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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
Die Opfer sollen durch das Vortäuschen von Tatsachen dazu ge-
bracht werden, ihre Zugangsdaten dem Täter preiszugeben. Für die Re-
alisierung dieses Zwecks werden zB – wie oben beschrieben – Websites
gefälscht oder E-Mails an Empfänger versendet, deren Aussehen und
Inhalt der offiziellen Aufmachung von seriösen und bekannten Bank-
instituten, Behörden oder Ähnlichem nachgebildet sind. Im Vertrauen
auf die Echtheit der Nachricht und des Absenders ĂĽbermittelt der Ge-
täuschte freiwillig Zugangsdaten an die vermeintliche Bank, wobei in
Wirklichkeit diese Daten dem Täter zufließen.
Im Anschluss daran werden die Daten vom Täter benutzt, um un-
ter der Identität des Phishing-Opfers, Online-Abbuchungen von des-
sen Konto bzw Online-Einkäufe mit der Kreditkarte des Getäuschten
zu tätigen oder auch » Face-to-Face « Transaktionen mit einem Bankan-
gestellten abzuwickeln. Um die geplanten Kontotransaktionen noch
vor der Aufdeckung der Phishing-Aktionen und Einleitung von Gegen-
maĂźnahmen durch ein Phishing-Opfer bzw in weiterer Folge durch die
Bank durchführen zu können, ist eine rasche Verwertung der so erhal-
tenen Daten » notwendig «.
( Exkurs Ende )
2. Strafrechtliche Beurteilung der Phishing Phase
Der erste Sachverhaltsabschnitts ( hier als Phishing-Phase bezeichnet )
beruht im Wesentlichen auf einer Täuschung über Tatsachen, die das
Opfer veranlassen soll, selbst seine Zugangsdaten gegenüber dem Tä-
ter preiszugeben. Der Betrug ( § 146 ) scheidet in der Phishing-Phase aus
folgenden Gründen aus: 1.) die Daten sind keine selbstständigen Wert-
träger; 2.) es fehlt an der Unmittelbarkeit des Vermögensschadens; 3.)
der Getäuschte schädigt sich nicht selbst, dies erfolgt vielmehr durch
den Täter, indem er die Daten entsprechend verwertet.1986 In den Fällen,
in denen der Täter das Opfer dazu verleitet selbst unmittelbar eine Ver-
mögensverfügung zu tätigen 1987, sind grundsätzlich die Bestimmun-
gen bezüglich des Betrugs §§ 146 ff zu untersuchen.
1986 Vgl auch bereits grundlegend Bergauer, RZ 2006, 82; weiters Bergauer in BMJ, 35.
Ottensteiner Fortbildungsseminar, 27 ( 28 ff ).
1987 ZB könnte das Opfer mittels eines gefälschten E-Mails dazu verleitet werden, di-
rekt Geld auf das Konto des Täters zu überweisen.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik