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Tritte Beobachtung
Ein neunzehnjähriger Jüngling gebrauchte auf den Rath
eines Unkundigen gegen Flechtenausschlag mehrere Tage lang eine
Abkochung der frischen Zweige von Bittersüß. Am 15. Tage nahm
er auch einen Löffel voll des eingedickten Saftes dieser Pflanze in
Wasser aufgelöst ein. Bald darauf stellte sich Wabenlrampf ein,
doch schlief der Kranke die Nacht über ruhig. Am andern Morgen
fühlte er den Kopf eingenommen, schwindlich, vor den Augen
Dunkelheit, Flimmern, schwarze Flecken; es war ihm, als ob die
Augen herausgepreßt würden. Auch in den Händen entstand heftiger
Krampf und der Wadentrampf erwachte wieder. Der Puls war
langsam, unterbrochen, die Glieder zitterten, den Körper bebeckte
kalter Schweiß. Der Kranke wollte sprechen, vermochte es aber
nicht. Die Zunge war geschwollen, steif, wie gelähmt. — Er wurde
durch ärztliche Hilfe gerettet. (Pecirka Giftgewächfe Oesterreichs
und Deutschlands.)
Vierte Beobachtung.
Zwei ganz gesunde Knaben kamen im September zwischen
11 und 12 Uhr von einem Spaziergange zmück, wollten nicht zu
Mittag essen und verlangten zu Bette. Kaum hatten sie sich nieder»
gelegt, als sie begannen über heftige Leibschmerzen zu klagen, sie
konnlen nicht einschlafen und waren ganz aufgeregt. Man glaubte,
sie hätten Weinbeeren gegessen und sich den Magen überladen.
Sie bekamen ein Brechmittel; da dieses jedoch nichts fruchtete und
Krämpfe eintraten, so rief man einen Arzt. Dieser fand um 3 Uhr
nach Mittag bei beiden Knaben ein aufgetriebenes, verwirrtes,
ängstliches Gesicht, beide Augensterne sehr erweitert, krampfhaft
geschlossene Kinnladen, Krämpfe, Ziltern, zeitweilig heftiges Auf»
schreien, rothe, fast dem Scharlach ähnliche F ecken über die ganze
Haut, trockene, brennende Hitze im Körper. Das Bewußtsein war
aufgehoben, die Kinder schienen von dem, was um sie vorging,
nichts zu wissen, von Zeit zu Zeit stammelten sie wie in der
Trunkenheit. Inmitten der Krämpfe streckten sie ost ihre Hände
aus, als wolllen sie etwas fassen, fühlten sie häusig zum Munde
und ahmten die Bewegung des Kauens und des Schlingen« nach.
Die Giftgewächse der österreichischen Alpenländer
- Titel
- Die Giftgewächse der österreichischen Alpenländer
- Autor
- Anton Woditschka
- Verlag
- Eigenverlag
- Ort
- Graz
- Datum
- 1871
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.29 x 18.88 cm
- Seiten
- 442
- Schlagwörter
- Pflanzen, Giftpflanzen, Steiermark
- Kategorien
- Küche und Garten
- Lexika
- Naturwissenschaften Biologie