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422 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
kung nach den Eingriffstatbeständen des § 1 Abs 2 DSG 2000, der Ein-
griff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel füh-
renden Art vorgenommen werden darf.2049 Der Verfassungsgesetzgeber
betont damit insb das » Gebot des gelindesten Mittels « ( auch Verhält-
nismäßigkeit im engen Sinn genannt ). Zur Frage, ob eine Datenver-
wendung auch tatsächlich das gelindeste Mittel darstellt, gelangt man
aber erst, wenn die allgemeinen Voraussetzungen der Verhältnismä-
ßigkeit – wie sie der VfGH konkretisiert hat ( Öffentliches Interesse,
Eignung, Erforderlichkeit, Adäquanz ) 2050 – erfüllt sind.2051 Ein massi-
ver Grundrechtseingriff zur Beförderung eines sehr schwachen öffent-
lichen Interesses könnte nämlich das gelindeste Mittel und dennoch
unverhältnismäßig sein.
Aber auch ein konkreter an sich gesetzlich zulässiger Eingriff in das
Grundrecht wäre ebenfalls unzulässig, wenn er nicht in der jeweils ge-
lindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen würde, was insb auch
für Eingriffe einer staatlichen Behörde von Relevanz ist.2052 Stellt sich
nämlich heraus, dass eine Maßnahme nicht das schonendste Mittel
zur Zweckerreichung ist, würde sich die Vornahme einer Interessenab-
wägung erübrigen.2053
Für Gesetze, welche die Verwendung von personenbezogenen Da-
ten, die besonders schutzwürdig sind ( vgl sensible Daten ) vorsehen,
werden die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit durch § 1 Abs 2
zweiten Satz DSG 2000 weiter angehoben. Solche Gesetze dürfen aus-
schließlich zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen in Erwägung
gezogen werden und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für
den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen.
Alle » Teilgrundrechte « des Grundrechts auf Datenschutz beziehen
sich auf personenbezogene Daten. In der Legaldefinition des § 3 Z 1
DSG 1978 2054 wurde der Begriff » Daten « noch mit » auf einem Datenträ-
ger gespeicherte Angaben « näher beschrieben, sodass es hieß:
2049 DSK 18. 11. 2009, K121.501 / 0016-DSK / 2009.
2050 Siehe dazu bespw VfSlg 17.065 / 2003; VfSlg 17.940 / 2006.
2051 Vgl Berka, Verfassungsrecht 5, Rz 1299 f.
2052 Vgl dazu auch VfSlg 16.369 / 2001.
2053 Siehe OGH 19. 12. 2005, 8 Ob 108 / 05y = ÖJZ EvBl 2006 / 67, 376 ( Noll ), wobei dieses
Ergebnis unter Bezugnahme auf § 16 ABGB iVm Art 8 EMRK erzielt wurde. Der ex-
plizite Hinweis auf das » Gebot des gelindesten Mittels « in § 1 Abs 2 DSG 2000 wäre
jedoch ebenfalls ausreichend gewesen ( siehe Jahnel, Handbuch, Rz 2 / 69 ).
2054 DSG 1978, BGBl 565 / 1978; Durch die DSG-Nov 1986 ( BGBl 370 / 1986 ) wurde diese
Formulierung in » auf einem Datenträger festgehaltene Angaben « geändert.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik