automobil ist deshalb als ein Gefährt zu verstehen, das sich von selbst bewegt im Gegensatz zu einem Vehikel, das von Pferden gezogen wird. Mit Verkürzungen längerer oder fremder Wörter sind die Sprachen schnell zur Hand. Und so kommt es eben im Deutschen zum Auto, im Schwedischen beispielsweise zum Bil. Im Englisch bleibt man mit car noch bei der Karre. Französisch l’auto bleibt noch im Griechischen, gibt das Wort jedoch als oto ins Vietnamesische weiter, war doch Indochina einst französisches Kolonialgebiet. Spanisch als romanische Sprache tut sich mit automóvil leicht, den zweiten Wortteil gleich spanisch zu machen.

Im ausgehenden 19. Jahrhundert befand sich das Pferd noch nicht im Widerstreit zum Auto. Auch Zukunftsperspektiven ahnten noch nichts vom motorgetriebenen Fahrzeug. Man war auf die Rösser fixiert und hatte in der Zeit, in welcher Wien zur Metropole eines mächtigen Staates wurde, Sorgen wegen des steigenden Verkehrs. Man schaute voraus und meinte, dass beim rasanten Anstieg desselben die Wiener Hauptstraßen im Jahre 1930 – 50 Jahre vorausgeschaut! – mit einer zwei Meter dicken Schicht von Rossäpfeln bedeckt sein würden. Dies erinnert daran, dass man bei der Öffnung Chinas nach der Kulturrevolution fürchtete, dass bei einer Motorisierung des Reiches der Mitte der Sauerstoff der Welt knapp werden würde. In scherzhafter Umkehrung sprach man auch vom in die Defensive gedrängten Auto als „Hafermotor mit Peitschenzündung“.

Es gab eine Zeit, in welcher man Kutsche, Stadtbahn und Auto nebeneinander im großstädtischen Straßenverkehr beobachten konnte, wie Beispiele aus Berlin der zehner und zwanziger Jahre beweisen.

Straßenverkehr 10er und 20er Jahre
Straßenverkehr 10er und 20er Jahre

Parallel dazu kam dabei das nur mit Menschenkraft bewegte Fahrrad auf, dessen Entwicklung wie die des Autos bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Im Gegenteil, ihm war ein ungeahnter Aufschwung gegönnt, da wegen der Vollmotorisierung besonders in größeren Städten und deren Stadtkernen die Parkplatzverwaltung ein echtes Problem geworden war. In den Parkzonen tauchten Parkautomaten auf, aus denen man sich gegen Entgelt eine zeitlich begrenzte Erlaubnis holte. Dem Problem Auto in der Stadt sucht man verschiedentlich auch durch die Schaffung von Fußgängerzonen zu begegnen: Der Mensch war wieder an seiner ersten Entwicklungsstufe angelangt, er war wieder wie seine Vorfahren, die aus den Baumkronen in die Steppe herunterstiegen, zum Fußgänger geworden.

Fahrrad Werbetafel
Fahrrad

Das logische Bindeglied zwischen Fahrrad und Automobil wurde schon um 1900 das Motorrad, wie ein Inserat in der Münchener „Jugend“ von 1902 zeigt.

Motorrad Werbetafel

Um 1900 dominierte wie schon seit Jahrtausenden noch das Pferd bei der Beförderung von Menschen und Lasten. Heuwagen und Staatskutsche wurden noch von Tieren gezogen. Die militärischen Auseinandersetzungen wurden oft durch Kavallerieattacken entschieden. Kavallerie gab es für vielfältige Aufgaben. Der Husar war der Aufklärer und wegen seiner leichten Bewaffnung höchstens für „Husarenstreiche“ zu gebrauchen.

Der Ulan war ein den russischen Kosaken ähnlicher Lanzenreiter.

Der mit schwerem Panzer und Eisenhelm versehene Kürassier, der dann zum Dragoner wurde, führte den Pallasch als schweren Säbel, hatte dann aber auch schon einen Karabiner am Sattel stecken.

Diese bunte geballte Kraft starb allerdings als Waffe während des „modernen“ Ersten Weltkrieges im Dauerfeuer der Maschinengewehre. Der dandyhafte Kavallerieoffizier fand sein Ende in den Massenschlachten gegen Russland in Galizien.

Husar
Husar
Ulan
Ulan
Kürassier
Kürassier
Kavallerieoffizier
Kavallerieoffizier
Kaiser Karl auf Frontbesuch mit Husarenoffizier
Kaiser Karl auf Frontbesuch etwa 1915 mit Husarenoffizier

Und langsam übernahm der Kraftwagen auch die Transportlogistik zwischen Hinterland und Front. Millionen Pferde brachten zwar noch den Nachschub für die Truppen und die bespannte Artillerie war noch im Zweiten Weltkrieg wichtiger Bestandteil der schweren Waffen. Stäbe bedienten sich aber bereits des Personenkraftwagens.

Ein Stabswagen Marke Gräf & Stift bei einem Frontbesuch des Kaisers Karl

Stabswagen
Stabswagen
Propagandapostkarte
Propagandapostkarte

Der Zeichner dieser Propagandapostkarte hat das Original im Bilde ganz gut eingefangen. Der Thronfolger begibt sich an der Südfront gegen Italien 1915/16 mit Automobil angeblich in die Feuerlinie. Einer solchen Gefährdung wird man ihn wohl aber kaum ausgesetzt haben.

Nach dem Ersten Weltkrieg fanden solche Fahrzeuge wieder zurück ins zivile Leben wie dieses Photo mit einem Gräf & Stift noch aus den dreißiger Jahren im steirischen Ennstal zeigt.

Der vermögende Adel rückte oft mit eigenem Auto zu den „k.k. Kraftfahrtruppen“, wie auf diesem Fahrzeug vermerkt ist, ein obwohl der „Train“ in der Rangliste der Reputierlichkeit von Truppen an letzter Stelle stand.

Zwei Stabsautos auf einer Bergstraße der Südfront auf derselben Route wie eine pferdebespannte Transportkolonne mit Nachschub.

Da es keinen Kofferraum gab, mussten Werkzeugenkästen, Gepäck und auch der Treibstoff außerhalb des Fonds auf dem Trittbrett mitgeführt werden.

Zivilfahrzeug
Zivilfahrzeug
Auto zu den „k.k. Kraftfahrtruppen“
Auto zu den „k.k. Kraftfahrtruppen“
Stabsautos
Stabsautos auf einer Bergstraße
Gepäck und Treibstoff außerhalb des Fonds
Gepäck und Treibstoff außerhalb des Fonds

Es dauerte wirklich lange, bis auch in modernen Armeen berittene Kampftruppen als obsolet erkannt und abgeschafft wurden. Noch ritten am Beginn des Polenfeldzuges 1939 waghalsige Ulanen mit ihren Lanzen gegen deutsche Panzer an. Aber noch in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es Großverbände in der Sowjetunion, in Jugoslawien usw. Und die konnte man quasi mieten, wenn es in historischen Filmen besonders mit Themen aus der Franzosenzeit um Kavalleriemassen ging, die in Hollywood-Schinken à la Waterloo zu hunderten attackierten.

Berittene Truppen für Grenzpatrouillen gibt es heute nur mehr ansatzweise. Reitunterricht für angehende Offiziere bietet z. B. die Theresianische Militärakademie an. Aber das ist schon mehr Sport. Die Grazer und Wiener Polizei hatten aber noch bis in die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts berittene Organe, die zu zweit durch die Straßen patrouillierten. Und als Grenzsicherung bieten sie den eingeteilten Soldaten einen besseren, da überhöhten Überblick. Tragtierkompanien sind nach wie vor für effektiv einzusetzende Gebirgstruppen wichtig, da in den Bergen selbst Hubschraubern Grenzen gesetzt sind. Malerische Uniformierung für Paraden gibt es fast nur mehr in der Mongolei mit seiner lebendigen Pferdekultur. Deren Kavallerie paradiert jährlich beim Nationalfest Naadam.

Berittene Truppen
Berittene Truppen
Berittene Truppen
Berittene Truppen

Der Panzerkampfwagen als Sonderentwicklung ohne Räder#

Der Panzer als schwerstes Geländefahrzeug verdankt seinen einstigen häufiger gebrauchten Namen Tank ebenfalls einer vorgeblichen Kriegslist. In England wurde der Mark I als erster Kampfpanzer 1915 entwickelt und 1916 an der Westfront erstmals eingesetzt. Um seinen Zweck als geländegängige Durchbruchswaffe zu tarnen, nannte man ihn Tank, was im Englischen „Wasserbehälter“ bedeutet, und erklärte den Truppen um das Geheimnis zu wahren, es handle sich um große fahrbare Behälter, mit denen man den Soldaten in den Schützengräben der vordersten Linie das so dringend benötigte Trinkwasser bringen würde. Das englische Wort hat dabei indische Wurzeln, die sich aus dem südasiatischen Kolonialreich der Briten erklären. In den nordindisch-arischen Sprachen wie Hindi, Mahrati, Gujarati, Panjabi bedeutet tankh, tanka „Wasserreservoir,Teich, Zisterne“, was sich aus dem gleichbedeutenden Sanskritwort tadaga, tataka herleiten lässt. Das im Portugiesischen dafür gebräuchliche Wort tanque hat mit dieser Etymologie nichts zu tun, sondern kommt aus dem lateinischen stagnum „stehendes Gewässer, Teich“.

Da die meisten kriegführenden Nationen bereits im Ersten Weltkrieg Panzerkampfwagen produzierten und einsetzten, begann damit eine Gefechtsform, die in unterschiedlichsten Gelände möglich war. Österreich-Ungarn hatte sich dieser Entwicklung nicht angeschlossen, setzte aber als Zugfahrzeuge für schwere Artillerie auch schon Kettenfahrzeuge ein.

Panzerkampfwagen
Panzerkampfwagen

Im Satiremagazin „Simplizissimus“ stellte man sich scherzhaft vor, dass sich nur ein Tank als Ersatz für die Straßenbahn durch das Münchener Verkehrsgewühl kämpfen könne.

Unter Tank versteht man beim Auto heute den Benzintank, den man volltankt, um genügend Treibstoff zu haben. Man tut dies bei einer Tankstelle, der heute der Tankwart schon beinahe abhanden gekommen ist. Man ist auf Selbstbedienung angewiesen. Dafür gibt es jetzt einen Shop mit Lebensmitteln, Getränken und Krimskrams. In diesem Zusammenhang hat sich dabei ein interessantes sozialkulturelles Phänomen herausgebildet. Da einst die Nahversorgung durch die sogenannten Greislereien/Tante Emma-Läden kleinräumig gewährleistet war, sind diese Stätten der Begegnung vor allem der einkaufenden Frauen durch die aggressiven Supermärkte fast vollständig verschwunden. Auch Wirtshäuser gehen in immer größerem Maße verloren. Und da sammeln sich nun an Straßenbrennpunkten, wo Tankstellen mit ihren Shops strategisch hingepflanzt wurden, vor allem die Männer, trinken stehend ein Bier und geben sich dem Tratsch hin.

Der Traktor der Landwirtschaft#

Eine Sonderentwicklung unter den Zugfahrzeugen nahm der Traktor, dessen Name ebenfalls ein Kind des Lateinischen ist. Traho, traxi, tractum kennt schon der Gymnasiast als das Wort für „ziehen“. Der Traktor ist also „einer der zieht“, er ist zugkräftig, attraktiv, um das Wortfeld weiter zu verfolgen. Und „attraktiv“ bedeutet bekanntlich „anziehend“ in jeder Weise. Auf dem historischen Photo wird er noch mit Dampfkraft betrieben und zieht einen Pflug.

Traktor
Traktor

Um 1900 beginnt in der Presse die Reklame für das Automobil#

Privatautos konnten sich nur die gehobenen Kreise leisten. Deshalb findet man Reklame dafür im Fin de Siècle meist nur in Presseerzeugnissen, die für ein solches Leserpublikum wirtschaftlich und gesellschaftlich bestimmt waren. Am Beispiel der Wochenschrift „Die Jugend“ aus München, die einer ganzen neuen Kunstepoche den Namen Jugendstil gab, kann gezeigt werden, wie schon 1902 ff. die damals aufblühenden Autofirmen, die es zum Teil noch heute gibt, ihre Werbung in den Inseratenseiten ausstreuten. Noch wenige Jahre zuvor würde man eine solche noch vergeblich suchen.

Die „Jugend“ nannte sich im Untertitel „Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben“ und erschien 1896 bis 1940.

Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben
Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben
Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben
Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben
Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben
Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben

Die politisch aktivste, ja angriffslustigeste, ebenfalls für die Mittel- und Oberschichten der Gesellschaft nach 1900 bestimmte Wochenschrift war der Münchener„Simplizissimus“ unter der Leitung von Ludwig Thoma und so blendenden Zeichnern wie Olaf Gulbransson, Th. Th. Heine und anderen, der 1896 bis 1944, und dann noch 1954 bis 1967 erschienen war. Auch er ist eine Fundgrube für Automobilistica.

Simplizissimus
Simplizissimus
Simplizissimus
Simplizissimus
Simplizissimus
Simplizissimus
Simplizissimus
Simplizissimus
Simplizissimus

Auch in Österreich gab es um diese Zeit ein satirisches Organ, das sich vor allem an das Offizierskorps der k.u.k. Armee wandte, politisch-kritisch agierte und ebenfalls hervorragende Zeichner beschäftigte. „Die Muskete“ erschien 1905 bis 1941 in Wien und betonte, dass sie sich vor allem um österreichische Belange kümmern wolle. Das schlägt sich auch in den Inseraten nieder, welche für heimische Produkte auch auf dem Autosektor Reklame machten.

Simplizissimus
Simplizissimus
Simplizissimus
Simplizissimus
Simplizissimus

Schon die ersten Autos kamen nicht mehr mit den hölzernen Kutschenrädern aus und die Gummibereifung begann ihren Siegeszug. War es anfänglich noch Vollgummi, so kam bald der stoßdämpfende pneumatische Reifen, den man als mit seinem druckluftgefüllten Schlauch Pneu nannte.

Gummireifen Werbung
Gummireifen Werbung
Gummireifen Werbung
Gummireifen Werbung
Gummireifen Werbung

Ebenso findet sich Werbung für Motoren und andere Bestandteile.

Motoren Werbung
Motoren Werbung
Motoren Werbung

Auch am Rande des Automobilwesens gibt es wichtige Dinge zu bewerben.

Anzeige Automobil-Garage

Die Entwicklung des Autos durch die Erfordernisse des Krieges nahm von 1914 bis 1918 einen großen Aufschwung. Das zeigen Inserate in der „Jugend“ noch im letzten Kriegsjahr 1918 und darüber hinaus. Des Öfteren finden sich dabei Inserate, die zeigen, dass Autofabriken auch Flugzeugmotoren erzeugten.

Flugzeugmotoren
Flugzeugmotoren

Und zwangsläufig folgte natürlich die Entwicklung des Lastkraftwagens.

Lastkraftwagen
Lastkraftwagen

Das Auto im Motorsport#

Wenn sich im 20. Jahrhundert mit Fahrzeugen eine eigene Sportszene ergeben hat, so führt dies in Traditionen bis weit in die Antike zurück, wo es im Schnelligkeitswettbewerb um den Sieg bis hin zu olympischen Ehren ging. Das war aber nur die andere Seite der Wagenrennen, die der Sensationslust der Volksmassen diente und in Rom im Circus Maximus, in Byzanz im Hippodrom abgehalten wurden. Es kam in der Spätantike auch zum Entstehen von riesigen Fangemeinden, deren bekannteste die „Blauen“ und die „Grünen“ bildeten. Dies führte zu Gegensätzen besonders in Konstantinopel, die sogar zu bürgerkriegsähnlichen Kämpfen zwischen beiden Parteien führten.

Gefahren wurde mit Streitwägen, die entweder mit vier oder mit zwei Pferden bespannt waren. Einen guten Einblick in dieses Geschehen bildete der amerikanische Monumentalfilm „Ben Hur“ aus dem Jahre 1959 mit dem Protagonisten Charlton Heston, in welchem das entscheidende Wagenrennen zwischen den beiden einstigen Freunden und dann erbitterten Gegnern derart realistisch inszeniert wurde, dass dabei etliche Darsteller und Komparsen zu schwerem Schaden kamen.

Rennreiten als eine besondere Form sportlichen Kampfes reicht weit zurück und haben noch heute im Turf ihre Anhänger, während das Jagdspringen Kampfgeist und Geschick fordert. Und der institutionalisierte Kampf zweier berittener Kämpfer im mittelalterlichen Turnier wirkt wenigstens noch sprachlich bis heute weiter, wo mit diesem Wort ein ganzer Wettkampf bis zum Schach hin gemeint ist.

Während das Wettfahren mit Pferd und einer leichten Wagenkonstruktion im Trabrennen vom Prinzip her das Trio Pferd, Mensch und Fahrzeug als eine vorbildende Kraft ergab, ging es dann mit dem Aufkommen des Autos bereits um den Konkurrenzkampf von Mann und Maschine. Die ersten Autorennen wurden gefahren und in steter Entwicklung, die durch die prominenten Autofirmen vorerst Deutschlands und Italiens technisch auf teilweise dafür gebauten Rundkursen wie dem Nürburgring getragen wurden, entstand das, was heute als Wirtschaftsimperium Grand Prix durch die Welt zieht und besonders durch das Fernsehen zu einem unbeschreiblichen Massenspektakel wurde. Es geht um wahnsinnig viel Geld und die Spitzenfahrer haben einen längst entstandenen neuen Stand von Gladiatoren entstehen lassen, wo tollkühner Mut im Kurven- und Überholkampf längst auch zu einem Spiel um Leben und Tod geworden ist.

Italien als einer der führenden europäischen Autoproduzenten hatte schon in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts die Turiner Fiat-Werke architektonisch so angelegt, dass das Einfahren der Automobile über den Dächern der Werkshallen möglich war.

Fiat-Werke
Fiat-Werke
Fiat-Werke

Und in diesen Duellen ums Leben gekommene Fahrer werden wie gefallene Helden zu Grabe getragen und noch Jahrzehnten erinnert man sich ihrer und schmückt ihre Ehrengräber.

Sensationslust reißt die Massen der Besucher von den Sitzen, wenn es kracht, wenn im wahrsten Sinn des Wortes die Fetzen fliegen und brennende Rennautos das Schlimmste befürchten lassen.

Zu den „Helden“ des Motorsports, die dabei auch den Tod fanden, zählt der am meisten gefeierte österreichische Speedway-Fahrer Martin Schneeweiß, der 1956 bei einem Sandbahnrennen den Tod fand.

Jochen Rindt Ehrengrab
Jochen Rindt Ehrengrab
Martin Schneeweiß Ehrengrab
Martin Schneeweiß Ehrengrab

Rennfahrer werden auch mit dem Wort Piloten bedacht, was heute eher den Lenkern eines Flugzeuges zukommt, eigentlich aber aus der Seefahrt kommt. Auf altgriechische heißt das Steuerruder eines Schiffes pedón. Im älteren Italienisch nannte man den Steuermann pedotta, also denjenigen „der mit dem Steuerruder zu tun hat“, woraus dann durch Dissimilisation der Dentale pilota wurde, was leichter auszusprechen ist.

Die Kultur der Fernfahrer#

Bevor das Auto aufkam, wurden zu Land Handelswaren durch Pferdefuhrwerke und seit der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts dann bereits durch die Dampfeisenbahn befördert. Nach dem 2. Weltkrieg wurde zumindest West- und Mitteleuropa ein Handelsraum, wo die Grenzen immer durchlässiger wurden und Verträge es ermöglichten, dass Waren auf schnellem Weg an die Orte kamen, wo dafür Bedarf herrschte. Wenn zuvor ein Lastkraftwagen über vier Räder und eine Ladefläche verfügte und damit auf annehmbaren Straße Förderleistungen vollbrachte, so stellte die Fahrzeugtechnik vor allem mit dem Ausbau von Fernstraßen und Autobahnen Lastautos mit großem Laderaum und zusätzlich einem großen Anhänger zur Verfügung. Die Amerikaner sagen Truck dazu.

Nun war es möglich, etwa Orangen aus Griechenland oder Spanien, frische Meeresfisch und Meeresfrüchte in Windeseile dorthin zu bringen, wo es sie in Natur und Plantagenwirtschaft nicht gab. Und heute im Europa ohne Grenzen ist das – bei allen demographischen Nachteilen – erwächst durch den Lufttransport Aircargo auch diesem System wieder Konkurrenz. Dennoch ist der Transport per Truck noch immer im Steigen begriffen und führt damit auch zu Umweltproblemen. Und dann tritt ein fast komisches System auf den Plan: Das Auto, sei es Pkw oder Lkw, fährt mit der Bahn, um lange Strecken für den Fahrer bequemer zu machen. Da kann man nun beobachten, wie in Hamburg Züge entladen werden, die Lastautos aus der Türkei huckepack mitgebracht haben.

Unter den Lenkern dieser Fahrzeuge hat sich ein eigener Stand herausgebildet, nämlich der des Fernfahrers. Das ist eine eigene in sich verschworene Gemeinschaft, international und übernational. Sie haben sich ihre Fahrkabinen, die meist mit einer Schlafnische ausgerüstet sind, fast wohnlich eingerichtet, Musik umtost sie und sie haben keine Angst vor den hunderten Pferdestärken, die da hinter ihrem Rücken brausen. Sie sind mit Funk mit ihren Firmen verbunden, haben die Pflicht, sich immer wieder dort zu melden. Um sich kenntlich zu machen, haben sie ihrem Fahrzeug auch Namen gegeben, sodass MANFRED oder BILLY gleich zu identifizieren sind.

Eine riesige Bedeutung bei diesem System des Transportes hat der Zeitfaktor. Möglichst schnell und unversehrt mit dem Frachtgut ans Ziel zu kommen ist das eine. Das andere ist die körperliche und geistige Belastbarkeit, die je länger die Fahrt dauert, immer geringer wird. Hier ist das Gesetz eingeschritten. Eine nicht manipulierbare automatisch mit den Fahrdaten beschriftete Scheibe dreht sich mit und wird bei Kontrollen durch die Verkehrspolizei streng kontrolliert. Der Fahrer muss als Pausen einlegen und sich ausruhen. Er muss sich auch damit abfinden, dass in den meisten Ländern ein Wochenendfahrverbot für Großtransporter herrscht, dass zwar Erholung bietet, aber die Transportzeit erhöht, was sich in der Wirtschaftlichkeit von Wagen und Fahrer auswirkt.

Auf ihrer oft tausende Kilometer betragenden Reise machen sich auch die körperlichen Bedürfnisse bemerkbar. Man macht bei Raststätten Halt, trifft Kameraden, isst, trinkt, geht auf die Toilette, macht wohl auch ein Schläfchen und zieht dann weiter. Das ist in Indien nicht anders, wo allerdings die Kaste des Fahrers eine Rolle spielt und sich die angebotenen Speisen in diesem brauchtümlichen Gefüge bewegen müssen. Kastenhindus essen nur Gerichte, die ein Koch aus derselben Kaste zubereitet hat. Muslime essen halal.

Eine der typischen indischen Raststätten für Fernfahrer. Ruhemöbel, die sogenannten Charpois, laden zum Sitzen oder Liegen ein. Sie halten den Benützer vom Schmutz des Bodens und von Ungeziefer fern. Hier wird auch gegessen.

indischen Raststätte
indischen Raststätte
indischen Raststätte

Das föderale System der Indischen Union hat von Bundesstaat zu Bundesstaat andere Gesetze. Um in ganz Indien Transporte zu erledigen, bedarf es einer besonderen Erlaubnis. Dieser Lastwagen darf nur im Punjab, in Delhi, Uttar Pradesh, Haryana und Rajsthan unterwegs sein. An den Staatsgrenzen wird genau kontrolliert.

indischer Lastwagen
indischer Lastwagen

Die Fahrer sind pflichtbewusste Leute, denen ja kostbare Güter anvertraut sind, die sie sicher ans Ziel bringen müssen. Sie sind sichtlich stolz auf ihre Stellung, die sie über andere Autolenker erhebt. Sie sind hilfsbereit gegenüber ihren Kameraden der Straße und wenden sich freundlich dem Fremden zu, der sich für sie interessiert, besonders wenn dieser ein Guiri, ein „Weißer“ ist.. Es gibt immer wieder markige Gestalten unter ihnen.

indischer LKW-Fahrer
indischer LKW-Fahrer
indischer LKW-Fahrer
indischer LKW-Fahrer
indischer LKW-Fahrer

Auto und Recht#

Das Automobil nimmt am Verkehr teil, fährt auf Straßen über Land und in der Stadt, unterliegt deshalb auch dem Recht, das die Öffentlichkeit dafür vorsieht. Schon zur Kutschenzeit hört man Klagen über rücksichtsloses Fahren besonders in den engdimensionierten Gassen der noch weitgehend mauerumgürteten Städte, wo schmale Stadttore dazu noch nur das jeweilige Passieren einzelner Fahrzeuge erlaubten. Eine weitere Gefahr bildeten durchgehende Pferde und damit gefährdeten hilflosen Fahrgästen, die um ihr Leben zu bangen hatten. Verschiedentlich gab es auch schon Fahrordnungen, die aber nicht allgemeingültig waren.

Mit dem zunehmenden Autoverkehr musste man dann auch die Straßen in zwei Fahrbahnen teilen, die dann dazu führten, dass jede der beiden nur jeweils für eine Fahrtrichtung galt. Noch heute gibt es Länder wie etwa Großbritannien und ihre ehemaligen Kolonien wie Indien, wo Linksverkehr herrscht und auch die Autos vom rechten Vordersitz aus gesteuert werden. Auf dem Kontinent wurde in Schweden erst in den frühen sechziger Jahren der Rechtsverkehr eingeführt. Es war eine besondere logistische Herausforderung praktisch über Nacht alle Straßenmarkierungen, Ampelanlagen und Verkehrszeichen und –schilder umzustellen. Zu dieser Zeit vor einem halben Jahrhundert wurde bei den Verkehrsampelanlagen, die sich ja an Fahrzeuge und Fußgänger richteten, bei der Phase Grün für letztere das gehende Ampelmännchen eingeführt. Dem Zeitgeist folgend hat die Homolobby in einigen österreichischen Städten auch den lächerlichen und teuren Unfug durchgesetzt, statt des harmlosen Männleins ein Schwulen- bzw. Lesbenpaar Hand in Hand abzubilden.

Österreich hatte im Gegensatz zum Deutschen Reich bis zum „Anschluss“ 1938 noch immer Linksverkehr, sodass beim Überqueren der Staatsgrenze auf die Gegenfahrbahn gewechselt werden musste. Die Markierung der Fahrbahnen war auf massive Randsteine aus gekalktem Zement mit einem roten Querstrich beschränkt. Trotzdem wurde immer wieder gemeldet, dass ein Auto im Straßengraben gelandet sei. Nur wenige Straßen waren asphaltiert oder mit Zementplatten gepflastert. In den Städten gab und gibt es noch zahlreiche Abschnitte, die Granitwürfelpflaster aufweisen.

Probleme im Verkehrsrecht machten auch die Straßenkreuzungen, die eigene Regelungen verlangten. Die Schaffung von Autobahnen und Highways als radikale Lösung wurde in Europa und den USA schon in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts in Angriff genommen und bis heute in zunehmendem Maße durchgesetzt. Das alles hatte Einfluss auf die Alltagskultur, die individuelle Zeitplanung des Verkehrsteilnehmers und auf den öffentlichen Verkehr, wo die Konkurrenz zwischen Kraftfahrzeug und Eisenbahn noch immer Politik und Wirtschaft beeinflusst. War es früher die hochwertige Kohle für die Dampflokomotive, so ist des dort der elektrische Strom Und beim Auto wurde der Treibstoff aus Mineralöl als wichtigstes Welthandelsgut zum höchst instabilen Faktor der Weltpolitik.

Da der Autolenker anfänglich wegen der Exklusivität des Autobesitzes für sich einen fast noblen gesellschaftlichen Anspruch reklamierte, wurde er gleichsam zum „Kavalier“. Und weil dieser Begriff Exklusivität auszustrahlen schien, wurde bald geringere Verstöße gegen die Verkehrordnung als Kavaliersdelikt bezeichnet. Dazu gehört beispielweise auch der Genuss von Alkohol, besonders in Gesellschaft, bevor man sich ans Steuer setzt, um unbeschwert und in seiner Urteilskraft eingeschränkt loszubrausen. Alkoholisierung wurde zu einer der gefährlichsten Unfallursachen und das kleine Bier, dass sich in große Biere verwandelte und das, „Achterl“, das bald zum „Vierterl“ wurde, war Schuld daran, dass auch die Gastwirte in die Kette der Ursachen mithineingezogen wurden. Die Alkohol- und Trinkkultur als wichtiger Teil der Alltags- und Festkultur prägte nun auch den Umgang mit dem Automobil. Mahnende Zeichen wurden bereits in den fünfziger Jahren des 20.Jahrhunderts an den Straßenrand gesetzt: Weiße Holzkreuze, die die Stelle eines Unfalltodes markieren. Die Autofahrerverbände – eine neue Form des Vereinswesens! – taten dies in spektakulärer Gestalt zu Allerseelen, wo dann berüchtigte Kurven und unübersichtliche Straßenabschnitte damit förmlich übersäht waren.

