Page - 25 - in Das materielle Computerstrafrecht
Image of the Page - 25 -
Text of the Page - 25 -
25
Ausgangssituation, Begrifflichkeiten und Rechtsentwicklung
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich aber auch bei vermö-
gensorientierten Angriffen, wie bspw widerrechtlichen Abbuchungen
ĂĽber Online-Banking-Systeme. Hier richtet sich der Angriff gegen ein
Individualrechtsgut eines Menschen unter Verwendung technischer
Hilfsmittel ( zB Internetverbindung, E-Mail, Zugangsdaten, PIN ), wel-
che jedoch nicht der Crimeware zuzuordnen sind. Mangels Beeinflus-
sung einer Person, dh sowohl des Opfers, als auch eines Menschen,
der ĂĽber die konkrete Giralgeldtransaktion entscheidet bzw diese aus-
führt, liegt hier ein nur betrugsähnliches ( technikorientiertes ) Verhal-
ten vor. Es handelt sich dabei um eine Mischung aus » Phishing « ( Typ I )
und » Betrug « ( Typ II ). Der Betrug unter Rückgriff auf technische Mittel
ist nach der Auffassung von Gordon / Ford in seinem Kern » people-rela-
ted «.91 Nun befassen wir uns aber hier mit einem Beispiel, das in sei-
nem Wesen einem » personenbezogenen « Betrug entspricht, aber ohne
dass eine Person tatsächlich als Tat- oder Handlungsobjekt in Erschei-
nung tritt, und das auch » mostly technological in nature « ist.92
Zusammenfassend ist zu diesem Ansatz festzuhalten, dass die auf-
gestellten Abgrenzungskriterien sehr schwammig erscheinen, was eine
eindeutige Zuteilung aktueller Phänomene unmöglich macht. Neue
Erscheinungsformen der Computerkriminalität, die möglicherweise
auf einer noch weiterreichenden Verquickung von technikorientierten
und menschbezogenen Verhaltensweisen beruhen, sollen hier noch
gar nicht angesprochen werden. Nach Gordon und Ford liegt der Mehr-
wert einer solchen Klassifikation darin, dass man anhand dieser Ein-
teilung unterschiedlich ausgebildete Kriminalisten zur Bearbeitung
solcher Fälle heranziehen könne. Für Fälle des Typs I könne man da-
her speziell in IT ausgebildete Ermittlungsakteure einsetzen, während-
dessen man für Typ II-Fälle eher auf klassische Ermittler zurückgreifen
könne, die mit » menschbezogener Kriminalität « vertraut sind.93
Doch auch dieses Zielanliegen ist mE aufgrund der aufgezeigten
Unschärfen der Thesen selbst wie auch der faktischen Gegebenheiten
dieses technikspezifischen Kriminalitätsfeldes nicht wirklich gewinn-
bringend. Vielmehr ist zur Ausbildung entsprechender Ermittler an-
91 Vgl Gordon / Ford, Journal in Computer Virology 2006, 13 ( 15 ).
92 Siehe dazu ausf die strafrechtliche Betrachtung eines Phishing-Angriffs bzw die
Unterscheidungsmerkmale des § 146 von § 148 a unten.
93 Vgl Gordon / Ford, Journal in Computer Virology 2006, 13 ( 19 ); dem folgend auch
Brodowski / Freiling, Computerkriminalität, 29.
back to the
book Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik