Page - 50 - in WAS BITS UND BÄUME VERBINDET - Digitalisierung nachhaltig gestalten
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Auf Ebene der Bundes-
länder und Kommunen
fehlen weiterhin
Gesetzesgrundlagen –
dabei liegen viele
relevante Datensätze
gerade hier.
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Informa tionen zu erhalten, die staatlichen Stellen vor-
liegen. Grundlage für diesen Transparenz gedanken
ist, dass in einem Rechtsstaat Regierungshandeln für
alle Bürger*innen verlässlich, verstehbar und vor-
aussehbar sein muss,4 damit sie in die politische Ent-
scheidungsfindung informiert einbezogen werden
können. Informationsfreiheit kann Korruption vor-
beugen und Politik und Verwaltung stärker zur Re-
chenschaft ziehen. Zugleich bedeutet das Offenlegen
politischer Prozesse eine Verlagerung des Machtver-
hältnisses zugunsten der Zivilgesellschaft, denn
zuvor verschlossenes Herrschaftswissen wird zu öf-
fentlichem (Gemein-)Wissen. Auskunft geben müs-
sen in Deutschland grundsätzlich alle Stellen der
öffentlichen Verwaltung, also Kommunal-, Landes-
und auch Bundesbehörden, wie Parlamentsverwal-
tungen. In Deutschland ist das Informationsfrei-
heitsgesetz (IFG) im Grundgesetz verankert und
teilt sich aufgrund des Föderalstaatsprinzips in ein
bundesweites IFG und sehr unterschiedliche Rege-
lungen der Länder: Während Bayern bislang keine
Regelung verabschiedet hat, gilt in Hamburg ein
Transparenzgesetz zur aktiven Veröffentlichung
von Dokumenten. ‹Weg vom Amtsgeheimnis hin zu
größtmöglicher Offenheit›,5 heißt es dort.
Umweltinformationen wie-
derum wird innerhalb der In-
formationspflichten ein be-
sonderer Wert beigemessen:
Für sie gilt in Deutschland
das Umweltinformations-
gesetz (UIG), wobei der Be-
griff ‹Umweltinformationen›
breit aufgefasst werden kann
bis hin zu Verkehrsinforma-
tionen. Zurückgehend auf
eine EU-Richtlinie, 6 erlaubt das UIG gegenüber dem
IFG weniger Ablehnungsgründe zur Herausgabe von
Dokumenten, erfordert etwa bei Betriebsgeheimnissen
eine Abwägung mit dem öffentlichen Interesse, und
auch der Bundesnachrichtendienst ist – im Gegen-
satz zu IFG-Anfragen – auskunftspflichtig. Das UIG
ist daher ein mächtiges Instrument für den Umwelt-
aktivismus.
OPEN DATA ALS
INSTRUMENT DEMOKRATISCHER TEILHABE
Obwohl wir dank IFG ganze Datensätze anfragen
können, werden diese nicht zwangsläufig in nutzba-
rer Form herausgegeben. Oft erhalten Anfragende eine (geschlossene) PDF-Datei oder gar Papierakten.
Hier kommt der Begriff ‹Open Data› ins Spiel.
Open Data – offene Daten – bezeichnet zunächst
einmal Daten, die von allen Menschen frei verwen-
det, genutzt und verbreitet werden dürfen. Einge-
schränkt wird diese ‹Openness› nur durch Pflichten
zur Nennung der Quelle und das Prinzip des
‹share-alike›, was meint, die Datennutzung auch im
Folgenden nicht zu limitieren. Davon ausgenommen
sind – selbstverständlich – persönliche Daten. Sofern
solche Daten wiederum in staatlichem Auftrag erho-
ben werden, haben alle Bürger*innen nach dem IFG
ein Recht darauf, diese Informationen zu erlangen.
Innerhalb von Verwaltungen sind ‹Open Data›,
spezifisch als offene Regierungs- oder Behördendaten,
von Nutzen: Der Austausch untereinander und die
Verwaltung der Daten werden erleichtert, und es
entsteht zugleich eine Schnittstelle zur Zivilgesell-
schaft, zu deren Kompetenzen, Wissen und ehren-
amtlichem Engagement.
Was heißt Open Data nun konkret? Wichtige Krite-
rien sind gemäß der genannten Vorgaben von freier
Verwendung und Weiterverbreitung der barriere- und
kostenfreie Zugang, eine rechtliche Erlaubnis (offene
Lizenz) zur Weiterverarbeitung und ein Datenformat,
das dies auch technisch ermöglicht. Das heißt, die
Daten müssen zum Beispiel zunächst einmal digi-
tal vorliegen, von Mensch und Maschine les- und
durchsuchbar und möglichst über eine offene Pro-
grammierschnittstelle (sogenannte API) abrufbar
sein, die es ermöglicht, sie als ganzen Datensatz her-
unterzuladen und so in andere Anwendungen einzu-
beziehen. Open-Data-Aktivist*innen haben hierfür
einen Prinzipienkatalog7 aufgestellt. Je mehr dieser
Anforderungen für einen Datensatz gegeben sind,
desto besser können Expert*innen darauf zugreifen,
die Daten interpretieren, visuali sieren und kontex-
tualisieren. So werden aus Datensätzen Informa-
tionen, die wir als Bürger*innen verstehen können;
so können neue Anwendungen entstehen. Offene
Transportdaten können verwendet werden, um eine
Fahrplan-App8 daraus zu entwickeln. Offene Geo-
daten sind die Basis für Initiativen wie ‹Mundraub›,
eine Plattform zur legalen Wildobsternte.9 Offene
Analyse daten zum Trinkwasser können visuali-
siert werden und so anschaulich zeigen, ob Grenz-
werte wie die Nitratbelastung eingehalten werden,
und einen regionalen Vergleich liefern – ein Beispiel
hier ist das Projekt ‹Was steckt in meinem Leitungs-
wasser?›10 des ehrenamtlichen Code-For- Germany-
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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Title
- WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
- Subtitle
- Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Author
- Anja Höfner
- Editor
- Vivian Frick
- Publisher
- oekom verlag
- Location
- München
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-96238-149-3
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 152
- Keywords
- Digitalisierung, Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitskommunikation
- Categories
- Informatik
- Technik