Ein besonderes Augenmerk gilt den Geschwindigkeitsvorschriften, die je nach Bedarf derart variieren, dass eigene Verkehrsschilder besonders darauf hinweisen müssen. Schnelllfahren ist eine der Ursachen für Unfälle, die von Sach- und Personenschaden bis zum Tod führen.

Außer diesem Aufeinanderprallen von Mensch und Maschine gibt es auch die Sicherheit im Inneren des Wagens. Es ist erst einige Jahrzehnte her, dass mit der Erfindung und Durchsetzung des Sicherheitsgurtes die Unversehrtheit der Insassen des Autos in ungeahntem Maße verbessert wurde. Und der sogenannte Airbag.hat einen weiteren Schritt in diese Richtung ermöglicht.

Dass Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang durchaus schon als Probleme erkannt wurden, das auf rücksichtslosem Fahren zurückzuführen war, zeigt auch eine Abbildung „Wo ist noch Sicherheit?“ in der Münchener Wochenschrift „Simplizissimus“ von 1908 aus der Feder des unvergleichlichen Zeichners Olaf Gulbransson.

Wie schnell der Tod kommen kann, wenn man unbedacht lenkend Geschwindigkeit und Straßenlage falsch einschätzt hat, zeigt eine drastisch warnende Graphik in der Münchener „Jugend“ von 1918.

Eine Postkarte aus der Zeit um 1910 zeigt einen Schutzengel für Kinder, die vor dem Autoverkehr gewarnt werden. Das Automobil wird noch von der Mitte aus gelenkt. Die erzieherische Absicht ist unverkennbar. Auch spezielle Sitze sollen heute die Gefahren für mitfahrende Kinder minimieren.

Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang
Tod Münchener „Jugend“ von 1918
Postkarte mit Schutzengel

Die Überprüfungen der Fahrtüchtigkeit wegen Alkoholisierung, die Festsetzung von Toleranzgrenzen bis auf Null herab fanden ein objektives Feststellungsmittel im Gerät, wo man „ins Röhrl blasen“ muss, um den Grad des Blutalkohol messen und beurteilen bzw. dann auch ahnden kann.

Mit Recht hat auch das Problem des Autofahrers, in der Stadt einen Abstellplatz für sein Fahrzeug zu finden, zu tun.. Zur Überwachung der Parkplätze und ihrer Benützer entstand sogar ein neuer Beruf, der der Verkehrshostess, einer uniformierten Person meist weiblichen Geschlechts, die das Recht hat, Übertreter von Parkzeiten u.s.w. mit Geldstrafen zu belegen. Und mit den sogenannten Parkautomaten hat sich auch das Bild der Straßen verändert. In Ballungsräumen entstanden als letzte Entwicklung vielstöckige Parkhäuser und unterirdische Parkgaragen oft gewaltigen Ausmaßes. Die Städte waren vom Mittelalter bis in die Gründerzeit eben nicht für einen Verkehr ausgerüstet, der nicht einmal in den kühnsten Phantasien der Städter vorausgesehen wurde

Neue Geräuschkulissen entstehen auch durch technische Neuerungen#

Durch die Autohupe machte der Autofahrer im Verkehr auf sich aufmerksam. Er warnte Passanten und andere Fahrzeuge, nutzte die Hupe wohl auch als Gruß oder unterstrich mit ihr sein Imponiergehaben als stolzer Autobesitzer. War sie zuerst nur ein Signalgerät aus Gummiball, Luftleitung und ein Zungeninstrument mit nur einem Ton, so wurde sie dann mit der durchgängigen Elektrifizierung des Autos zu einem durchdringend lauten elektronischem Instrument, dem man bald auch Zügel anlegte.

Vorschriften wie das Hupverbot werden manchmal toleriert, wenn dieses im Zusammenhang mit einer Lebenslaufsitte steht. Denn heute ist es bei Hochzeiten üblich, dass die ganze Hochzeitsgesellschaft im Convoy mit geschmückten Autos von der kirchlichen Segnung und dem Standesamt laut hupend zum Lokal braust, wo die Hochzeitstafel stattfindet. Da drückt die Polizei wohl auch ein Auge zu, wenn es nicht zu bunt zugeht. Im Übrigen herrscht vor allem ein nächtliches Hupverbot.

Eine Besonderheit stellt in Südasien wohl die schriftliche Aufforderung „Horn please“ („Bitte hupen“) eines Lastwagenlenkers dar, wenn man zum Überholen ansetzt.

Postkarte mit Schutzengel

Auch der Ton der Hupe muss Vorschriften folgen. Als in den späten fünfziger Jahren der Kultfilm „Die Brücke am Kwai“ durch die Kinos lief, sang und pfiff bald alles die bekannte Marschmelodie. Und bald gab es auch Hupentöne, die diese Melodie mehr recht als schlecht hören ließen. Das wurde aber von den Behörden bald abgestellt.

Überhaupt Musik im Auto. Das hängt mit der Verfügbarkeit von Rundfunk immer und überall zusammen. Bis in die frühen fünfziger Jahre war man auf das standortgebundene Mittelwellen-, dann UKW-Radio gebunden. Der Empfang war sehr von den Sendern abhängig und nach dem im nationalsozialistischen Dritten Reich dem Publikum förmlich aufgezwungenen billigen „Volksempfänger“, der nur Reichssender zuließ, kamen in der Nachkriegszeit immer bessere Radioapparate als Röhrenempfänger in den Handel. Trotzdem musste man oft eigene „Wurfantennen“ ausspannen und den optimalen Empfang kontrollierte man mit dem „magischen Auge“, einem grün schimmernden kleinen Schirm, den man durch Drehen an dem Empfangsknopf in optimale Deckung bringen musste.

Mitte der fünfziger Jahre geschah dann mit der Etablierung der Transistortechnik und den damit verbundenen Möglichkeit der Verkleinerung ein wichtiger Sprung nach Vorne, der auch wichtige kulturelle Veränderungen mit sich brachte. Das „Kofferradio“ war geboren und damit die batteriegebundene Möglich gegeben, überall Radio zu hören. Aber auch dem Missbrauch waren damit Tür und Tor geöffnet. Überall in der Öffentlichkeit erklangen nun oft überlaut Schnulzen oder Urpop-Gegröle aller Art. Besonders die Jugend, die sich so etwas leisten konnte, war fasziniert und musste wiederum durch Gebote im Zaum gehalten werden. An die Verbotsliste zum Verhalten trat nun auch die der Erregung öffentlichen Ärgernisses durch überlauten Musik“genuss“. Die gemütlichen Badeanstalten und Strände füllten sich mit dem Gedudel. Auch die Eisenbahn suchte sich dagegen zu wehren und untersagte den Betrieb von Kofferradios in ihren Zügen.

Natürlich konnte man nun Sportübertragungen nicht mehr nur zu Hause genießen, sondern auch auf lauschigen Parkbänken oder im Freibad. Das brachte zusätzliche Erweiterungen des öffentlichen Lautpegels.

Der nächste Schritt war dann das Autoradio, das den Unterhaltungs- und Informationswert einer Autofahrt erhöhte und insoferne auch eine positive Seite dadurch gewann, dass es den Autolenker bei elendslang sich dahinziehenden Strecken davon abhalten konnte, aus dem Stumpfsinn des ereignislosen Dahinbrausens heraus einzuschlafen. Gegen den oft tödlich endenden Sekundenschlaf ist es aber auch nicht gefeit.

Im Autoradio wurden immer wieder auch Neuerungen zur Selbstverständlichkeit. Durch den Ausbau der UKW-Sender wurde der Empfang sehr verbessert, aber noch immer konnte man am Auto mit Radioempfang die ausfahrbare Radioantenne erblicken. Und der Rundfunk hatte wie in Österreich seit den späten fünfziger Jahren eine eigene Sendung im Vor-Mittagsprogramm, die „Autofahrer unterwegs“ hieß und eine bunte Mischung aus Schlagermusik und Verkehrsinformation brachte. Reiferen Hörern wird noch der Name der beliebten Moderatorin Rosemarie Isopp im Ohr sein.

Das Fernsehen zog in das Auto nicht ein. Zwar sah man früher bei Taxifahrern, dass manche von ihnen diese bei Standzeiten einen winzigen mobilen Fernsehapparat betrieben, aber das hörte sich bald wieder auf, denn der Empfang ließ auch meist sehr zu wünschen übrig.

Um ein angepeiltes Ziel, wenn man ein Auto lenkte, auch zu finden, bedarf es wie bei anderen Gelegenheiten vielfach einer Landkarte. Dabei wurden Karten mit besonderer Betonung der Verkehrswege für Motorfahrzeuge entwickelt, die in praktisch gebundener Form auch als Autoatlanten auftreten. Sie gehören auch heute noch zur Standardausrüstung eines Autos und der Lenker hat sie bequem neben sich in einer Nische der Innenseite der Autotüre zur Hand.

Und dann kam eines neues – man muss es Wunder nennen! – elektronischer Technologie, das nicht ohne die hunderten Satelliten existieren kann, die da in erdnahen Bahnen über uns kreisen. Es ist das Navigationsgerät, im sprechfaulen Volksmund kurz Navi, das den Autolenker ans Ziel führt, dessen Daten er dem Gerät vorher eingegeben hat. Bildlich und sprachlich wird er, so dem leitenden Satelliten alle Korrekturen ordnungsgemäß mitgeteilt wurden, ans Ziel gelenkt. Störend können auch sogenannte Funkschatten wirken, da terrestrisch manche Räume noch nicht erfasst sind. Dann kann es peinliche Fehlleitungen geben, die in die Irre führen.

Im Begrifflichen auch noch mit der Eisenbahn verbunden#

Der Lenker eines Automobils wird heute noch gerne als Chauffeur, ein Autorennfahrer sogar als Pilot bezeichnet. Da spannen sich Verbindungen sogar zur Eisenbahn und zum Flugzeug. Chauffeur ist ursprünglich eigentlich der Heizer einer Lokomotive und wird erst mit dem Aufkommen des Automobils auch dem Wagenlenker. Französisch chaud „warm, heiß“ stammt von lateinischen calidus „warm“ ab.

Erste Eisenbahn 1936

Aus Frankreich kommt auch die Garage als ein verschließbarer Abstellplatz für Fahrzeuge, heute vorzugsweise für Autos. Gare ist der Bahnhof und garer bedeutet „abstellen, unterstellen“. Davon leitet sich dann auch das neuere se garer „parken“. Man kann auch stationner sagen. Dem sprachbewussten Franzose wird das als englisches Fremdwort eingeschleppte fair le parking missfallen. Hier versteht man unter Garage aber auch eine Autowerkstätte.

Im Englischen wird das Auto auch zum car, was natürlich dem deutschen Karre entspricht. Hier stand das lateinische carrus, carrum „vierrädriger Transportwagen“ Pate. Ob dieses Wort eigentlich keltische Wurzeln hat, wird noch diskutiert. Jedenfalls sagen die Franzosen zu einem Wagen, Fuhrwerk char, übertragen es aber nicht auf das Auto.

Cardriver, taxidriver im Englischen und Amerikanischen weist auch noch auf das Zugtier, sei es Pferd oder Ochse, hin, das man antreiben muss um es in Bewegung zu halten. Und im Bereich des Autos ergibt sich daraus etwa driver’s license „Führerschein“ oder driving school „Fahrschule“. Übertragen treibt natürlich der Motor – ein neulateinisches Fremdwort! - ein Auto an.

Kurt Tucholsky (1890-1935) hat in seinem überaus komischen „Sprachführer Deutsch für Amerikaner“ 1929 den Fahrbefehl Cardriver go on! mit „Autotreiber! Geh an!“ übersetzt.

Und es dauerte noch lange – eigentlich bis in unsere Zeit herein – dass Rösser von den Brauereidepots die Bierfässer zu Wirten und Geschäften brachten. Noch in den fünfziger Jahren des 20.Jahrhunderts, als es noch kaum elektrische Kühlmaschinen gab, belieferte in Graz die Städtische Eisfabrik in Eggenberg Greislereien und Wirtshäuser mit Blockeis zur Kühlung. Und größere Bäckereien brachten ihren Kunden mit einem einspännigen Pferdewagerl, das vom Kutscher, den man mit dem altertümlichen Begriff Gaischütz bezeichneten, gelenkt wurde. Die Bierwägen brauchten da schon ein Doppelgespann. Und noch heute sind es die berühmten Brauereien, die zu ihrer Reputation trotz Vollmotorisierung und Ladekomfort sich bei festlichen Gelegenheiten vielspannig mit prächtigen Kaltblutrössern, funkelndem Zaumzeug und schöngeschichteten – leeren – Holzfässern zeigen. Man denke nur an den Festzug der Brauereien zur Eröffnung des Münchener Oktoberfestes.

Aber schon in der Zwischenkriegszeit brachten Lastkraftwägen das Bier zu den Wirten.

Pferdewagen
Pferde
Lastwagen

Heute ist in den Ländern der Ersten Welt bei aller technischer Entwicklung das Pferd noch stets präsent, wenngleich im metaphorischen Sinn. Warum wird die Energieausbeute eines Verbrennungsmotors noch immer in PS, Pferdestärken! angegeben?

Das Auto steht schon am Beginn seiner Karriere für Schnelligkeit und Streckenbewältigung, wenngleich die Voraussetzungen für ein unbeschwertes Fahren noch nachhinkten. Denn die Straßen mussten erst den Anforderungen des neuen Verkehrsmittels angepasst werden. Autofahren war noch immer mit Staubschlucken und streckenweisem Durchgerütteltwerden verbunden. Noch bis nach der Mitte des 20. Jahrhunderts gab es selbst in größeren Orten noch ungepflasterte und noch nicht asphaltierte Straßen.

Automobil um 1910

Eine Analyse dieser Postkarte aus der Zeit um 1910 erweist das dargestellte Automobil als ein Luxusgefährt. Es ist rechtsgesteuert, hat Gummibereifung, Petroleumlampen als Scheinwerfer, ein Trittbrett und wurde anscheinend für einen Chauffeur und drei Passagiere ausgelegt. Es besitzt auch ein Schutzdach, das der Funktion nach allerdings nur als Sonnenschutz tauglich erscheint und kaum windgepeitschtem Regen etwas entgegenzusetzen hätte. Heute wurde dieses Gefährt als ein bewundernswerter Oldtimer Aufsehen erregen.

Und doch ist das Auto in seiner Frühzeit schon das Richtige, um als Parvenue, als Neureicher, als wirtschaftlicher Emporkömmling den Versuch zu unternehmen, auch gesellschaftlich akzeptiert zu werden. Solche typische Gestalten waren in Österreich der Wiener Selchermeister, in Bayern der Münchener Metzger oder Charcutier, die nicht mehr wussten, was sie mit dem vielen Geld anfangen sollten. Da wandte man sich eben auch dem Automobil zu. Eine Karikatur in der Münchener Wochenzeitschrift „Die Jugend“ von 1902 zeigt einen solchen Protzen mit seinem neuen Auto.

Automobil mit vorgespannten Pferden

Und der satirische Text dazu lautet: „Der Herr Metzgermeister Knallprotzer in München hat sich auch ein Automobil gekauft, spannt aber seine vier Rappen vor: ‚Nöt dass d’Leut moana, unseroana kunnt si koane Ross kafa’"

Und über allem der Staub - Die Kleidung des Autofahrers und seiner Passagiere#

Man muss davon ausgehen, dass sich der Zustand der Straßen in Stadt und Land seit der Postkutschenzeit kaum verändert hatte. Im besten Fall hatten die Fahrwege dieselbe Qualität, wie sie sie schon in den Zeiten des Imperium Romanum besessen hatten. Auch dort, wo Straßen armiert, geschottert, „makadamisiert“, gewalzt worden waren, wurde der Belag durch die Räder ständig zermahlen. Dies führte zur Staubbildung und dieser Staub war für Autofahrer höchst unangenehm. Autos waren ja nach oben offen und was der Wind aufgewirbelt oder das eigene Auto selbst erzeugt hatte, war schon bedenklich genug. Und erst hinter einem anderen Gefährt herzufahren, hieß, Staub zur Potenz schlucken. Ab den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts, als auch in Großstädte längst nicht alle Straßen staubfrei gemacht worden waren, verfiel man auf die Idee, auf diesen den Staub an die Oberfläche zu binden. Man versprühte von Tankwägen aus ein Abfallprodukt der Papierindustrie, die Sulfitlauge, das den Staub gleichsam festklebte, leider aber wegen des unangenehmen Geruches bei den Bewohnern solcher Straßenzüge als lästig empfunden wurde. Außerdem brachte der nächste Regen diese Staubbindung wieder zum Verschwinden und musste wieder erneuert werden.

Was taten nun der Autolenker und seine Mitfahrer dagegen? Zum ersten wurden die Augen durch große Staubbrillen geschützt und dann musste auch die Kleidung vor Beschmutzung bewahrt werden. Dazu zog man über dieser noch einen langen, auch den Hals umschließenden sogenannten Staubmantel aus leichtem Stoff an. So nannte man dieses Kleidungsstück bis in unsere Zeit noch als Übergangsgewand vom Winter zum Frühling. Die Briten machten daraus in den Grabenkämpfen des Ersten Weltkriegs den Trenchcoat, den Offiziere trugen, wenn sie die Schützengräben (engl. trench) inspizierten.

Es gab auch den Staubkamm, ein Kamm mit besonders eng aneinander liegenden Zinken, den man verwendete, um sich den Staub der Straße aus den Haaren zu kämmen. Das Wort ist auch ein Euphemismus, denn in den einst für alle Stände im wahrsten Sinne des Wortes so „lausigen Zeiten“ diente er auch dazu, die ungebetenen Insekten und deren Nissen aus der Frisur zu entfernen.

Das Haupt musste überhaupt besonders vor Staub geschützt werden. Da gab es Mützen und Hauben jeder Art und im besten Falle Lederhauben, die bis zum Hals hinunter geknöpft wurden und nur das Gesicht, nicht einmal die Ohren, frei ließen. Die wurden dann später von den Luftschiffern und Fliegern übernommen,

Selbstverständlich trug man Handschuhe, nicht nur um das Lenkrad, das man auch Gubernal nannte, besser in der Hand zu haben. Das, was heute als Handschuhfach neben dem Fahrer eingebaut ist, und als Aufenthaltsort für alles möglich Verwendung findet, mag als ein letzter sprachlicher Rest von der einstigen Fahrerkleidung übriggeblieben sein.

Auch gute Ratschläge findet man in der Pressewerbung dieser Zeit.

Ratschlägein der Pressewerbung

Solche Schutzkleidung im Gefolge des Autofahrens erübrigte sich dann, als die Straßen durch Asphaltierung und Pflasterung staubfrei gemacht wurden. Der letzte Schritt war dann, dass Personenkraftwägen klimatisiert wurden und man sich jegliches Raumklima selber schaffen konnte. Heute sieht man historische Autofahrerkleidung nur mehr bei Oldtimer-Treffen und –rallys.

Das Taxi, mit welchem man sich kutschieren lässt#

Pferdekutsche als Taxi

Im Zeitalter vor dem Automobil war in Städten das gängigste Beförderungsmittel die Pferdekutsche, der Fiaker, der in verschiedenen Klassen der Bequemlichkeit und des gesellschaftlichen Anspruches ein- bis mehrspännig betrieben wurde. Was heute nur mehr als touristische Attraktion durch die Großstadtstraßen wie in Wien oder sogar New York trabt, war einst ganz alltäglich und brachte vielen Menschen und Pferden ihr Brot. Die städtischen öffentlichen Verkehrsmittel wie Pferde- bzw. später elektrische Straßenbahn, Stadt- oder sogar U-Bahn in den Metropolen wurden zwar eine große Konkurrenz, aber zu einem diskreten Rendezvous, zu feierlichen Angelegenheiten wie etwa zu Heiratszeremonien mit ihrer obligaten Hochzeitskutsche zog man doch den Fiaker vor. Sehr betuchte Leute hielten sich sogar einen Leibfiaker wie etwa der österreichische Kronprinz Rudolf, dessen Kutscher auf den originellen Namen Bratfisch hörte und der zum unmittelbaren Zeugen von Mord und Selbstmord des Kaisersohnes wurde. Man hatte also eine „eigene Equipage“ wie es nobel hieß. Ebenso gab es vornehme Fiakerstandplätze und wer von sich sagen konnte „mei Zeugl steht am Grabn“, der war ein Nobelfiaker. Diskretion war auf dieser Ebene dadurch gewährleistet, dass das Gefährt keine Nummerierung hatte, man sprach von einem „Unnumerierten“.

Taxis im Straßenverkehr und Taxistandplätze in Berlin Unter den Linden und vor dem ehemaligen Reichsluftfahrtminsterium

Taxis im Straßenverkehr
Taxis im Straßenverkehr

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es kaum mehr Automobile. Was nicht die Kriegsfurie verschlungen oder die Besatzungsmächte requiriert hatten, war kaum nennenswert. In der steirischen Landeshauptstadt Graz brachte sogar ein umgebauter Fiaker Kranke und Unfallopfer ins Krankenhaus. Und noch jahrelang fuhren Priester mit einem Fiaker zu Bestattungszeremonien auf die Friedhöfe.

Langsam aber wurden auch wieder Taxis aktuell. Man konnte also wieder Fahrten im städtischen Bereich buchen.

Hinter dem Kurzwort Taxi für die Sache steht der Name für ein Messgerät. Die davon abgeleitete Berufsbezeichnung Taxler für den Fahrer erfuhr 2008 bis 2016 auch eine politische Bedeutung, als ein solcher, der aber nie eine Bestätigung dafür erbringen konnte, sich sogar zum österreichischen Bundeskanzler aufschwang. Da gab es im Volke dann auch die scherzhafte Bezeichnung Bundestaxler für denselben.

An der Basis des Wortes Taxi steht wie gesagt ein Messgerät, das den Fahrpreis für eine bestimmte geleistete Transportstrecke nach dem Ende der Fahrt anzeigt. Grundlage dafür war ein festgelegter Tarif. Dieses Gerät heißt Taxameter und ist wie so oft bei neuzeitlichen technischen Bezeichnungen aus zwei antiken Sprachen zusammengesetzt. Im Mittellateinischen bedeutet taxa < taxatio „Schätzung“ und griechisch métron meint „Messung“.

Mit ihm verbunden informiert das Tachometer, umgangssprachlich Tacho, den Lenker über die Geschwindigkeit, die er dem Fahrzeug abverlangt und an die er ebenfalls durch Vorschriften gebunden ist. Wieder spielt die Antike mit, denn griechisch tachýs meint „schnell“. Um anzuzeigen, wieviel Kilometer das Fahrzeug insgesamt, aber auch streckenweise zurückgelegt hat, verbindet sich mit dem Tachometer der Hodometer, und das kommt von griechisch hodós „Weg, Strecke“.

Eine ältere Bezeichnung vor allem in den mitteldeutschen und niederdeutschen Dialekten für Taxi ist das Wort Autodroschke, denn Droschke ist eben ein Mietwagen. Die Bezeichnungen kommt aus dem polnischen drozka, bedeutet das nämliche und hat eine Entsprechung im russischen droshki.

Historische Postkarte um 1910
Standplätze von aneinandergereihten Autodroschken vor dem Hamburg Hauptbahnhof. Historische Postkarte um 1910

Den größten Fortschritt in der Verfügbarkeit von Taxis brachte wohl die Erfindung und rasante Verbreitung des Mobiltelephons. Der Kunde konnte nun von überall her ein Mietauto an jeden möglichen Platz herrufen und es besteigen. Zuvor war man in größeren Orten gezwungen, einen Taxistandplatz anzurufen, wo ein sich laut meldendes Telephon die wartenden Taxler informierte, die sich dann auf den Weg machen konnten, um den Kunden abzuholen. Es gibt zwar auch heute noch Taxistandplätze, aber die sind an taktisch richtigen Stellen wie Bahnhöfen, Einkaufszentren oder wichtigen Ämtern zu finden.

Der unzumutbar große Zustrom von Fremden, die legal zugewandert oder aber auch illegal eingeströmt und in von willfährigen Politikern mit Aufenthaltstiteln versehen worden waren, hat heute dazu geführt, dass besonders in Ballungszentren das Taxigeschäft in die Hände von vor allem aus dem Vorderen Orient stammenden Lenkern geraten ist. Immerhin kann man hier etwa an Amuletten und Talismanen erkennen, ob es sich etwa um einen christlichen Kopten oder aber einen muslimischen Fahrer handle.

Literarische Reflexe. Das Auto wird Thema der Dichtung#

In der literarischen Romantik war – wie bei Eichendorff – die dem menschlichen Empfinden nach rasch vergehende Zeit mit „jagenden Rossen“ verglichen worden. Damit hatte man Pferde metaphorisch in ein verklärendes Naturgefühl miteinbezogen. Für das Automobil, das nach dem Ersten Weltkrieg auch im zivilen Europa seinen Siegeszug begann, war im ernüchterten literarischen Realismus kein Platz mehr wie es die Postkutschenromantik noch geschafft hatte. Der Kraftwagen war nur mehr ein wenngleich vergleichsweise luxuriöser Gegenstand Objekt lyrischer Betrachtung. Das wird nun so gezeigt, was es kann, nicht was es ist, zum Beispiel beim Reisen. Erich Kästner (1899-1974) zeigt uns das in seinem Poem „Im Auto übers Land“:

An besonders schönen Tagen
ist der Himmel sozusagen
wie aus blauem Porzellan,
und die Federwolken gleichen
weißen, zart getuschten Zeichen,
wie wir sie auf Schalen sahn.
Alle Welt fühlt sich gehoben,
blinzelt glücklich schräg nach oben
und bewundert die Natur.
Vater ruft , direkt verwegen:
„’N Wetter, glatt zum Eierlegen!“
(Na, er renommiert wohl nur).
Und er steuert ohne Fehler
über Hügel und durch Täler.
Tante Paula wird es schlecht.
Doch die übrige Verwandtschaft
blickt begeistert in die Landschaft.
und der Landschaft ist es recht.
Um den Kopf weht eine Brise
von besonnter Luft und Wiese,
Dividiert durch viel Benzin.
Onkel Theobald berichtet,
was er alles sieht und sichtet.
Doch man sieht’s auch ohne ihn.
Den Gesang nach Kräften pflegend
und sich rhythmisch fortbewegend
strömt die Menschheit durchs Revier.
Immer rascher jagt der Wagen.
Und wir hören Vatern sagen:
„Dauernd Wald und nirgends Bier“.
Aber schließlich hilft sein Suchen.
Er kriegt Bier. Wir kriegen Kuchen
und das Auto ruht sich aus.
Tante schimpft auf die Gehälter.
Und allmählich wird es kälter.
Und dann fahren wir nach Haus.

Das Auto wird also in seiner (Fahr)gemeinschaft stiftenden Art behandelt. Es geht um die Familie, die einerseits beeindruckt, andererseits gelangweilt ist. Nur einmal gewinnt das Vehikel menschliche Züge: Es ruht sich aus.

Autofahren wird auch mit dem Begriff der Freiheit verbunden. Ein Teil individueller Freiheit ist auch die Freizeit, die der verpflichtenden Arbeitszeit meist täglich folgt. Im Weiteren wird sie zum Urlaub, an welchen Begriff sich noch die alte untertänige Erlaubnis, sich zu entfernen, hängt. Und Ferien sind ebenso als lateinische dies festi oder feriae Feiertage, arbeitsfreie Tage. Der Bergmann nennt in seiner spezifischen Fachsprache eine arbeitsfreie Schicht wie am Tag der hl. Barbara eine „Feierschicht“.

Freizeit verbindet sich also mit dem Auto, der Sonntagsausflug wird auf vier Rädern gemacht, die alten Einkehrgasthöfe an den Endstationen der Straßenbahnlinien verlieren ihre Gäste, schließen ihre Pforten. Das Auto treibt die Menschen weiter hinaus. Die Autobahnen haben Raststätten im Gefolge, wo Toilettepausen sich mit Essen, Trinken, Tanken und Einkaufen verbinden. Es entsteht auch eine eigene Kultur der Fernfahrer, die mit ihren Lastwägen Europa durchqueren und untereinander eine eigene Kultur der Kollegialität pflegen.

Die vorgebliche Beherrschung der Zeit durch diese Freiheit glaubt auch, Herr über die Landschaft, die da vorüberzieht, zu sein. Peter Rosegger, der unglaublich Reiselustige, zwar hauptsächlich an die Eisenbahn gebunden, brauchte lange, um vom Nutzen des Automobils überzeugt zu sein. Erst eine Autofahrt, die ihn übe den Semmering brachte, lockerte seine Empfindungen. In der Generation nach ihm war für Poeten und Ärzte wie Hans Kloepfer das Auto schon zur beruflichen Notwendigkeit geworden und hatte doch noch die Kraft, poetische Empfindungen lyrisch zu transportieren. Waren Ärzte bei Patientenbesuchen zuvor noch mit dem Steirerwagerl pferdespännig auf Krankenbesuch gekommen oder gar geritten, so stand nun das Auto im ehemaligen Pferdestall. Kloepfer (1867-1944) besingt eine Autoreise und nennt das Poem auch so:

Ein kühler Wind zum Morgengrau’n
kommt über Wald und Garten.
Ein Unband liegt vom Zaun geduckt,
das bebt und schüttert, ringt und ruckt
und will nicht lange warten.

Ein Griff – und weitaus holt’s im Sprung
in meilendurst’ger Wonne;
so jagen wir zum Häherschrei
an Baum und Bach und Bild vorbei
ins Tor der roten Sonne.

Die Morgennebel überm Fluss
hat jäh der Tag vertrieben.
Die breitgetürmte Bischofspfalz
hoch überm Grün des Lindenwalds
ist still zurückgeblieben.

Der Herrgott sinnt im grauen Stein
und segnet mild die Fluren.
Im tiefen Grunde Schnitter stehn,
und wie sie sich noch grüßend drehn,
sind schon verweht die Spuren.

So jagen wir ins freie Tal,
in wälderblaue Weite.
Der Alltag blieb in Duft und Dunst
bei Lohn und Arbeit, Neid und Gunst,
und wir sind Herrenleute!

Doch wenn zum stillen Sternenschein
wir Haus und Heimat grüßen,
blieb uns vom wilden Wirbeltanz
der Welt nur mehr mit fahlem Glanz
ein müdes Blatt zu Füßen.

Die Autofahrt dient hier zum Ausdruck der Dialektik von Fortgehen und Heimkehren. Und das Gefühl, zu den „Herrenleuten“ zu gehören, erweist sich schließlich als Illusion.

Man muss Kloepfer hier zugutehalten, dass er seine Haltung gegenüber dem Auto im zeitgeistigen Milieu des Autofans A. Hitler übte, dem er ja 1938 nach dem „Anschluss“ wie viele andere seiner Generation hymnische Poeme gewidmet hatte, die im „Bekenntnisbuch deutscher Schriftsteller in Österreich“ abgedruckt wurden. Für den „Führer“ war das Auto ja Ausdruck einer Modernität, der das Dritte Reich sich verschrieben glaubte, was ja auch der Bau der Reichsautobahnen bezweckte. Diese hatten natürlich auch militärisch operative Zwecke als Transportwege für Truppen in zukünftigen Kriegen, die ja nicht lange auf sich warten ließen. Obwohl der „Führer“ selber in einer Luxus-Mercedeslimousine chauffiert wurde, wollte er mit dem „Volkswagen“ propagandistisch auftrumpfen und aus den Deutschen ein Volk von Autobesitzern machen. Dann kam der Krieg dazwischen und der zivile Wagen für das Volk wurde in der Produktion durch den VW-Kübel ersetzt, ein geländegängiges Fahrzeug, das auf deutscher Seite in der Wehrmacht ungefähr dem amerikanischen Jeep entsprach, diesen aber durch seine Wat- und Schwimmfähigkeit übertraf. Erst nach dem Krieg wurde der Volkswagen zum Volksauto schlechthin, das seines Umrisses wegen VW-Käfer genannt wird und welchen die Amerikaner bald „Beetle“ tauften. Wer erinnert sich noch an die ersten Modelle, die noch ausklappbare Seitenwinker, eine geteilte Heckscheibe usw. aufwiesen?

Hitler war auf dem Landwege mit einer luxuriösen Mercedeskarosse unterwegs, als er während des „Anschlusses“ 1938 die Stätten seiner Jugend besuchte.

Mercedeskarosse
Mercedeskarosse

Bertolt Brecht (1898-1956), der alle Vorzüge eines korrupten Kommunismus in der DDR für sich in Anspruch nahm, war enttäuscht, dass nach dem Aufstand 1953 Walter Ulbricht wie er es nach der Niederschlagung durch Sowjettruppen versprochen hatte, den „Sozialismus“ nicht neu aufbaute, sondern noch repressiver gegen die Bevölkerung vorging. Brecht hatte nicht den Mut, dagegen offen aufzutreten, weil ihn das seine Privilegien gekostet hätte. Sehr verklausuliert nutzte er eine Pause während einer Autofahrt, um seine Gefühle für das Regime zu ordnen. Sein Gedicht „Der Radwechsel“ entstand im Gefolge des Volksaufstandes 1953:

Ich sitze am Straßenhang.
Der Fahrer wechselt das Rad.
Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre.
Warum sehe ich den Radwechsel
mit Ungeduld?

Jedem DDR-Bürger sein Auto? In der Bundesrepublik hatte mit dem Volkswagen inzwischen schon die Vollmotorisierung seinen Anfang genommen. Für Brecht war im gegenständlichen Fall das Auto nur zu einer Projektionsfläche der „strahlenden Zukunft des Sozialismus“ geworden und gleichzeitig in Frage gestellt worden. Als neuer Gefühlshorizont taucht in Ost und West die Sehnsucht nach einem Auto in persönlichem Besitz auf. Und der Trabant, liebevoll Trabi genannt, war Objekt dieser Sehnsucht.

Das gab es aber auch schon früher, wo man meinte, dass Autobesitz gleichzeitig Aufstieg bedeutete. Und so hatten Photographenatelikers auch auf Pappendeckel gemalte Autos, in denen man Platz nahm und sich der Illusion eines eigenen Autos hingab.

auf Pappendeckel gemaltes Auto

Im Film, vor allem im Tonfilm der dreißiger Jahre des 20.Jahrhunderts, begann das Auto auch als Ausdruck der gesellschaftlichen Erhabenheit über Fußgänger und Radfahrer eine Rolle zu spielen. Der Autofahrer hatte besonders bei der Damenwelt bessere Chancen.

Filmplakat
Filmplakat

Zum ersten Mal... Der Volksdichter und Lebensreformer Peter Rosegger (1843-1918) und seine Vorstellungen von Fortschritt durch das Auto#

Gemeiniglich kennt die Masse der Leser heute den großen Steirer Peter Rosegger vor allem durch die autobiographischen Darstellungen seiner Kindheit als „Waldbauernbub“ und durch Romane wie „Jakob der Letzte“. Wie weit sein Blick über den Rand des Erzählers und Romanciers hinausging, beweist aber auch die von ihm seit 1876 herausgegebene Monatsschrift „Heimgarten“, in der er die lebensreformerischen Tendenzen seiner Zeit wie Tierschutz, Vegetarianismus, Heimgartenbewegung usw. gemeinsam mit einem Kreis von Zeitgenossen kundtat. Dabei war der Begriff Fortschritt in einer sozial erstarrenden Zeit durchaus in seinem Denken und Wirken präsent und er bezog zu den – wie er sie nannte – „märchenhaften Erfindungen unserer Zeit“ bewundernde wie kritische Positionen. Er bezeichnete „das elektrische Licht, die elektrische Bahn, das Zweirad, das Automobil, das Luftschiff, die Röntgenstrahlen, das Telephon, den Phonographen, das Grammophon“ 1909 im „Heimgarten“ als Erfindungen, die allesamt in seiner Kindheit und Jugend noch nicht existiert hatten. Und innerhalb seines eigenen Menschenlebens hatten sie die ganze Welt erfasst und schon in unglaublicher Weise verändert.

Als kleiner „Peterl“ war Rosegger zum ersten Mal mit der Eisenbahn bekannt geworden. Aber wie war es, als er zur ersten Autofahrt eingeladen wurde und dabei seine anfängliche Skepsis überwand? Und wieder kam der Anstoß von außen. 1907 schreibt er darüber und jedes Wort in seinem Bericht rechtfertigt die Wiedergabe dieses Textes:

„Ein junger Amerikaner ist herübergekommen. Der hatte schon vor Jahren mit mir Bekanntschaft gemacht, d. h. zu Boston auf der Hochschule mit meinem ‚Waldschulmeister’, der dort sein Lesebuch für die deutsche Sprache gewesen. Nun ist er da und lädt den Verfasser jenes Lehrbuches ein zu Spazierfahrten in seinem großen Automobil, das er – rechts am Chauffeur sitzend – persönlich leitet. So bin ich heute in Begleitung seiner Schwester und meiner Frau mit dem Motorwagen von Wien nach Krieglach gefahren. Schöner warmer Herbsttag, so dass trotz der schnellen Fahrt die Luft wohlig an die Wangen schlug. Als vor einem halben Jahrhundert der Waldbauernbub in umgekehrter Richtung dieselben Straßen gewandert, ‚um den Kaiser Josef zu suchen’, hat der kleine Phantast doch nicht träumen können, dass er einst hier vornehm auf einem unerhörten Zauberwagen fahren würde. Ein Wagen, der ohne alles Gespann mit Eilzugschnelligkeit dahinrast – über die weite Ebene, talab, bergauf, das ist ihm ganz gleich. Bis Gloggnitz konnte ein rüstiger Personenzug mit unserer schnellen Kutsche wetteifern. Von Gloggnitz bis auf die Semmeringhöhe – der Schnellzug brauchte drei Viertelstunden – sind wir in zwanzig Minuten gefahren! Es war meine erste größere Automobilfahrt – und schon ist man’s gewohnt, als ob es immer so gewesen! Ich gewann auch Stimmung, die Gegend zu betrachten, die sich ganz anders stellt als zur Eisenbahnfahrt. Wie mein junger Amerikaner fährt – vorsichtig, gleichmäßig, rücksichtsvoll, gewissenhaft in jeder Beziehung – da gibt es freilich auf der Straße keine Klage. Vor jedem Hühnchen, das ungeschickt in den Weg läuft, schwenkt das Fahrzeug vorsichtig oder hält nahezu still, bis das Tier sich retten kann. Das ist ganz selbstverständlich, aber nicht jeder tut`s. Wir hörten daher auch kein Fluchwort, vielmehr wurden wir oft gegrüßt und die Kinder riefen uns mit Hutschwenken fröhlich Heil! zu. Unter solchen Umständen habe ich mich nicht geschämt, auf der Straße als reicher Mann zu gelten. Ich glaube, man könnte auch das gewohnt werden“.

Wie man sieht, gibt sich der Dichter dieser Fahrt mit ganzen Sinnen hin.

Und 1913 wird Rosegger sogar einmal eingeladen, mit dem Auto zu seinem Heimathaus, dem „Kluppeneggerhof“ am Alpl bei Krieglach zu werden. Scherzhaft nennt er das Gefährt diesmal in Anlehnung an die Fuhrwerkszeit das „Steirerwagerl des zwanzigsten Jahrhunderts“. Man brauchte bloß 25 Minuten und war schon da, wo alles begonnen hatte.

Visionär werden seine Gedanken, wenn er daran denkt – es ist wieder das Jahr 1913 – vielleicht einmal, wohin er sonst mit dem Automobil fährt, zu fliegen: „Da heißt’s dann nicht mehr nach vorwärts, sondern nach abwärts schauen. Warum denn nicht auch einmal nach aufwärts – neuen Welten zu? Die alte ist ja schon völlig verbraucht – scheint es. Ich schaue einstweilen nach rückwärts, dort sehe ich die Zukunft. Aber eine sehr ferne“. Als er das erste Flugzeug, damals noch Aeroplan, über seinem Haus schweben sieht, da kommt ihn diese Lust wieder an: „Also, so wird es sein. Das ist die Reisekutsche des zwanzigsten Jahrhunderts. Wenige Wochen vorher soll über unser Tal auch einer geflogen sein – von Wien bis Görz in drei Stunden. – Armes Automobil – alter Zopf!“

Kommunikation, Information und Kurzweil im Auto#

Wenn man ursprünglich mit dem Auto losfuhr, war man akustisch von der Umwelt abgeschottet.Optisch tat sich zwar mit Wegweisern, Entfernungsangaben zu Zielpunkten, Verkehrszeichen, Ortstafeln und Warnschildern sehr viel. Um jedoch dem Drang nach Kommunikation folgen zu können, musste man eine öffentliche Telephonzelle ansteuern und ein Ferngespräch führen, was anfänglich im Interurbanverkehr, als es die Fernwahl noch nicht gab, ebenfalls seine Schwierigkeiten hatte.

Und selber Gespräche empfangen zu können, lag nicht im Bereich des Möglichen. Da hatte es die Polizei, in Sonderheit die Verkehrspolizei mit ihren weißen Schirmmützen ab den späten fünfziger Jahren leichter, denn die hatte ein eigenes Funknetz, mit welchem sie untereinander kommunizierte. Die Funkstreife wurde geboren und ermöglichte es, schnell auf Verkehrsunfälle, Rettungseinsätze oder krasse Übertretungen der Verkehrsregeln zu reagieren. Dem zivilen Autofahrer war dies vorderhand noch verschlossen, während das passive Hören und Empfangen von Informationen mit dem Aufkommen des Autoradios einen gewaltigen Schub nach vorwärts erfuhr. Und da ging es nicht mehr nur um Musik und andere Sendungen aller Art und Lautstärke, sondern um wichtige, den Verkehr betreffende Nachrichten, die in der Folge dann auch so gesendet wurden, dass das laufende Programm unterbrochen wurde. Auf diese Weise wurde die Reichweite des Senders flächendeckend ausgenützt. Nachrichten über Unfälle und damit verbundene Straßensperren, Naturkatastrophen, immer häufiger mit wachsender Vollmotorisierung auch Stau kamen so an den Mann. Und nicht nur an diesen, denn auch die Frau hatte schon das Lenkrad erobert. Im Zuge dieser Motorisierung blühten nun auch die die Fahrschulen und immer häufiger bekamen junge Leute etwa zur Matura von den Eltern einen Fahrschulkurs, wenn nicht vielleicht gar sogar ein Auto geschenkt.

