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holten sie bisher am liebsten von den Füchsen, namentlich in
Geschäften und auf Börsen, allein schon begrüssen sie auch gerne
Wölfe in ihrer Mitte, namentlich jene, welche zu ihnen aus dem
gefeierten „Reiche der Gottesfurcht und edlen Sitteu herüberlaufen.
Nun — alles hat seine Zeit, nur Gott der Herr ist ewig!
Was die Magyaren, die zweite Hegemonenrace in Oesterreich,
betrifft, so habe ich an dieser Stelle nichts zu dem hinzuzufügen,
was ich im „Radhost" an unterschiedlichen Orten gesagt habe.
Dieses asiatische Volk erlebte, von einer ausserordentlichen Gunst
des Schicksals getragen, das, was seinen Stammesgenossen und
Vorgängern, den Hunnen und Avaren, trotzdem sie viel mächtiger
waren, versagt wurde — es kann nämlich bald die Gedächtniss-
feier seines 1000jährigen Bestehens auf europäischem Boden be-
gehen. Jetzt hat es endlich auch die Superiorität und Herrschaft
in der altberühmten österreichischen Monarchie erlangt und lässt
bei jeder Gelegenheit seine riesigen („obrovsk6u von Obr-Avare)
Gelüste und Pläne merken; wenn jedoch die Magyaren sich gegen
ihre Nachbaren lange so verhalten werden, wie sie in unseren Tagen
begannen, — nämlich wie die Hechte im Teiche — dann wird
auch an ihnen das Wort des ehrwürdigen Chronisten Nestor von
den „Obren14 (Avaren), ihren Vorfahren*), in Erfüllung gehen, und
ich bürge dafür, dass beim zweiten Jahrtausend* kein Nachkomme
übrig geblieben sein wird, der da ihr Gedächtniss noch feiern
könnte oder wollte.
Es bleibt mir nur noch übrig, mich über ein Verhältniss zu
äussern, welches von Freunden und Feinden häufig erwähnt wird
und hinsichtlich dessen ich selbst in meinem „Radhost" Anlass
zu einem Missverständnisse gegeben: es ist. meine Gesinnung und
mein Verhalten dem russischen Volke und Staate gegenüber. In
meinem Schreiben nach Frankfurt vom Jahre 1848 hatte ich zu
allererst gesagt, dass „schon die blosse Möglichkeit einer russi-
schen Universalmonarchie keinen entschlosseneren Gegner und
Feindm habe, als mich; nicht darum, weil sie russisch, sondern
weil sie eine Universal-Monarchie wäre." Hierauf habe ich in
der Antwort, welche ich im Jahre 1863 dem „Boleslavan" er-
theilte, nur en passant erwähnt, dass das Carenthum in Russland
sich nicht auf der Grundlage slavischer Principien, sondern, so
zu sagen, aus einem Amalgame mongolischer und deutscher Prin-
cipien herausgebildet hätte. Beide Aussprüche werden in Russland
noch heutzutage an mehreren Orten ungnädig vermerkt. Den
*) „Es waren die Obren (Avaren) gross an Leibern und hoffartigen
Sinnes; und Gott vertilgte sie, sie starben insgesammt aus und es blieb kein
einziger Obre übrig. Und bis auf den heutigen Tag (XL Jahrhundert) besteht
in Russland das Sprichwort: „sie kamen uii% wie die Obren," welche weder
Stamm noch Erben hinterliessen." (Nestors russische Chronik.)
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Buch Palacký's Politisches Vermächtniss"
Palacký's Politisches Vermächtniss
- Titel
- Palacký's Politisches Vermächtniss
- Autor
- František Palacký
- Ort
- Prag
- Datum
- 1872
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.0 x 23.6 cm
- Seiten
- 42
- Kategorien
- Dokumente Geschichte