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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
Gerade was nämlich die Grundintention des PornG – im Gegensatz
zu den teleologischen Zielen des Urkundenstrafrechts – anlangt, ist
nicht zu verstehen, warum auf das strenge Schriftverständnis des » Ur-
kundenstrafrechts « abgestellt werden sollte. Es muss doch wohl aus in
der hier interessierenden Thematik die formale Umschreibung, dass
eine Schrift alle Zeichen erfasst, » die dazu dienen, einen Gedanken zu
verkörpern und für andere lesbar zu machen « ausreichend sein.2460
Es ist daher Schmölzer beizupflichten, wenn sie argumentiert, dass
in diesem Zusammenhang auch der Text auf einem Bildschirm eine
solche Schrift darstellen sollte, da auch in diesem Fall ein Gedankenin-
halt fĂĽr jemanden ĂĽber eine gewisse Zeit lesbar ist und es ohnehin we-
der auf die verwendete Schriftart oder Sprache, noch auf das Schreib-
material ankommt.2461
Auch Reindl-Krauskopf schlieĂźt eine Interpretation der Schrift iZm
dem PornG, die sich nicht am Urkundenstrafrecht orientiert, nicht
aus, meint aber dann doch, dass man iSd Einheit der Rechtsordnung
vom selben Begriff ausgehen sollte.2462 Dies ist mE jedoch keine ausrei-
chende BegrĂĽndung, weil es doch nicht um die Vergleichbarkeit von
Begriffen, sondern um kriminalpolitische Zwecke geht. Das Pornogra-
phiegesetz als spezielles Sachgesetz – wie auch in anderem Zusammen-
hang das DSG 2000 – regelt eine Materie, die ihre eigenen Wertvorstel-
lungen und Begrifflichkeiten besitzt. Der Gesetzgeber sollte daher zur
Klarstellung eine – gegenüber dem Urkundenstrafrecht neutrale – ma-
terienübergreifende Legaldefinition der » Schrift « schaffen, auf die das
strenge Schriftlichkeitserfordernis des Urkundenstrafrechts in weite-
rer Folge bloĂź aufbaut.
Indiziert der Gegenstandsbegriff auch eine gewisse Dauerhaf-
tigkeit der körperlichen Fixierung 2463, so ist diese mE ebenso in der
Form einer fortgesetzten Reproduzierbarkeit der Darstellung gegeben.
Eine solche wäre dabei auch bei einer Text- bzw Binärdatei in einem
gewöhnlichen Dateiformat 2464 gegeben, die zwar ubiquitär verwend-
2460 Zu dieser Aussage grundlegend Kienapfel / Schroll in WK 2 § 223 Rz 28.
2461 Siehe Schmölzer in Jahnel / Schramm / Staudegger, Informatikrecht 2, 335 ( 362 f ).
2462 Vgl Reindl-Krauskopf, Computerstrafrecht 2, 45.
2463 Keine Dauerhaftigkeit besitzen daher zB Zeichen in den Sand, in den Schnee oder
auf eine beschlagene Fensterscheibe geschrieben ( vgl Kienapfel / Schroll in WK 2
§ 223 Rz 36 ).
2464 Dateiformate ermöglichen den jeweils durch ein spezielles Format ( zB Musik-
bzw Videodatei, Bild- oder Textdatei ) festgelegten Zugriff auf die Inhalte der Da-
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Das materielle Computerstrafrecht
- Title
- Das materielle Computerstrafrecht
- Author
- Christian Bergauer
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 700
- Keywords
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Categories
- Informatik
- Recht und Politik