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492 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
werden, weshalb fĂĽr die Verwirklichung des anschlieĂźenden Besitzes
die zuerst unauffällige – im Gewahrsam des Täters befindliche – Fest-
platte zu einem wesentlichen Teil des Besitzdelikts wird. Ein » neuer Be-
sitz « wird aber dadurch – wie oben ausgeführt – nicht begründet.
Im Zusammenhang mit dem Besitz und der » faktischen Eigen-
schaft der Gesamtsache « – nicht aber was die Gewahrsamserlangung
betrifft – könnte sich daher mE eine andere Situation ergeben, als die
oben zum Sich-Verschaffen dargestellte. Als Vergleich kann ein ge-
wöhnliches ( strafrechtlich unbeachtliches ) Eisenstück betrachtet wer-
den, das sich im Besitz des Täters befindet. Verändert der Täter dieses
EisenstĂĽck so, dass daraus ein verbotener Schlagring entsteht, so darf
das EisenstĂĽck in dieser Eigenschaft ( weil verbotene Waffe ) nicht mehr
besessen werden.2364 Diese Transformation hat folglich nichts mit der
Begründung eines neuen Gewahrsams zu tun, sondern mit der Verän-
derung der Eigenschaft einer bereits vorhandenen Sache, sodass dar-
aus ein verbotener Gegenstand wird, an dem ein Besitzverbot besteht.
Eine solche Eigenschaftsveränderung kann aber mE nur in Anbetracht
eines Besitzdelikts eine Rolle spielen und nicht fĂĽr den Vorgang des
Sich-Verschaffens, weil sich Letzterer – nach offensichtlicher, aber wi-
dersprüchlich formulierter Ansicht des Gesetzgebers – auf das Ver-
schaffen eines körperlichen Gegenstandes beziehen muss, während-
dessen sich bei der Prüfung einer Besitzstrafbarkeit schon naturgemäß
die Sache im Besitz des Täters befinden muss.2365
Nur im Fall des Besitzens wäre daher ein solcher Ansatz, dass nun
ein Objekt eines unerlaubten Besitzes vorläge, denkbar.2366
Der verbotene Informationswert, der nunmehr auf der Festplatte
gespeichert ist, macht aber den Datenträger selbst nicht zum gefährli-
chen Gegenstand, da es sich – anders als beim Schlagring – dabei nicht
um eine unveränderbare Eigenschaft handelt. Vielmehr ist die Fest-
platte als sozial adäquates Trägermedium 2367 nur vorübergehend, aber
faktisch, zum Tatmittel des Besitzes von Tatobjekten avanciert ( » tech-
nischer Besitzdiener « ).
2364 Vgl § 17 Abs 1 Z 6 WaffG 1996, BGBl I 12 / 1997 idgF.
2365 Daher auch in Form der Verkörperung auf einem Datenträger, unabhängig davon,
wie er an die verbotenen Bilddateien gekommen ist.
2366 AA JAB 106 BlgNR XXIV. GP, 34.
2367 Es ist gerade die Bestimmung einer Festplatte, dass sie willkĂĽrliches Beschreiben,
Lesen und Löschen von den unterschiedlichsten Daten ermöglicht.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik