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Die Digitalisierung tritt an, die Welt zu verändern.
Und es stimmt: Mit rasantem Tempo haben sich die
Vehikel der Digitalisierung in der Gesellschaft ver-
breitet. Smartphones kamen erst vor guten zehn Jah-
ren auf den Markt! Auch überall sonst in der Gesell-
schaft – in den Unternehmen, Verwaltungen, in der
Landwirtschaft, im Verkehr und sogar in Kunst und
Musik – erhalten Sensoren, Prozessoren und vieles
Digitale mehr Einzug. Ja, man kann mit Fug und Recht
sagen, die Digitalisierung verändert die Welt.
Doch sie ist nicht irgendeine Technologie, die eben
über die Welt strömt. Nein, sie soll nicht nur die Welt
verändern, sie soll sie verbessern. So wird sie in jedem
Fall von den Agierenden dargestellt, die sie antrei-
ben – allen voran aus dem Silicon Valley. Auf diesen
diskursiven Zug sind inzwischen Unternehmen aus
aller Welt aufgesprungen, ebenso wie Regierungen
und ein Großteil der medialen Berichterstattung
Wen wundert es da, dass der Digitalisierung noch
eine weitere Hoffnung zugeschrieben wird: den Pla-
neten zu retten. Schon seit Jahren besteht die Er-
wartung, ökologische Probleme durch die Erhöhung
der Effizienz – also weniger Energie und Ressourcen
pro Produkt zu verbrauchen – zu lösen. Der Digitali-
sierung wird zugeschrieben, genau dies zu erreichen.
Damit ist sie zu einem zentralen Instrument zur Be-
wältigung ökologischer Probleme geworden – zumin-
dest in Worten und auf Papier.1, 2
Dabei wird sie von Unternehmen, Regierungen, Mi-
nisterien und Medien natürlich nicht als Vehikel zur
grundlegenden Veränderung des Kapitalismus oder
Autoren: Timo Daum & Steffen Lange
DIGITALER
KAPITALISMUS
IN GRÜN
Wunschtraum, Etappenziel oder Nebelkerze?
gar zu dessen Überwindung gesehen.3 Nein, digitale
Technologien sollen und werden in das bestehende
System integriert. So verändert sich zwar auch das
System selbst – beispielsweise wird es beschleunigt –,
es wird aber nicht grundlegend anders.
Die Hoffnung besteht vielerorts dennoch: Kann die
Digitalisierung unsere Wirtschaft ökologisch werden
lassen? Innerhalb des kapitalistischen Wirtschafts-
systems? Mit anderen Worten: Ist die Digitalisierung
das erhoffte Hilfsmittel, vom alten braunen zu einem
neuen grünen Kapitalismus überzugehen?
GRÜNER KAPITALISMUS
Grüner Kapitalismus ist der Versuch, eine Abkehr vom
fossilen Raubbau hin zu einer nachhaltigen Wirt-
schaft zu vollziehen, ohne die Grundprinzipien des
Kapitalismus infrage zu stellen. Hendrik Sander zu-
folge ist es das zentrale Anliegen des grünen Kapi-
talismus, ‹alle gesellschaftlichen Energien auf das
Ziel eines tief greifenden ökologischen Umbaus zu
konzentrieren› und zum ‹hegemonialen Projekt›4 zu
werden. Ein Green New Deal soll – wie einst der New
Deal – eine neue Ära einleiten, welche die Klimaver-
änderung stoppen kann und mit Marktmechanismen
einen ökologischen Umbau realisiert.
Die Idee ist hierbei explizit, die fundamentalen
Logiken des Kapitalismus nicht infrage zu stellen.
Dies hat vor allem zwei Gründe, die mal allein, mal
gemeinsam auftreten. Einige argumentieren, man
könne die Dynamik und die ‹kreative Zerstörung›
des Kapitalismus für die grüne Sache nutzen. Denn
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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Title
- WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
- Subtitle
- Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Author
- Anja Höfner
- Editor
- Vivian Frick
- Publisher
- oekom verlag
- Location
- München
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-96238-149-3
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 152
- Keywords
- Digitalisierung, Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitskommunikation
- Categories
- Informatik
- Technik