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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
hätte er es wohl auch in beiden Bestimmungen verwenden können bzw
mĂĽssen.2440 Wesentlich ist, dass in keiner Bestimmung eine Entgeltlich-
keit des Konsums der Tatobjekte eine Rolle spielt. Mein Vorschlag wäre,
die Tathandlungen sprachlich dem § 207 a Abs 3 a anzugleichen und die
Strafbarkeit iSd § 215 a Abs 2 a ebenfalls auf den Verschaffungsakt vor-
zuverlegen. Was die Wahrnehmung der Darbietung im Wege einer Di-
rektübertragung zB im Internet anlangt, so könnte ebenfalls – wie das
» Zugreifen « in § 207 a Abs 3 a – auf eine Audio-Video neutrale Begriff-
lichkeit abgestellt werden, wie zB » wahrnimmt « 2441, » zugreift « 2442 bzw
» sich zugänglich macht « oder ggf » benützt «. Um daher sämtliche als
strafwĂĽrdig erachtete Sachverhaltsvarianten zu erfassen, sollten meh-
rere Handlungsalternativen auch gesetzlich angefĂĽhrt werden. Dabei
könnte zumindest an eine generalklauselartige Auffangtathandlung
wie » oder sich sonst zugänglich macht « gedacht werden. Andernfalls
wäre zwar das Zugreifen auf eine kinderpornographische Abbildung
im Internet ( auch ) für einen Blinden als Täter strafbar ( § 207 a Abs 3 a ),
nicht aber das Betrachten eines audiovisuellen Live-Streams einer kin-
derpornographischen Darbietung.
Mag § 215 a Abs 2 a hins des Betrachtens gegenüber dem Zugreifen
in § 207 a Abs 3 a enger sein, so ist § 215 a Abs 2 a, was die weiteren Tat-
modalitäten anlangt, dennoch weiter gefasst. Wie oben ausgeführt,
macht sich gem § 207 a Abs 3 a nur strafbar, wer auf pornographische
Darstellungen ( wissentlich ) im » Internet « zugreift. § 215 a Abs 2 a kennt
so eine Einschränkung nicht. § 207 a Abs 3 a ist daher – anders als § 215 a
Abs 2 a – medien- bzw technikgebunden.2443
9. Subjektive Tatseite
Auf der subjektiven Tatseite muss der Täter in seinem Tatbildvorsatz
wissentlich iSd § 5 Abs 3 handeln. Demzufolge muss er es für gewiss
halten, dass ein Minderjähriger ( § 215 a Abs 2 a erster Satz ) bzw ein Un-
mündiger ( § 215 a Abs 2 a zweiter Satz ) an der pornographischen Dar-
bietung mitwirkt.
2440 Siehe dazu JAB 106 BlgNR XXIV. GP, 34; etwa in die Richtung Hinterhofer in SbgK
§ 207 a Rz 61.
2441 Was sämtliche menschliche Sinne mitumfassen würde.
2442 Siehe § 207 a Abs 3 a.
2443 Mehr dazu oben S 499 ff.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik