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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
schungshandlung kann daher nicht bzw schon lange nicht mehr ge-
sprochen werden.
Auch dass – wie Weiß hervorhebt – der Gesetzgeber die Beeinträch-
tigung der Willensbildungsfreiheit durch bloße Täuschung nicht ge-
nĂĽgen lassen wollte 2004, schadet der hier vertretenen Argumentation
nicht.
Gerade in Anbetracht des Phishing bietet sich nämlich ein solches
konkretes Individualrecht, das sich unproblematisch der Willensbil-
dungsfreiheit und der » informationellen Selbstbestimmung « – also der
Freiheit selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen
persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden 2005 – als » Freiheits-
rechte « zuordnen lässt, als Tatobjekt der Täuschung geradezu an. Es
handelt sich dabei um das » Grundrecht auf Datenschutz « iSd § 1 DSG
2000, das mit unmittelbarer Drittwirkung 2006 ausgestaltet ist. Genauer
gesagt ist das zentrale » Grundrecht auf Geheimhaltung « personenbe-
zogener Daten ( § 1 Abs 1 DSG 2000 ) als das relevante Individualrecht
anzufĂĽhren.
c. Das Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 Abs 1 DSG 2000
Es liegt auf der Hand, dass Verletzungen der Privatsphäre strafrechtlich
nicht sonderlich umfassend und streng geschĂĽtzt werden. Die ZurĂĽck-
haltung des Gesetzgebers in dieser Angelegenheit manifestiert sich im
Kernstrafrecht auch darin, dass die unter dem fĂĽnften Abschnitt mit
» Verletzungen der Privatsphäre und bestimmter Berufsgeheimnisse «
übertitelten Delikte ( §§ 118 bis 124 ) überwiegend als Ermächtigungs-
bzw Privatanklagedelikte ausgestaltet sind. Einzig die nebenstrafrecht-
liche Bestimmung des § 51 DSG 2000 wurde durch die DSG-Nov 2010 2007
durch Aufhebung des Abs 2 von einem Ermächtigungsdelikt 2008 zu ei-
nem reinen Offizialdelikt angehoben. Über die Konstellation des § 108
2004 Vgl WeiĂź, AnwBl 1989, 185.
2005 Vgl Berka, Datenschutz, 63.
2006 Siehe Berka, Verfassungsrecht 5, Rz 1265 und 1409; Drobesch / Grosinger, Das neue
österreichische Datenschutzgesetz ( 2000 ) 102; Jahnel in FS Schäffer, 313 ( 337 );
Jahnel, Handbuch, Rz 2 / 70; Duschanek / Rosenmayr-Klemenz, Datenschutzgesetz
2000 ( 2000 ) 15; die Rsp zur Vorgängerbestimmung des § 1 Abs 6 DSG 1978 ua VfGH
12. 10. 1989, G 238 / 88.
2007 BGBl I 133 / 2009.
2008 Vgl noch die Fassung vor der DSG-Nov 2010.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik