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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
len, das auf der Website des Herstellers ausdrücklich als Administra-
torwerkzeug beworben und nur zu diesem Zweck geschaffen wurde.
Absurderweise wäre dieses Programm dann, da es eben nicht zur Be-
gehung eines der angeführten Delikte » geschaffen « wurde, nicht Tat-
objekt des § 126 c Abs 1, weshalb der objektive Tatbestand auch nicht
erfüllt wäre. Noch restriktiver sehen es Bertel / Schwaighofer 1598, die nur
solche Programme als Gegenstand des Delikts erfassen, die » keinem
anderen legalen Zweck dienen können «.1599 Dies führt dazu, dass ein
» bösartiger « Sniffer, der lediglich zum Zweck der Begehung einer der
aufgezählten Straftaten programmiert wurde, schon deshalb nicht von
§ 126 c Abs 1 Z 1 erfasst ist, weil er grundsätzlich ebenfalls der legalen
Netzwerkanalyse dienen könnte. Darüber hinaus könnten » Trojanische
Pferde « als Fernwartungsprogramm Einsatz finden oder DoS-Tools für
sog » Penetrationstests « 1600 herangezogen werden. Auf die spezielle De-
liktstauglichkeit ( iSd der in § 126 c Abs 1 Z 1 genannten Hauptdelikte )
eines Computerprogramms im Zeitpunkt seiner Herstellung bzw Mo-
difikation sollte mE für die Einordnung des Programms als Tatobjekt
des § 126 c Abs 1 Z 1 nicht abgestellt werden.
Auch die Ansicht des BVerfG 1601 iZm mit der Situation in Deutsch-
land überzeugt mE auch für die österreichische nicht, da sich – wie
Heghmanns es auf den Punkt bringt – die Auslegung des Zweckbe-
griffs 1602 im objektiven Tatbestand des § 202 c Abs 1 Z 2 dStGB inkon-
sequent wiederum auf rein subjektive Erwägungen stützt. Damit wird
erneut ersichtlich, dass » Computerprogramme nur denjenigen Zweck
haben können, der ihnen vom Menschen gegeben wird «.1603
Der Gesetzgeber sollte daher die Formulierung des objektiven Tat-
bestands dahingehend abändern, dass das gegenständliche Compu-
terprogramm nach seiner besonderen Beschaffenheit ersichtlich zur
Begehung eines der genannten Straftaten » geeignet « sein muss, ganz
gleichgültig zu welchem Zweck es ( ursprünglich ) geschaffen oder
1598 Siehe Bertel / Schwaighofer, BT I 12 § 126 c Rz 1.
1599 Siehe auch ER ( ETS 185 ) Pkt 73.
1600 Siehe Rey / Thumann / Baier, IT-Sicherheit, 1 ff; zu den IT-Sicherheitsunternehmen
siehe auch S 344 ff.
1601 Vgl BVerfG 18. 05. 2009, 2 BvR 2233 / 07 ( 2 BvR 1151 / 08, 2 BvR 1624 / 08 ).
1602 Anders als in § 126 c Abs 1 Z 1 ist in § 202 c Abs 1 Z 2 dStGB der Begriff » Zweck « ein
ausdrückliches, objektives Tatbestandsmerkmal; vgl » [ … ] Computerprogramme,
deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist [ … ] «.
1603 Siehe dazu auch Heghmanns, Straftaten gegen die betriebliche Datenverarbeitung,
in Achenbach / Ransiek ( Hrsg ), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht 3 ( 2012 ) 741 ( 762 ).
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik