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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
bloßen Vervielfältigung der Bilddateien im flüchtigen Arbeitsspeicher,
sind die Dateien, selbst wenn sie in einem grundsätzlich 2359 temporär
angelegten Verzeichnis gespeichert sind, längerfristig verfügbar und
jederzeit abrufbar.2360
Das bloĂźe Erreichen des Besitzzustands iSd faktischen umfassen-
den Verfügungs- und Wahrnehmungsmöglichkeit, wird im Fall des
§ 207 a Abs 3 auch bereits vom Sich-Verschaffen miterfasst. Das Besit-
zen, als eigenständige Tathandlung neben dem Sich-Verschaffen, ist
aber als ein Verhalten des Täters zu verstehen 2361, das über die faktische
Besitzerlangung hinausgeht, weshalb die Erlangung der VerfĂĽgungs-
möglichkeit über digitale Darstellungen bzw Gewahrsamsverschaf-
fung bei körperlichem Bildmaterial vollendet und die Verfügungs- bzw
GewahrsamsausĂĽbung auf eine gewisse Aufrechterhaltung ausgelegt
sein muss. Das verbotene Bildmaterial befindet sich daher bei der nun-
mehrigen Auseinandersetzung mit dem Besitz – unabhängig wie auch
immer es in den Gewahrsam gelangt ist – auf einem körperlichen Da-
tenträger, der dem Gewahrsam des Täters zugerechnet wird.
Die Tathandlung des Besitzens bezieht sich – anders als bspw das
Zugreifen im Internet ( Abs 3 a ) – nach hM auf rein körperliche Gegen-
stände, denen eine inkriminierte Darstellung anhaftet.2362 Erst wenn da-
her die Bilddateien zB auf der Festplatte gespeichert sind, können sie
strafbar besessen werden.2363 Mit anderen Worten, nach hM ist an Com-
puterdaten selbst, dh in einer vom Datenträger losgelösten Form, kein
Gewahrsam und daher auch kein Besitz ( im strafrechtlichen Verständ-
nis ) möglich. Der Datenträger ist aber in diesem Fall nur der Träger-
körper des tatbestandlichen unrechtsbehafteten Tatobjekts. Der ( neut-
rale ) Datenträger stellt nicht das eigentliche Tatobjekt der Bestimmung
dar, deliktsspezifisches Tatobjekt ist nur dessen ( nunmehriger ) inkri-
minierter Inhalt ( hier: eine » pornographische Darstellung Minderjäh-
riger « ). Es kann daher vorkommen, dass im Zuge des Sich-Verschaf-
fens von kinderpornographischen Dateien diese auf einem bereits im
( rechtmäßigen ) Besitz des Täters befindlichen Datenträger gespeichert
2359 Über die temporären Internetdateien und eine etwaige Abspeicherung dieser
kann der Nutzer selbst ĂĽber entsprechende Browser-Einstellungen disponieren.
2360 Siehe dazu auch Vgl Hinterhofer in SbgK § 207 a Rz 61.
2361 Vgl Hochmayr, Besitz, 85.
2362 Siehe Hochmayr, Besitz, 6; weiters Reindl-Krauskopf, Computerstrafrecht 2, 88.
2363 Vgl Hochmayr, Besitz, 6 mwN.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik