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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
lichkeit 2349 ausschlaggebend sein. Die Abgrenzung zum bloßen wis-
sentlichen Zugreifen ( Abs 3 a ) liegt dabei in der Tatsache, dass man
über Bilder, die man im Internet bloß betrachtet, nicht auch vollstän-
dig und umfassend verfügen kann. Man hat lediglich Zugriff auf den
Inhalt. Es ist also in diesem Fall die uneingeschränkte Verfügungs-
möglichkeit iS einer tatsächlichen Herrschaft über die Tatobjekte samt
Bezug habender vollständiger Einwirkungsmöglichkeit auf die Daten
( noch ) nicht gegeben, wohl aber die Kenntnisnahmemöglichkeit. Die
Computerdaten müssen im Sinne einer umfassenden Verfügungsmög-
lichkeit für den Täter technisch uneingeschränkt verarbeitbar und
wahrnehmbar sein. Das bedeutet, dass sie in seine Verfügungsmacht
gelangt sein müssen, wo er die Dateien löschen, verändern, verschie-
ben, kopieren 2350 oder betrachten kann. Dass auch andere Personen
mit denselben Verfügungsmöglichkeiten über diese Daten ausgestat-
tet sein können, schadet nicht. Um über Dateien auf Websites im Inter-
net umfassend verfügen zu können, müssen die Daten grundsätzlich
erst reproduziert und abgespeichert werden. Diese Handlungen, insb
die dazu notwendige Verfügungsberechtigung über die Daten, grenzen
aber das bloße Zugreifen im Internet vom Sich-Verschaffen klar ab.
Der bloße Aufruf einer Website im Internet, auf der sich kinderpor-
nographische Bilder befinden, stellt mE aber bereits dann ein Sich-Ver-
schaffen iSd § 207 a Abs 3 dar, wenn der Täter weiß, dass sich diese mit
dem Laden der Daten auch in den Arbeitsspeicher bzw Internet-Cache
seines Computers übertragen. Eine Besitzstrafbarkeit muss hierbei
noch gar nicht eingetreten sein. Eine Aufrechterhaltung iS einer ge-
wissen Dauerhaftigkeit der Speicherung ( auf einem permanenten bzw
semi-permanenten Datenträger ) spielt in weiterer Folge lediglich für
eine Einordnung unter die Besitz-Tathandlung eine Rolle, nicht für die
Handlungsweise des Sich-Verschaffens.
c. Besitzverbot
Besitz ist prinzipiell jede Form des Gewahrsams an den Darstellun-
gen, selbst wenn dieser ohne das Zutun des Täters begründet wurde.2351
2349 Je nach Delikt zB Verfügungsmöglichkeit ( § 207 a Abs 3 ) bzw Kenntnisnahmemög-
lichkeit ( § 126 c Abs 1, § 254 ).
2350 Im Sinne von » automationsunterstützt verarbeiten «.
2351 Vgl Bertel / Schwaighofer, BT II 11 § 207 a Rz 10; vgl Hinterhofer in SbgK § 207 a Rz 59;
weiters Philipp in WK 2 § 207 a Rz 20.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik