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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
A. Tatobjekt der Datenfälschung
Pönalisiert wird die Fälschung bzw Verfälschung von Daten iSd
§ 74 Abs 2. Tatobjekt sind demnach personenbezogene oder nicht per-
sonenbezogene Daten, aber auch Programme. Nach hM handelt es sich
dabei um Daten, die mangels Schriftform keine » Urkunden « sind.1910
Der Wortlaut des § 225 a ist aber in diesem Zusammenhang inso-
weit unscharf, als die » Eingabe, Veränderung, Löschung oder Unter-
drückung von Daten « angesprochen ist und die Begriffsbestimmung
von Daten in § 74 Abs 2 – anders als Art 7 CCC 1911 – gerade keine Aus-
sage darüber trifft, in welcher Form die Daten verarbeitet werden müs-
sen.1912 § 74 Abs 2 stellt nämlich – abgesehen vom Einschluss der Com-
puterprogramme – lediglich klar, welchen Informationsgehalt Daten
iSd Strafrechts haben können, nämlich einen personenbezogenen
oder nicht personenbezogenen. Mit dieser weitgefassten Absteckung
bzw Konturierung des Anwendungsbereichs wären aber grundsätzlich
auch konventionelle Daten zB auf Papier von § 225 a mitumfasst. Wür-
den daher solche Daten verändert oder unterdrückt, sodass zB falsche
Daten hergestellt oder echte Daten verfälscht werden, würde § 225 a in
echte Konkurrenz mit der Urkundenfälschung ( § 223 ) treten. Dass dies
nicht intendiert ist und unsachlich wäre, liegt auf der Hand. Die Prob-
lematik tritt daher wiederum nur deshalb in Erscheinung, weil der Ge-
setzgeber weder in der allgemeinen Begriffskonkretisierung des § 74
Abs 2 noch im konkreten Tatbestand des § 225 a eine Einschränkung
auf » automationsunterstützt verarbeitete, übermittelte oder überlas-
sene Daten « ( Computerdaten ) vorgenommen hat, wie es auch in § 126 a
Abs 1 gemacht wurde. Da sich nicht alle Tathandlungen des § 225 a aus-
schließlich über informationstechnische Manipulationen realisieren
lassen ( vgl zB die Eingabe von Daten ) muss im deliktsspezifischen
1910 Siehe dazu Thiele in SbgK § 225 a Rz 17 mwN; weiters Reindl in WK 2 § 225 a Rz 3
( Stand Juli 2006 ).
1911 Hier sind ausschließlich und ausdrücklich » Computerdaten « gemeint.
1912 Selbst für die » Programme « ist nicht eindeutig erkennbar, von welcher Darstel-
lungsform von Computerprogrammen der Gesetzgeber ausgeht ( zB Object Code
oder Source Code ). Über eine rahmenbeschlusskonforme ( bzw auch konventi-
onsgerechte ) Interpretation wird man wohl vom ausführbaren Maschinenpro-
gramm ( Object Code ) und mittels Interpreterprogramm unmittelbar ausführ-
baren Source Code ausgehen müssen, da in beide internationalen Vorgaben von
einem Programm die Rede ist, » das die Ausführung einer Funktion durch ein In-
formationssystem auslösen kann «.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik