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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
im Allgemeinen die Schädigung sämtlicher konkreter Rechte einer Pri-
vatperson durch Täuschung von dieser Strafbestimmung erfasst wer-
den soll.1814
Das vom Täuschungstatbestand geschützte Rechtsgut liegt nach
den GMat 1815 in der » Freiheit der Willensbildung «, was auch die Ein-
ordnung unter die strafbaren Handlungen gegen die Freiheit erklären
soll.1816 Aufgrund dieser systematischen Einordnung und der Tatsa-
che, dass jedes konkrete Recht relevant für § 108 sein kann, liegt mE
sein Deliktsunwert primär in der Beeinträchtigung der Willensbil-
dung 1817, die durch die tatbestandliche Täuschungshandlung reprä-
sentiert wird 1818; selbige wird aber ebenfalls vom Tatbestand des Be-
trugs verlangt. Dass der überwiegende Unrechtsgehalt des § 108 in der
Täuschungshandlung liegt, legt aber auch schon der tatbestandsmä-
ßige Erfolg des § 108 ( Schädigung in einem Recht ) nahe, bei dem sich
aufgrund des weiten, inhaltlich unspezifizierten Rechteumfangs nicht
auf ein spezielles Rechtsgut schließen lässt. Zudem wird der Unrechts-
gehalt der Täuschung auch noch stärker bewertet als der des Betrugs,
was sich grundsätzlich in den unterschiedlichen Strafdrohungen zeigt.
Dagegen stellt aber § 108 gegenüber § 146 lediglich ein Ermächtigungs-
delikt dar.1819
Somit kommt § 146 in Vertretung des § 108, der Vermögensschädi-
gungen ( jedenfalls mit Bereicherungsvorsatz ) nicht erfasst, notwen-
digerweise auch die Funktion zu, das Rechtsgut der Willensbildungs-
freiheit zu schützen. Dies nicht zuletzt, weil nicht zu verstehen wäre,
warum die Willensbildungsfreiheit zwar in Bezug auf jedes konkrete
( weitgehend unspezifizierte ) Individualrecht, nicht aber in Zusammen-
hang mit dem Vermögen geschützt würde, nimmt doch gerade auch der
Vermögensschutz im Strafrecht eine zentrale Rolle bei den Individual-
1814 Vgl JAB 359 BlgNR XVII. GP, 15.
1815 Siehe ErlRV 30 BlgNR XIII. GP, 239.
1816 Unterschiedliche Ansichten finden sich bei Schmoller in SbgK § 108 und Bertel in
WK 2 § 108.
1817 Vgl sinngemäß auch Schmoller, Zum Tatbestand der Täuschung – § 108 StGB nach
dem StrafrechtsänderungsG 1987, in BMJ ( Hrsg ), Strafrechtliche Probleme der Ge-
genwart. 16. Strafrechtliches Seminar 1988 ( 1989 ) 1 ( 42 f ); aA OGH 03. 07. 1980, 12 Os
72 / 80.
1818 Siehe dazu Bergauer in BMJ, 35. Ottensteiner Fortbildungsseminar, 27 ( 33 ); ebenso
Bergauer, Phishing und Geldkuriere im Strafrecht, in Bergauer / Staudegger ( Hrsg ),
Recht und IT. Zehn Studien ( 2009 ) 109 ( 125 f ).
1819 Vgl § 108 Abs 3.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik