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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
3. Sich- oder Einem-anderen-Verschaffen
Beim Sich-Verschaffen hingegen geht einzig die Initiative vom Täter
selbst aus. Ein Vorbesitzer muss gar nicht bekannt sein, und es spielt
auch keine Rolle, ob der Sich-Verschaffende mit bzw ohne Einverständ-
nis oder gar gegen den ausdrĂĽcklichen Willen des vorherigen Inhabers
an die Sache gelangt. Jede Form der Gewahrsamserlangung ist denk-
bar. Auch der Fund eines inkriminierten Zahlungsmittels – selbst wenn
der Vorbesitzer den Gewahrsam daran schon aufgegeben hat – fällt un-
ter das Sich-Verschaffen, da der Täter selbst aktiv werden muss, um
das FundstĂĽck in seinen Gewahrsam zu ĂĽberfĂĽhren.2187 Im Anschluss
daran besitzt er es.
Einem anderen verschafft ( § 241 b Fall 3 ) es der Täter, wenn auf-
grund seines Tätigwerdens das Tatobjekt in die Verfügungsmacht des
Empfangenden gelangt.2188 Würde man hier – aufgrund der in den
GMat unterstellten Ähnlichkeit mit der Hehlerei – nun eine Interpre-
tationsanleihe bei der Tathandlung des § 164 Abs 2 dritter Fall ( arg » ei-
nem Dritten verschafft « ) nehmen, so wäre derjenige erfasst, der eine
solche Sache – ohne dabei selbst Verfügungsmacht erlangt zu haben,
einem Dritten vermittelt.2189 Dies wäre nicht sachgerecht. Meines Er-
achtens soll die Tathandlung des § 241 b » Einem-anderen-Verschaffen «
jede vom Täter aktive Tätigkeit zur Gewahrsamsverschaffung für einen
anderen erfassen. Die Grenze zur Tathandlung » Einem-anderen-Über-
lassen « lässt sich erneut mit der Betrachtung des jeweiligen Initiators
ziehen. Denn letztere Handlung wird vom Ăśbernehmer angeregt, der
das Tatobjekt erlangen will. Der Ăśberlassende willigt ein und ĂĽbergibt.
Tatsächlich aber sind die Handlungsbeschreibungen der Gruppe des
» An-sich-Bringens « gleichwertig, eine genaue Unterscheidung muss im
Einzelfall nicht durchgeführt werden. Dies betrifft die Fälle des § 241 b
Fall 1 und 2.
2187 AA Bertel / Schwaighofer, BT II 11 § 241 b Rz 1.
2188 Siehe Hinterhofer / Rosbaud, BT II 5 § 241 b Rz 4.
2189 Siehe Kirchbacher in WK 2 § 164 Rz 2 ( Stand September 2011 ); auch Fabrizy, StGB 11
§ 164 Rz 9.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik