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Arierparagrafen in alpinen Vereinen 31
Abkunft“Mitgliederwerdenkönnten.30DiechristlichsozialeReichspostschrieb:
„AuchderTouristenvereinwill judenreinwerden“.31
Gut dokumentiert ist, wie bereits erwähnt, die Geschichte des Arierpara-
grafen im Deutschen und Oesterreichischen Alpenverein.32 Sie reicht zurück
bis in das Jahr 1899, als dieMarkBrandenburg als erster Teilverein Juden for-
malausschloss.DieMotivation,eine„Arbeitsgemeinschaft zugründen,dieauf
völkischerGrundlage aufgebautwar“,wurde– sowar in einer Festschrift aus
dem Jahr 1924 zu lesen– „nicht eingegeben von irgendwelcherMinderbewer-
tungdermoralischenEigenschaftenundgeistigenFähigkeitenunsererMitbür-
gersemitischerHerkunft, sondernausschließlichvondemBestreben–ichwer-
deverstanden,wenn ich sage–unteruns zu sein.“33Andere lokaleVersuche,
Arierparagrafen einzuführen, wurden dagegen abgelehnt. Die Sektionen des
Alpenvereins „waren selbständigeRechtspersönlichkeiten,währenddie recht-
liche Konstruktion des länderübergreifendenDachverbandes lange Zeit unge-
klärt blieb.“34 Es folgtenZentralisierungsschritte, ab 1911 kamdemsogenann-
tenHauptausschussdesVereinseinewichtigeRollezu.Erverweigertebisnach
dem ErstenWeltkrieg entsprechende Vorhabenmit der Begründung, der Al-
penverein dürfe nicht in Gefahr geraten, als politischer Verein betrachtet zu
werden, stand aber unter zunehmendem „Druck von deutschnationaler Sei-
te“.35 Im Jahr 1919 stellte die Sektion Villach (Kärnten) den Antrag an die
Hauptversammlung des Vereins, den einzelnen Sektionen Arierparagrafen zu
erlauben. Der Antragwurde angenommen, ein Jahr später stellten die Sektio-
nen Villach und Graz Anträge auf entsprechende Satzungsänderungen. Der
Hauptausschuss stellte mit überwältigender Mehrheit fest: „Die Prüfung der
Aufnahmefähigkeit ist allein Sache der Sektionen“,36 und genehmigte damit
dieArierparagrafenderbeidenSektionen.DassolltezwarkeinPräjudiz fürden
Gesamtvereinsein–vieleSektionen,vorallem inÖsterreich, folgtenaberdem
Beispiel. „Nur inder größtenWiener Sektion, derAustria, stießdieBewegung
auf Widerspruch.“37 Nach mehreren, zum Teil tumultartigen Sitzungen be-
30 GrazerMittags-Zeitung (30.4. 1921) 2.
31 Reichspost (25.3. 1921) 6.
32 Vgl.MartinAchrainer, „So, jetzt sindwirganzunteruns!“Antisemitismus imAlpenverein.
In: Hanno Loewy, GerhardMilchram (Hg.), „Hast du meine Alpen gesehen?“ Eine jüdische
Beziehungsgeschichte (Hohenems 2009) 288–317.
33 Zit.nachKlausKundt,Erfolge–Intrigen–Intoleranz.DieGeschichtederBerlinerBergstei-
ger bis 1945, (SchriftenderDAVSektionBerlin 3, Teil 2, Berlin 2009) 5.
34 Achrainer, Unter uns, 291.
35 Achrainer,Mailänder, DerVerein, 219.
36 Achrainer, Unter uns, 293.
37 Achrainer, Unter uns, 293.
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Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Title
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Subtitle
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Authors
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 376
- Categories
- Geschichte Nach 1918