Neue Reiseformen durch das Auto#

Zwischen dem Besitz und dem Nichtbesitzen eines Fahrzeuges steht die Möglichkeit, „mitzufahren“. Im Amerika der langen Highways hatte sich schon früh vor allem unter der Jugend als Form der Bewältigung langer Strecken das Hitchhiking herausgebildet. Hike bedeutet „Wanderung“, to hitch „sich wo anhängen“. Im deutschen Sprachraum hat sich dafür der Begriff „Autostop“ gebildet, der den Versuch meint, ein Auto anzuhalten, um mitfahren zu können. Deshalb wird auch mit „per Anhalter fahren“ umschrieben. „Trampen“ als englisch-deutsche Mischbildung kommt ebenfalls vor. Tramp bedeutet Landstreicher. Der Tramper ist deshalb scherzhafter Weise der „Landstreicher“ auf Rädern. Das Zeitwort to tramp ist soviel wie „dahinlatschen“. Um auf hitching „sich wo anhängen“ zurückzukommen: Um frühe heimlich mit einer Kutsche befördert zu werden, versuchte man, sich an der Hinterseite des Kutschkastens, dem Blick des Kutschers entzogen anzuhängen und so mitzufahren. Deshalb standen bei nobleren Fahrzeugen hinten ein Lakai, englisch groom „Stallbursche“, dann lustiger Weise auch „Bräutigam“, der dies zu verhindern wusste. Fritz Herzmanowsky-Orlando tauft einen solchen einmal Abdias Hockauf.

Das Autostoppen als Reiseform wurde vor allem von der Jugend geübt. Mit bestimmten bittenden Gesten, oft auch mit einem Täfelchen, auf welchem das Reiseziel vermerkt war, versuchte man die Aufmerksamkeit der Autofahrer zu erwecken. Man positionierte sich auch an günstigen Stellen, wo etwa das Fahrzeug leichter anzuhalten war oder bettelte Fahrer bei einer Tankstelle an. Die Sache war nicht ungefährlich, weil es auch unter den Autobesitzern genug Gelichter gibt. Deshalb machte man sich auch gerne zu zweit auf den Weg. Autostopper kamen auf diese abenteuernde Weise durch ganz Europa, waren aber immer in der Ungewissheit, wirklich weiterzukommen. Sie waren Wind und Wetter, Gewalt und Betrug ausgesetzt und die nahezu einzige Möglichkeit, sein müdes Haupt zum gesicherten Schlaf zu betten, waren die Jugendherbergen, die zeitlich eingeschränkt und mit vielen Benimmvorschriften aufwartend, jedoch um wenig Geld, ein solches Quartier boten. Man versuchte also, quasi von Herberge zu Herberge zu stoppen. Dieser Begriff ist übrigens als Lehnwort ins Italienische gedrungen. Es verbirgt sich in dem einladenden Albergo.

Das Autostoppen hat sich heute fast gänzlich aufgehört. Man sieht kaum mehr Leute mit dem die Richtung weisenden Daumen am Straßenrand. Das ist darauf zurückzuführen, dass viele junge Leute heute schon selber ein Auto besitzen und damit ihre Ferienreisen machen. Andererseits boten die Eisenbahnverwaltungen für dieses Publikum die Möglichkeit mit einem „Interrail“ genannten System eine gewisse Zeit lang und bis zu einem gewissen jugendlichen Alter per Eisenbahn durch Europa zu ziehen. Mit einem Interrail-Pass, der von 37 Bahngesellschaften ausgegeben wird, kann man 30 europäische Länder besuchen. Dem einst beliebten Autostoppen wurde damit wohl ein Ende bereitet.

Als in den siebziger Jahren es zur Knappheit und damit zu stark erhöhten Treibstoffpreisen kam, entstand eine neue Idee, die auch soziale Bindungen untereinander zu stärken in der Lage war. Im Auto zur Arbeit zu fahren und damit allein als einzige Person, also höchst unwirtschaftlich unterwegs zu sein, führte zu Fahrgemeinschaften, wo man sich die Treibstoffkosten teilte. Das musste einigermaßen organisiert werden, weil Zu- und Aussteigepunkte ja nicht zu weit auseinander liegen sollten.

Dieses Reisen als ausgesprochen von der Jugend in den Schul- und Semesterferien gepflogen, ist sehr individuell organisiert. In großen Gruppen reist man als Erwachsener, der sich das leisten kann, im betreuten Autobus, kurz Bus genannt. Darunter verstand man einst eine Pferdekutsche für ein gutes Dutzend Personen, die vor Bahnhöfen wartete, um dort mit der Eisenbahn ankommende Passagiere samt deren Gepäck abzuholen und in das Stadtzentrum zu bringen. Bahnhöfe lagen meist an der Peripherie. Große Hotels hatten oft einen eigenen Autobus und konnten als Bahnreisende gleich beim Verlassen des Bahnhofs animieren, in ihrer Herberge abzusteigen. Als Anreiz dafür war diese Art der gezielten Beförderung dann gratis.

Als Motorfahrzeug wurde der Autobus bald auch als öffentliches Verkehrsmittel eingesetzt und damit festgelegte Strecken zu fixen Zeiten und Aus- und Zusteigestationen befahren. Er ist flexibler als die schienengebundene Straßenbahn, fährt aber mit mineralischem Treibstoff. Als dieser wie im Zweiten Weltkrieg zum raren, kriegswichtigen Gut wurde, stellte die Technik den Oberleitungsbus, kurz O-bus zur Verfügung, der seine Energie von einer stromführenden Oberleitung empfing. Inzwischen ist auch diese Erfindung wieder verschwunden. Dafür fahren heute schon zahlreiche Öffis, wie der mundfaule Deutsche in seinem Primitivdeutsch die öffentlichen Verkehrsmittel nennt, mit dem umweltfreundlicheren Erdgas.

Als Beförderungswilliger muss man vor Besteigen des Busses auch wissen, wohin die Reise geht. Dieser indische Autobus teilt mit der seitlichen Nagari-Aufschrift mit, dass er von Fatehpur nach Navalgarh fährt, beides im Bundesstaat Rajasthan.

Bus in Rajasthan
Bus in Rajasthan

Im Westen allerdings geht es nobler zu und Busreisen als Bildungs- oder Fernreisen nützen die ganzen Oberflächen, um ihre Universalität zu dokumentieren.

Bus im Westen
Bus im Westen

Hier aber ist es reine Freude an naiver Buntheit, denn das ist ein indischer Schulbus. Man merkt es auch an der Rechtssteuerung.

indischer Schulbus

Der Autobus brachte auch eine neue Form geführten und umsorgten Reisens mit sich. Vielfach ersetzte er im religiösen Milieu die Fußwallfahrt. Durch halb Europa fährt z. B. eine Pfarrgemeinschaft mit dem Bus betend und singend durch halb Europa, um nach Lourdes oder Fatima zu gelangen. Nur bei Santiago de Compostella im Norden Spaniens, hat sich fast wie eine fromme Mode auch wieder ein gewisser Pilgerstrom zu Fuß ergeben, wenngleich hier wie vielfach bei relativ kleinen Wegstrecken wie nach Mariazell auch ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat und das sportliche Element nicht übersehen werden darf. Hier hat das Auto als Autobus auch zu neuen Kulturformen der Volksfrömmigkeit beigetragen.

Das Campingwesen und das Automobil#

Sich in seinem Urlaub, seiner Ferienzeit von der räumlichen Stabilität freizumachen und in die Ferne zu streben, hat im Gegensatz zum Wanderzwang des Handwerksburschen noch vor wenigen Generationen zum zielgerichteten Wandern geführt. Hier versuchte die Jugend von Schul- und Werkbank, Elternhaus und Stadtluft freizumachen. Wandervogel und Pfadfinder, Burschen und Mädchen gemischt, zogen singend und zeltend und am Lagerfeuer Eintopf kochend los. Dazu brauchte man kaum öffentliche Verkehrsmittel, geschweige denn ein Auto. Das alles ist vorbei, wenngleich sich vor allem politische Parteien und totalitäre Regime bemühten, diese Anreize ideologisch untermauert weiterzugeben. Dazu wurde aber kaum mehr gewandert, sondern man fasste in Lagern zusammen.

Als in der Zeit während des Wiederaufbaus des kriegszerstörten Europa der Drang in die Ferne, vor allem nach den Meeresküsten, einsetzte, wurde das individuelle Reisen durch die Bewegung des Campings bereichert, das zwar auch mit Fahrrädern funktioniert, jedoch in erster Linie an das Auto gebunden ist. Auch hier hat sich eine eigene Kultur entwickelt, die sich zwischen den Polen Fortfahren – Sichniederlassen - Heimfahren bewegt. Dieses englische Fremdwort Camping < to camp ist aus dem Lateinischen abzuleiten, wo campus „Feld, Acker, Platz, auch Schlachtfeld“ bedeutet. In übertragenem Sinne wird auch ein Universitätsgelände damit bezeichnet. Campen ist wohl am besten mit „auf einem Feld ein Zelt aufschlagen“ zu übersetzen.

In den Anfängen, das heißt am Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts, als sich vor allem die Grenzen der südlichen am Meer liegenden Länder für Österreicher und Deutsche wieder geöffnet hatten, packte man ein mehr oder minder komfortables Zelt ein, fuhr los und blieb dort, wo es einem gefiel, stehen, baute sein Zelt auf und genoss den Aufenthalt. Das hörte sich bald auf, da Grundeigentümer dieses „wilde Campen“ nicht gerne sahen. Und so entstanden die –gebührenpflichtigen – Campingplätze (engl camp site), wo man bald auch natürlich zu bezahlende Anschlüsse für Wasser und elektrischen Strom fand.

Da das Zelten sehr wetterabhängig ist und auch wenig Komfort beim Schlafen und den leiblichen Bedürfnissen herrscht, wurde nun ein eminenter Sprung zur Bequemlichkeit geschafft, indem die Industrie quasi als Anhängsel zum Auto den Wohnwagen (engl. camper) erfand und damit eine neue Qualität des Reisens begründete. Da der Wohnwagen ein Anhänger ist, kann der Fahrer ihn auch bequem abkoppeln und auf seinem Stellplatz stehen lassen und dann mit seinem fahrbaren Untersatz wohin immer er will hinfahren, um einzukaufen, interessante Plätze im Umkreis aufzusuchen und dergleichen mehr. Im Englischen ist dafür auch der Begriff caravan üblich, ein Fremdwort aus dem Persischen karvan „Reisegesellschaft“.

Und dann kommt als nächstes wieder eine Steigerung: Es erscheint das Wohnmobil, das einen eigenen Antrieb hat und vollständig samt Küche und Sanitärräumen zum Wohnen eingerichtet ist.

Bei beiden hat das Zelt noch immer eine Funktion. Als Vordach außerhalb des Fahrzeuges, bietet es bei Regen trotzdem die Möglichkeit, in frischer Luft im Freien zu sein.

In den USA sind auch Wohnmobile in der Größe von Autbussen üblich, wie dieses Beispiel zeigt, das als Dekor an der Außenseite die bekannte Felsformation von Mount Rushmore mit den monumentalen Bildnissen amerikanischer Präsidenten zeigt.

Wohnmobil

Nummerntafeln der Ordnung halber#

Schon zur Zeit der Fiaker als innerstädtische Transportmittel wurden diese pferdebespannten Fahrzeuge der Übersicht halber mit Nummern versehen. In Wien galt es als besonders nobel, mit einem „unnummerierten“ Gespann zu fahren, dass als besonderer Luxus auch bereits schon mit Gummirädern ziemlich geräuschlos fuhr. Das entspricht fast dem Bestreben, bei besonderen Anlässen wie Hochzeit Abholung der Braut, Fahrten zu Kirche und Standesamt mit Taxis zu bewerkstelligen, die die markierenden Schilder auf dem Dach entfernt hatten, um den Anschein eines Privatautos zu erwecken.

Nummerschilder drückt Verschiedenes aus. Sie lassen eine Zuordnung zu einem bestimmten Verwaltungsraum wie Stadt, Bezirk, Bundesland oder Staat zu. Sie dienen mit extra zu bezahlenden „Wunschkennzeichen“ auch der Eitelkeit oder vorgeblichem Geistreichtum. Ein einzigartiger Fall hat sich 1988 in Hongkong zugetragen. Bekanntlich ist für Chinesen die Ziffer 8 eine Glückszahl. Am 8.8.88, dem 8. August 1988 also, wurde das Nummernschild mit dieser Ziffernfolge als Garant absoluten Glücks um eine exorbitante Summe ersteigert. Ob sich dieser Aberglaube ausgezahlt hat?

In Österreich ist nach dem Verwaltungsbezirkcode ein Länderwappen eingefügt. In Deutschland ist es ebenso, in der Schweiz sind es die Wappen der Kantone. Slowenien führen Städtewappen, Kroatien nur das rotweiß geschachte Landeswappen.

Nummerschild

Wunschkennzeichen lassen oft Schlüsse auf den Beruf des Autobesitzers zu. Handelt es sich hier um einen Banker oder vielleicht einen Brennstoffhändler? Das scheint nicht der Fall zu sein, denn zusätzlich erkennt man auch noch zwiefach das montanistische Symbol Schlägel und Eisen. Also muss es ein Bergmann sein, wenngleich es in der Steiermark längst keinen Kohlebergbau mehr gibt. Jedenfalls verbindet sich hier eine Autonummer mit einem kostenpflichtigen Wunschkennzeichen.

Wunschkennzeichen

Auch Oberösterreich krönt sein Wappen als ehemaliges Erzherzotum mit einem Herzogshut.

Nummerschild

Die Schweiz hat das Landeswappen und das Wappen des Kantons, in welchem das Fahrzeug gemeldet ist, auf der Nummerntafel vermerkt, wie man es hier bei Bern, Genf und Schaffhausen beobachten kann.

Nummerschild Schweiz
Nummerschild Schweiz
Nummerschild Schweiz

Dieses slowenische Nummerschild weist neben dem Kürzel MB „Maribor“ für das ehemalige untersteirische Marburg an der Drau das alte Stadtwappen.

Nummerschild Slowenien

Besonders erfindungsreich mit zum Teil sehr originellen und bunten Entwürfen warten die Vereinigten Staaten auf. Auch Hinweise, dass der Autobesitzer wie hier ein Veteran des Vietnamkrieges ist, fehlen nicht.

Nummerschild Vereinigte Staaten

Die Bundesstaaten der USA schmücken ihre Nummerntafel mit den Umrissen markanter Gebirge, charakteristische Tiere und Pflanzen. Das sonnenüberstrahlte Kalifornien allerdings gibt sich ganz blank.

Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten
Nummerschild Vereinigte Staaten

British Columbia an der Nordwestküste Nordamerikas markiert seine Zugehörigkeit zu Kanada durch eine fast verschämt flackernde britische Flagge.

Das Auto als ästhetisches Objekt#

Schönheit wie einem Werk der Bildenden Künste zuzubilligen, unterliegt bei technischen Objekten anderen Parametern. Man spricht von „Schönheit der Technik“ bei einer elegant geschwungenen Brücke, beim Flugzeug, das einen bezaubernden blendendweißen Strich in den Himmel zaubert, und damit wohl auch bei Autos. Das kann sich auch an Kleinigkeiten entzünden, wie man es vor einiger Zeit in Österreich erlebte, als es darum ging, ob die Nummertafeln von Autos ihren schwarzen Untergrund mit weißen Ziffern behalten oder in Zukunft weiß mit schwarzen Ziffern geprägt werden sollten. Da hat sich vehement auch der heimische Künstler Friedrich Stowasser alias Friedensreich Hundertwasser eingeschaltet und ästhetische Argumente vorgebracht. Rein rational ging es eigentlich nur um die bessere Lesbarkeit auf eine gewisse Entfernung. Da es aber ein gesamteuropäisches Konzept gab, setzte er sich nicht durch und so hat Österreich wie alle anderen Mitgliedsländer der EU weiße Kennzeichen, denen dann auch die jeweiligen Bundesländerwappen zugeordnet wurden.

Was kann bei einem Auto eigentlich so schön sein, dass es von vielen Menschen auch als schön empfunden wird. Da gibt es die Pragmatiker, denen solche Argumente egal sind. Ihr Fahrzeug muss komfortabel, wirtschaftlich, sicher und leicht lenkbar sein. Andere haben schon bei der Wahl der Farbe die Qual der Wahl, denn der Mensch hat Lieblingsfarben, die vom individuellen Geschmack abhängen und nun zu einer ästhetischen Vorgabe beim Autokauf werden. Dazu gibt es Details wie Radkappen, Spoiler, Kühlerfiguren usw., die dem Auge als Teil des Ganzen gefallen sollen. Auch gibt es übergreifende Trends wie zum Beispiel Farbtöne, die als Métallisée nach und nach Mode wurden und dem Fahrzeug einen zusätzlichen Reiz verschafften. Man hat auch zu beachten, dass ständige Verbesserungen an den Umrissformen der Automarken sich auf die Ausschöpfung der Motorkräfte auswirkten, schnelleres und wirtschaftliches Fahren ermöglichten und ebenfalls mit ihrer vorgeblichen „Eleganz“ das gewannen, was gefühlsmäßig für „schön“ gehalten wird.

Der junge Kronprinz Karl von Österreich, ein eleganter Herr, bei einer Besuchstour in einem ihm angemessenen eleganten Auto, das als Oldtimer heute ein Vermögen wert wäre.

Kronprinz Karl von Österreich

Wie bei Kunstwerken im allgemeinen wird von vielen auch beim Auto von der Emotion her etwas unabdingbar für schön gehalten, was nur ein gewisses Alter haben muss, wobei natürlich Betagtheit nicht unbedingt Schönheit impliziert. So kommt es, dass bei Autos ein Oldtimer zu einem ästhetischen Objekt werden kann. Ein solcher zu werden, beginnt meist in dem Augenblick, wo der letzte Wagen vom Band gerollt ist und die Produktion eingestellt wird, um neuen Ideen, Formen, Anreizen, wie der Markt sie verlangt, Platz zu machen. Und so wird etwa der biedere VW-Käfer plötzlich zu einem gehegten und gepflegten Objekt. Man findet sich in eigenen Vereinen zusammen, führt seine Prachtstücke bei Rallys vor und fühlt sich behaglich in seiner kleinen, eng umgrenzten Welt.

Bei solchen gemeinsamen Fahrten von Liebhabern „historischer“ Motorfahrzeuge kann man auch bemerkenswerte Parallelen zur Bewegung des sogenannten Re-Enactments feststellen. Seit einigen Jahrzehnten versuchen Gruppen von an Geschichte interessierten Menschen sich in den Geist vergangener Epochen und Kulturen zu versetzen, indem sie daran gehen, ihr Äußeres im Sinne einer Präsentation zu gestalten. Und so gibt es heute wieder historisch exakt ausgerüstete römisch-antike Legionäre, Gladiatoren, Schiffe mit ihren Besatzungen, Reiterspiele in „schimmernder Wehr“, wie im archäologischen Park Carnuntum exakt nachgebaute römische Siedlungen, in denen antikes Alltagsleben nachgespielt wird. Gewand und Getue, Kost und Badeluxus locken zahlreiche Zuschauer an. Diese Kultur des Re-Enactments beschränkt sich nicht nur auf die Antike. Die Zeit der Napoleonischen Kriege findet ebenso Nachahmer und selbst mit nachempfundenen Truppen des 20. Jahrhunderts werden sogar ganze Schlachten nachgespielt. Besonders ausgeprägt sind diese Bemühungen in den Nachfolgestaaten kommunistischer Regime im ehemaligen Osten, wo man die zuvor als reaktionär verdrängte eigene Geschichte in nostalgischer Weise wieder ans Tageslicht zu holen versucht.

Was hat das alles mit dem Automobil zu tun? Nun, wenn Aficionados mit ihren historischen Karossen unterwegs sind, dann gleichen sie sich selbst der Zeitstufe an, in welcher ihre Autos geschaffen wurden. Sie kleiden sich im Stile dieser Epoche, tragen Staubschutzgewänder, Handschuhe, mächtige Brillen und drücken wohl auch als Signal den Gummiball der eine quäkende Hupe Laut geben lässt, obwohl auch dieses zum Teil bereits hundertjährige Fahrzeug alles tragen muss, was heutigen Gesetzen der Fahrtüchtigkeit entsprechen muss. In ihrer Kleidung ahmen sie bei diesen Gelegenheiten auch die vor einem Jahrhundert übliche Eleganz der Kleidung, also modischer Schönheit, nach.

Die äußere Haut des Automobils als Fläche kunstvoller Bemalung

Sieht man davon ab, was wie eben erläutert zur „Schönheit“ eines Autos beiträgt, so findet man ein davon unabhängiges Phänomen, das schon eher mit Kunst zu tun hat als es etwa eine figurierte Radkappe sein kann. Gemeint ist die Bemalung des Autos, die ungemein aussagekräftig über Persönlichkeit, gesellschaftlichen Status, Geschmack, ja selbst Religion und politische Gesinnung berichten kann.

Das Automobil wird also zum ästhetischen Objekt; nicht nur wegen seiner Gestalt, sondern auch wegen seiner Zier, die auch bildlich und inhaltlich wertfrei sein kann und nur florale oder abstrakte Ornamentik vorweist. Autobemalung hat in Südasien, vornehmlich in Indien und Nepal zu einer eigenen Sparte der Bildenden Kunst geführt, mit der Maler beweisen, dass sie das technische und geschmackliche Rüstzeug besitzen, diese Traditionen auch umzusetzen. Auch Pakistan und die Philippinen haben eine ähnliche Entwicklung aufzuweisen. Handmalerei ist noch immer preiswerter als die Herstellung von maschinenbedruckten Plastikfolien. Als Parallele dazu sind auch die Maler zu sehen, die an indischen Kinos riesige naturalistische Filmszenen in Handarbeit anbringen.

Handmalerei auf LKW
Handmalerei auf LKW
Handmalerei auf LKW
Handmalerei auf LKW

Auch idealisierte Landschaften, die unter Umständen Auskunft über die Herkunft des Besitzers geben, kommen vor. Im Stil kann man sogar Malschulen und Werkstätten unterscheiden

Zuweilen ist die gesamte Außenhaut mit ornamentaler Malerei bedeckt, dem auch Sinnsprüche beigegeben sein können.

Oder man gibt sich mit einfacheren Gestaltungen zufrieden, bei denen ein Raster bereits vorhanden ist.

Selbst die indischen Motorrikshaws konkurrieren in der Bemalung mit ihren „großen Brüdern“, den Autos.

idealisierte Landschaften
idealisierte Landschaften
Außenhaut mit ornamentaler Malerei
Außenhaut mit ornamentaler Malerei
ornamentaler Malerei
ornamentaler Malerei
einfachere Gestaltung
einfachere Gestaltung
einfachere Gestaltung
einfachere Gestaltung
Motorrikshaw
Motorrikshaw

Wird das Automobil erst dadurch zum ästhetischen Objekt, oder trägt es etwas in sich, das für sich Schönheit darstellt. Ein Prüfstein für diese Frage ist das Phänomen des sogenannten Oldtimers. Das Wort allein sagt nur wenig aus, nämlich, dass es aus zeitlicher Distanz benennt, dass ein solches Auto nur „alt“ ist, aus einer vergangenen Zeit stammt. Damit kommt man zur trivialen Meinung vieler Menschen, die etwas „sammeln“, dass alles, was alt ist, einen besonderen Wert besitzt. Aus dieser Sicht ergibt sich dann auch die Konsequenz, dass bei solchen Objekten das Alter mit von Schönheit umgeben gesehen wird.

Wenn ein Automobil als Träger von ästhetischen Elementen gesehen wird, so könnte man wie bei dem thailändischen Bus von der Malerei angenäherten Design sprechen, das einem irgendwie gefällt, jedoch keineswegs gleich als Kunstwerk empfunden wird, das Emotionen wecken kann. Anders sieht es allerdings aus, wenn wie in verschiedenen asiatischen Ländern das technische Objekt Auto vor allem in der Gestalt des Lastkraftwagens mit seinen Flächen mit künstlerischen Emotionen spielt. Ganz Zweige handwerklicher Malerei haben sich, wie bereits erwähnt, da etabliert. Befragungen ergeben dann Antworten, die als Beurteilung den empfindsamen Begriff „schön“ ergeben. In unseren Breiten wird der vielzitierte „kleine Mann von der Straße“ oft dieses Gefühl mit dem weiteren Wort „lieb“ zieren, wenn man ihn nach der künstlerischen Qualität eines Werkes fragt.

Das Auto als Künder religiöser Zuordnung#

Indien ist das Land der vielen Religionen, unter denen der Bedeutung nach der Hinduismus an der Spitze steht. Ihm folgen als Hochreligionen noch der Islam, die Religion der Sikhs, das Christentum, der Jainismus und der Buddhismus. Besonders Lastkraftwägen tragen neben ornamentalem Schmuck Symbole und Götterdarstellungen, die auf das Bekenntnis der Eigentümer und Fahrer hinweisen. Auch erkennt man an den Beschriftungen Sprache und Schriftsystem, somit die Herkunft derselben.

Bei der exakt im Stile der hinduistischen „Heiligenbilder“ wiedergegebenen Gottheit unter dem Ehrenschirm (skr. chatra) handelt es sich um Vishvakarma, den Beschützer der Handwerker und der Bauleute. An seiner halb sitzenden Haltung erkennt man, dass er dem Bittenden gleich zu Hilfe eilen wird. In Händen hält er Werkzeuge

Symbole und Götterdarstellungen
Vishvakarma, den Beschützer der Handwerker
Symbole und Götterdarstellungen
Nepalesischer Nationalstolz wird sichtbar, wenn die Khukhri-Messer der Gurkha-Soldaten als Zier erscheinen.
Symbole und Götterdarstellungen
Die Beschriftung in Devanagari-Schrift Shiva Shakti weist auf einen Verehrer des Hindu-Hochgottes Shiva und seiner Gattin Parvati hin.
Symbole und Götterdarstellungen
Der hinduistische Heilsgruß Namaskaram oder Namasteh
Symbole und Götterdarstellungen
Besonders im Süden Indiens mit den starken christlichen Gruppen der Thomaschristen, Syrer, Katholiken und Evangelischen verschiedener Denominationen wird oft auf diese Religion verwiesen.

Auch im Inneren geht das Auszieren weiter, denn auch an der Decke über dem Fahrer ist noch Platz für ein buntes Ornament. Baldachine als spiritueller Schutz von oben spielen in der indischen Kultur eine große Rolle.

Handmalerei innen
Handmalerei innen
Handmalerei innen
Handmalerei innen
Handmalerei
Handmalerei
Handmalerei
Handmalerei
Handmalerei
Parkplatzprivilegien
Parkplatzprivilegien für indische Priester zeigen deren hohen gesellschaftlichen Rang!
Handmalerei
Ein Teil der Bevölkerung Nepals bekennt sich zum Buddhismus. Hier sind auch die Nummernschilder in Nagari-Buchstaben und –ziffern gehalten

Glaubensvorstellungen des tibetischen Buddhismus bedienen sich auch ganz moderner Erfindungen, wenn es um den spirituellen Schutz von Fahrzeug und Fahrer geht. Eine photovoltaische Zelle treibt einen kleinen Gebetszylinder, in welchem das Mantra Om mani padme hum als Anrufung des Bodhisattvas der Barmherzigkeit Avalokiteshvara in unendlicher Abfolge rezitiert wird. Denn der Lamaismus ist sehr pragmatisch und erlaubt es den Gläubigen, denen die theologischen und philosophischen Hintergründe nicht sehr geläufig sind, durch Gebetsautomatiken wie „Gebetsmühle“ oder Gebetsschnur ebenfalls gutes Karma für das persönliche Heil anzusammeln.

Der Islam, der die bildliche Darstellung von Mensch, Tier und Pflanze verbietet, hat dafür eine reiche ornamentale Dekorkunst entwickelt, die hier zu reicher Entfaltung gekommen ist.

Eher bescheiden wirken Halbmond und Stern der Muslime. Sie sind nicht nur heraldisch Symbole, sondern auch Signale des Weltanspruches des Islam.

Dekorkunst
Dekorkunst
Halbmond und Stern

Im chinesischen Universalismus und im Taoismus trennt sich die Seele des Menschen beim Tode in einen Teil, der in den Hofstaat des himmlischen Jadeskaisers aufsteigt, und in einen, welcher im Grab verbleibt und symbolisch mit allen Gütern ausgestattet werden soll, die ein Wohlleben im Jenseits auch fürderhin ermöglichen sollen. Es werden daher heute auch aus Bambus und Papier imitierte moderne Luxusgüter bei der Bestattung am Grab verbrannt, um die Seele des Toten im Grab zu halten, sodass er unzufrieden mit den Opfern seiner Nachkommen nicht zurückkehrt und auf Erden Unheil stiftet. Eigene Handwerker fertigen daher Häuser, Boote, Kühlschränke, Computer, Kleidungsstücke und natürlich auch Autos an, um den Toten zu erfreuen. Und natürlich sind diese Objekte in der Glück verheissenden Farbe Rot gehalten. Das folgende Bild aus der Chinatown von Singapur zeigt ein Auto samt Chauffeur für das Jenseits, das nur aus einem mit Papier bezogenen Gerüst aus Bambus besteht.

