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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
Sinngehalt betrachtet weniger gefährlich erscheint, als ein Zugänglich-
machen fĂĽr einen unbestimmten Adressatenkreis im Internet.
8. Abstraktes Gefährdungsdelikt
Obwohl davon auszugehen ist, dass die meisten Tathandlungen des
§ 126 c Abs 1 ( wie das Herstellen, Einführen, Vertreiben, Veräußern,
Sonst-Zugänglichmachen und idR Sich-Verschaffen ) eine von der Tat-
handlung zumindest gedanklich abtrennbare Wirkung in der AuĂźen-
welt 1671 hervorrufen ( Erfolgsdelikte ), was sich allein aus der Tatbe-
standsauslegung ergibt, liegt aus dem Blickwinkel der Beziehung zum
Zweck der Bestimmung mit § 126 c auch ein » abstraktes Gefährdungs-
delikt « bezüglich Malware vor. Denkt man va an die Gefährlichkeit von
Schadsoftware iSd § 126 c Abs 1 Z 1, wie zB Computerwürmer oder -vi-
ren, deren Schaden und Reichweite nicht einmal der Täter selbst abzu-
schätzen und zu kontrollieren vermag und die einzig und allein zum
Zweck der Schädigung konzipiert werden, so erfasst § 126 c Abs 1 be-
reits diese ( abstrakte ) Gefahr des Gebrauchs solcher Programme, in-
dem jeglicher Umgang mit ihnen ( einschlieĂźlich ihrer Herstellung )
pönalisiert wird. Dabei werden die Tathandlungen, wie zB das Herstel-
len von Computerwürmern, als so gefährlich eingestuft, dass dieses
Verhalten auch dann strafbar ist, wenn noch gar keine konkrete Ge-
fährdung oder Verletzung eingetreten ist.1672 Die Gefährlichkeit sämt-
licher Handlungen bezĂĽglich inkriminierter Schadprogramme wird
daher vom Gesetzgeber ( in abstracto ) unwiderleglich vermutet und
muss nicht erst ( in concreto ) eintreten oder gar bis zu einer Verletzung
des Rechtsguts führen. Ob diese Einschätzung auch für Zugangscodes
gilt, ist wohl mehr als fraglich, da solche idR – abgesehen vom Erlan-
gungs- 1673 bzw Herstellungsakt 1674 – stets zumindest einen weiteren
gezielten und sozialschädlichen Verwendungsakt erfordern, um eine
1671 Vgl generell zB Fuchs, AT I 8, Rz 10 / 40; Kienapfel / Höpfel / Kert, AT 14, Z 9 Rz 6 ff.
1672 Anzumerken ist an dieser Stelle, dass das Herstellen eines neuartigen Computer-
wurmprogramms als noch viel gefährlicher zu beurteilen ist als das Besitzen ei-
nes älteren – und somit den Virenschutzentwicklern und deren Antivirensoftware
meist bekannten – Schadprogramms.
1673 Zum Beispiel durch das Abfangen von Zugangsdaten mittels Sniffer-Tools in ei-
nem Netzwerk.
1674 Man denke etwa an sog » Brute Force «-Programme, welche Zugangscodes errech-
nen.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik