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Die Briefe des Zurückgekehrten
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geknüpft? Warum, wenn nicht die Farben eine Sprache sind, in der das Wortlose, das Ewige, das Ungeheure sich hergibt, eine Sprache, erhabener als die Töne, weil sie wie eine Ewigkeitsflamme unmittelbar hervorschlägt aus dem stummen Dasein und uns die Seele erneuert. Mir ist Musik neben diesem wie das liebliche Leben des Mondes neben dem fruchtbaren Leben der Sonne. Sei dem, wie ihm sei. Vielleicht bin ich mitten zwischen dem dumpfen, rohen Menschen, der nichts von dem allem spürt, und dem mit gebildeter Seele, der hier entziffert und liest, wo ich nur die Zeichen anstaune. Es ist mir aus meiner Jugend hängengeblieben, daß jemand den Sternenhimmel einen unausgewickelten Gedanken genannt hat. Dies möchte hierher gehören. Der südliche freilich mit seinen glühenden Feuern war mir manchmal in seltenen Nächten, wenn mein ganzes Wesen wie ein unverstörter Wasserspiegel ihm entgegenschwoll, wie eine ungeheuere Versprechung, unter der hin der Tod zerzitterte wie ein Orgelton. Aber vielleicht war auch das, was mir ein Versprechen schien, nur rohe Ahnung eines sehr großen Gedankens, dessen meine Seele nicht mächtig werden konnte. Farbe. Farbe. Mir ist das Wort jetzt armselig. Ich fürchte, ich habe mich Dir nicht erklärt, wie ich möchte. Und ich möchte nichts in mir stärken, was mich von den Menschen absonderte. Aber wahrhaftig, ich bin in keinem Augenblick mehr ein Mensch, als wenn ich mich mit hundertfacher Stärke leben fühle, und so geschieht mir, wenn das, was immer stumm vor mir liegt und verschlossen und nichts ist als Wucht und Fremdheit, wenn das sich auftut und wie in einer Welle der Liebe mich mit sich selber in eines schlingt. Und bin ich dann nicht im Innern der Dinge so sehr ein Mensch, so sehr ich selber wie nur je, namenlos, einsam, aber nicht erstarrt im Alleinsein, sondern als flösse von mir in Wellen die Kraft, die mich zum auserlesenen Genossen macht der starken stummen Mächte, die ringsum wie auf Thronen schweigend sitzen und ich unter ihnen? Und ist dies nicht, wohin du auf dunklen Wegen immer gelangst, wenn du tätig und leidend lebst unter den Lebenden? Ist nicht dies der geheimnisvolle Herzenskern der Erlebnisse, der dunklen Taten, der dunklen Leiden, wenn du getan hast, was du nicht solltest und doch mußtest, wenn du erfahren hast, was du immer ahntest und nie glaubtest, wenn alles zusammengebrochen ist um dich und das Fürchterliche nirgends war ungeschehen zu machen, – schlang sich da nicht aus dem Innersten des Erlebnisses die umarmende Welle und zog dich hinein, und du fandest dich einsam und dir selber unverlierbar, groß und wie gelöst an allen Sinnen, namenlos, und lächelnd glücklich? Warum sollte nicht die stumme werbende Natur, die nichts ist als gelebtes Leben und Leben das wieder gelebt sein will, ungeduldig der kalten Blicke, mit denen du sie triffst, dich zu seltenen 26
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Die Briefe des Zurückgekehrten
Titel
Die Briefe des Zurückgekehrten
Autor
Hugo von Hofmannsthal
Ort
Berlin
Datum
1907
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
27
Schlagwörter
Briefnovelle
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Der Erste 5
  2. Der Zweite 10
  3. Der Dritte 14
  4. Der Vierte 18
  5. Der Fünfte 24
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