Auto aus Papier und Bambus

Ein spezieller Themenkreis: Das Tier am und im Auto#

Es besteht eine gewisse Affinität zwischen dem Automobil und Tieren. Der VW-Käfer und die Peugeot-Ente haben Bezüge zur Gestalt. Aber besonders werden in den Logos der verschiedenen Autos Bezüge zu übermenschlichen Eigenschaften hergestellt. Und da ist dann der Jaguar nicht nur als Bild zu sehen, sondern es soll geballte Energie, blitzschnelles Dahinsausen und Überholtwerden des langsameren „Gegners“ auf der Straße zum Ausdruck kommen. Und so haben Namen von Automodelle auch ihre zugeordneten Tiere auf der Kühlerhaube oder dem Kofferraumdeckel. So führt Dodge das Haupt eines Widders, Ferrari ein springendes Pferd, Lamborghini einen Stier, Peugeot einen Löwen, Saab einen Greif und Ford Mustang ein verwildertes Indianerpferd. Alles also Symbole von Macht, Stärke und Geschwindigkeit. Nur VW ist etwas friedlicher. Der Käfer wird im Volksmund der USA zum Rabbit, einem Hasen.

Andererseits hat der Puch-Haflinger, der 1959 bis 1974 in den Grazer Puch-Werken produziert wurde, in seinem Namen eine Geländegängigkeit vorgestellt, die dem bekannten Tragtier in den alpinen Regionen zu Eigen ist. Und so wurde dieses sehr leichte, aber in den Bergen bestens einsetzbare Motorfahrzeug vor allem für das Österreichische Bundesheer und die Schweizer Armee produziert. Heute ist es schon ein begehrter Oldtimer für Sammler.

Die Darstellung von Tieren auf Autos besonders in den bunte Dekorationspracht liebenden Ländern Asiens zeigt den Wunsch, es an Stärke den klassischen Zugtieren und an Schnelligkeit den Vögeln gleichzutun. Dabei ist etwa Indien das Land mit den weltweit meisten Verkehrstoten. Wen wundert es bei solchen Zuständen?

Autobus Indien

Indien, Nepal und Sri Lanka sind Länder, wo die Autobemalung seit dem Beginn der Motorisierung besonders aufgekommen. Man hat das Gefühl, dass man mit dieser Abdeckung der nackten Flächen mit Farben und Formen dem Neuen ein wenig die Schärfe des meist unerklärlichen Wirkens von Kräften nehmen, die die Funktionen des Vehikels in Bewegung halten.

Auto mit Kamel

Hier begegnen sich noch wahrlich zwei Welten. Dass Pferdegespanne mit Bussen und Lastkraftwagen aufeinander stoßen, kann man im Westen wohl nur in den ehemals kommunistischen Ländern des Ostens und Südostens wahrnehmen. Hier ist es noch Alltag.

Auto mit Elefant
Kuhdekor am Auto
Kuhdekor

Vielfach ist der Zugochse im Bilde gezeigt, da das Rind das indische Universaltier schlechthin ist, denn es arbeitet als Zugtier und liefert der Landbevölkerung auch die Panchgavya, die „Fünf Gaben der Kuh“ Milch, Butter (als Schmelzbutter Ghee), Joghurt, Dung (als Brennmaterial) und Harn als spirituelles und kultisches Reinigungsmittel. Dass das Rind für „heilig“ gehalten wird, ist ein wichtiges Element des Hinduismus, der von altersher auch ein Schlachtverbot impliziert.

Elefantdekor am Auto
Elefantdekor am Auto

Absolutes Sinnbild von Stärke und Gelehrigkeit jedoch ist der gezähmte Elefant (skr. hastin, kunjara, nagâ, hindi hatti) im Dienste des Menschen. In der Mythologie ist er als Airavata Reittier (skr. vahana) des Königs der Götter Indra.

Kraniche und Reiher stehen für Langlebigkeit und Weisheit, eine Symbolik, die auch beim chinesischen Universalismus und Buddhismus Eingang gefunden hat.

Der Tiger (skr. vyagra ) als das mächtigste Raubtier Asien spielt in der Volksmedizin vor allem Ostasiens eine überragende Rolle besonders was die vermeintliche Wirkung seiner Teile als Aphrodisiakum betrifft. Dies trägt auch wesentlich zu seiner drohenden Ausrottung bei.

Taubenpaar
Taubenpaare sind Symbole menschlicher Liebe und Treue
Kranich
Kranich
Kranich
Kranich
Reiher
Reiher
Reiher
Reiher
Tiger
Tiger

Tiere werden gerne und oft im Scherz mit menschlichen Eigenschaften versehen#

Der Mensch verleiht dem Tier, vor allem den Haustieren, gerne menschliche Züge oder lässt sie gleich in menschliche Tätigkeiten eintauchen, wie diese Scherzpostkarte aus der Zeit um 1910 zeigt. Das Gegenteil ist die Theriomorphie, die manchen Menschen als tierische Ähnlichkeit angedichtet wird.

Hunde

Das Automobil wird zum Informationsträger#

Öffentlich etwas kundzutun, was für die Allgemeinheit wichtig ist oder sein könnte, hat tiefe Wurzeln, die vom Austrommler im Dorf bis zum Bulletin am Herrscherpalast und vom Werbeplakat im Großformat bis zum Flugzettel reichen. Last- und Transportautos tun dies in hohem Maße. Auf dem öffentlichen Bus ist an der Front vermerkt, wohin dieses Fahrzeug fährt. Auch beim Taxi weiß man, dass es ein solches ist, sei es durch sein deutlich sichtbares beschriftetes Signallicht, sei es eine einheitliche sich oft grell von anderen abhebende Farbgebung. Dies kann sogar namenbildend sein, wie man es etwa bei den New Yorker Yellow Cabs kennt.

Taxi in Bangkok
Taxi in Bangkok

Dass dann die großen Flächen auf Lastkraftwagen sich als Werbeflächen für Firmen und Produkte geradezu anbieten, hat schon das Zeitalter der Pferdekraft gezeigt, wo besonders die Gespanne der Bierbrauereien sich auf diese Weise hervortaten. Heute wird dies immer deutlicher, denn ohne Werbung und Reklame ist Wirtschaftswachstum mit seinem beinharten Konkurrenzkampf nicht mehr vorstellbar.

Bei diesem indischen Tankwagen voller Milch vermischt sich moderne Reklame mit altindischem Glaubensgut. Der Hinduismus gibt den Glauben vor, dass die Urmaterie der Schöpfung ein Meer aus Milch gewesen sei, aus welchem die Götter mit Hilfe Vishnus die Welt geschaffen hätten, indem sie den Milchozean zu Butter schlugen. Dieser Ozean heißt im Sanskrit Dudhsagar ( skr. dudh „Milch“ – sagar „See, Meer“).

Indischer Tankwagen

Großkraftwägen können sich ganz mit Reklameaussagen bedecken, wie man an diesem thailändischen appetitlich aufgeputzten Bus sehen kann. Dass dabei die Sicht der Passagiere beeinträchtigt werden kann, nehmen viele mit Unmut zur Kenntnis.

Thailändischer Bus

Glaube und Aberglaube ranken sich auch um das Auto#

Die indischen Beispiele zeigen, wie auch Religion, persönliches Bekenntnis und Berufsalltag mit der Projektionsfläche Auto miteinander verwoben sein können. Das ist aber auch in vielfältiger Weise noch anders zu beobachten. So ist in der christkatholischen Spartenfrömmigkeit der hl.Christophorus ursprünglich zum Schutzpatron der zu Lande Reisenden aufgerückt und in Zeiten, wo Reisen sehr gefährlich war, auch als Fürbitter gegen jähen Tod angefleht worden. Zu diesem Zwecke malte man ihn im Spätmittelalter in riesenhafter Größe an die Außenseite von Kirchen, sodass der Reisende oder Wanderer ohne seinen Weg zu unterbrechen auch aus der Ferne sein Gebet an den Heiligen richten konnte. Auf diese Weise wurde einem versprochen, dass er an diesem Tag keinem Unfall oder keiner Gewalttat zum Opfer fallen werde. Seine erhoffte Wirksamkeit kommt auch in der Tatsache zum Ausdruck, dass er zu den Vierzehn Nothelfern zählt.

Ein zeitgenössisches Beispiel des steirischen Künstlers Franz Weiß an dem Turm der Grazer Don Bosco-Kirche zeigt den Heiligen in überlieferter Form. Schon Albrecht Dürer hat ihn druckgraphisch als den Christusträger vorgegeben.

hl.Christophorus, Don Bosco-Kirche
hl.Christophorus, Don Bosco-Kirche
hl.Christophorus, Don Bosco-Kirche
hl.Christophorus, Don Bosco-Kirche
hl.Christophorus, Albrecht Dürer
hl.Christophorus, Albrecht Dürer
hl.Christophorus, Albrecht Dürer
hl.Christophorus, Albrecht Dürer

Ursprünglich nur ein Heiliger als allgemeiner Beschützer vor Gefahren, wird er im 20. Jahrhundert zum Schutzherren der Autofahrer. An seinem Ehrentag, dem 25. Juli finden heute in katholischen Gemeinden Autosegnungen in seinem Namen statt. Es gibt eigene Gebete und Lieder und Plaketten mit seinem Bild finden sich als Talismane in manchen Autofond.

hl.Christophorus
Gebet der Karftfahrer
Autofahrerlied
Autofahrerlied engl.

Volksfrommen Schutz vor einem Verkehrsunfall soll auch ein sogenanntes Antlassei gewähren. Dieses ist ein am Gründonnerstag gelegtes Hühnerei, das nicht als Osterei gefärbt wird und dem man gesegnet eine besondere Kraft zuspricht. Man vergräbt es beim Hausbau unter der Türschwelle, versenkt es in einen Dachbalken oder wie in unserem Falle führt es im Handschuhfach seines Autos mit. Am häufigsten ist unter solch frommem Schmuck wohl ein Rosenkranz zu finden, den man als Fahrer ständig im Blick hat. Auch gibt es für Katholiken auch einen eigenen kleinen Ausweis, in welchem vermerkt steht, dass im Falle eines schweren Verkehrsunfalls man darum bittet, dass ein Priester für geistlichen Beistand geholt wird.

In Asien lässt man ein neu gekauftes Automobil von einem Brahmanen segnen und schmückt es mit Blumengirlanden, den Malas. Wer allerdings sein Gefährt mit einem Kredit erwirbt, bekommt einen auffälligen Aufkleber an der Rückseite, der besagt, von welcher Bank der Kredit gewährt. Diese Mitteilung wird erst entfernt, wenn die letzte Kreditrate abgezahlt ist. In Zeiten wie im Wiederaufbau in den vierziger und frühen fünfziger Jahren, als Autobesitz nur wenigen vorbehalten war, wurden auf der Fahrt zum Standesamt und zur Kirche, wenn man nicht ohnehin noch mit dem Fiaker fuhr, Taxis angeheuert. Um den Anschein zu erwecken, dass man mit eigenen Autos unterwegs sei, entfernten die Taxler den auf dem Autodach angebrachten Hinweis TAXI.

Und auf diese Weise werden in Indien Autos geschmückt, die bei einer noblen Hochzeit beteiligt sind.

Geschmücktes Auto
Geschmücktes Auto

Vom konfessionellen Glauben ist es oft nur ein kleiner Schritt zum Aberglauben. Im vorwiegend hinduistischen Süden Indiens wird ein Ritual vorgenommen, das etwa bei längeren Busfahrten der Fahrer mit seinem Stellvertreter ausführt und bei welchem beim Start die Vorderräder zwei Zitrusfrüchte zerquetschen, der Bus mit einer Flamme beräuchert wird und man eine Kokosnuss als Opfer an die Götter des Weges zerschlägt. Dann erst kann die Fahrt beginnen.

Indisches Ritual
Indisches Ritual
Indisches Ritual

Und während der Reise über die gefährlichen Straßen sollen Schreckfratzen die bösen Geister abwehren, die allenthalben angeboten werden.

Schreckfratzen
Schreckfratzen
Schreckfratzen
Schreckfratzen

Da der Schuh ständig mit dem Schmutz der Welt in Berührung kommt, gilt er auch im spirituellen Sinn als unrein und soll deshalb die Dämonen abschrecken. Deshalb – und nicht nur aus hygienischen Gründen – lassen die Gläubigen der asiatischen Hochreligionen beim Betreten eines Hauses oder einer kultischen Anlage die Schuhe vor dem Gebäude zurück.

Schuh als Abschreckung

Die letzte Reise der meisten Menschen wird heute in unserem Kulturkreis wohl auf vier Rädern angetreten, nämlich mit dem Leichenwagen.

Zwei Beispiele aus dem Wiener Bestattungsmuseum in der noch alten Aufstellung von 1991 zeigen in malerischer Wiedergabe einen Prunkleichenwagen, der von Pferden gezogen worden war. Die Wiener Städtische Bestattung nannte sich einst höchst vornehm auf französisch Entreprise de pompes funèbres („Unternehmen für Leichenbestattung“), wonach im Wiener Volksmund die den Leichenzug begleitenden und prunkvoll gekleideten Angestellten noch heute als Pompfüneberer bezeichnet werden.

Das zweite Beispiel ist ein einfacher Transportwagen für Leichen, ein Fourgon, der ebenfalls noch pferdebespannt war. Während des Ersten Weltkrieges, als auch die Pferde zum großen Teil einrücken mussten, wurden solche Transportfahrzeuge an die Straßenbahnwägen angehängt und auf diese Weise zum Wiener Zentralfriedhof gebracht.

malerische Wiedergabe eines Prunkleichenwagens
malerische Wiedergabe eines Prunkleichenwagens
Transportwagen für Leichen
Transportwagen für Leichen

Dies war einst eine der großen und letzten Möglichkeiten, mit einer „schönen Leich“) bürgerliche familiäre und öffentliche Repräsentation als letzten Akt einem Verstorbenen angedeihen lassen zu können. Heute werden solche corbillards prunkvoll aufgezäumt nur mehr zu besonderen Anlässen gebraucht, so bei den Begräbnissen der sogenannten Zigeunerkönige, bei denen die alte Wanderzeit mit den Pferdewägen emotional, wenngleich schon längst überwunden, durchschlägt.

Heute sind es silberglänzende mit Mattglas verdeckte elegante Autos, die den Sarg von der Aufbahrung zum Grab bringen. Als Besonderheit haben sie für den gemessenen Schritt des Trauerzuges einen besonderen Langsamgang.