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32 2 Arierparagrafen und andere Ausschlussmechanismen
schlossdieSektionAustria schließlich imOktober 1924„mit kargen46Gegen-
stimmen“dieAnnahmedesArierparagrafen.VieleJudenwareninzwischender
neuenSektionDonaulandbeigetreten, der einzigen, dienoch Judenaufnahm.
Nachdem Versuche, diese Sektion aus dem DuOeAV auszuschließen, vorerst
scheiterten,schikaniertendieantisemitischenSektionenDonauland-Mitglieder
mit allenMitteln. Eine zentraleRolle spieltendabeidieVerweigerungderHüt-
tennutzung und der Versuch, Donauland-eigene Hütten zu verhindern. Das
hattemehr als nur symbolischeBedeutung:Der Zutritt zuden vereinseigenen
Schutzhüttenwar für längereTourenunerlässlich.Am12.Dezember 1924wur-
de die SektionDonauland aus demDuOeAVausgeschlossen, etwa 95 Prozent
der Sektionen stimmten zu oder enthielten sich der Stimme.38 Zwarwurde im
Gesamtverein erst 1938derArierparagraf eingeführt, inÖsterreichgabes aber
zudiesemZeitpunktnurmehrvier (vonetwa100)Sektionen,diekeinenArier-
paragrafen in ihrenSatzungenhatten.39
De factomarkiert das Jahr 1924dasEndedesKampfesgegendie Juden im
Alpenverein, dermehr erstrebte, als nur „unter uns“ zu sein:40 Dieser Kampf
warvonvornhereinzurDurchsetzungdesvölkischenPrinzipsgegeneine libe-
rale Gesellschaftsordnung aufgenommen und geführt worden.41 DieWirkung
der Auseinandersetzung im Alpenverein ging weit über den Alpinismus hi-
naus, denn einerseits waren auch die Tageszeitungen Berichterstatter (zum
Teil auch Akteure), andererseits wurde er von zahlreichen antisemitischen
Organisationen (mit nur zum Teil personellen Überschneidungen mit dem
DuOeAV) genutzt. Symbol war das völkische Hakenkreuz, auf das sich viele
antisemitische Organisationen einigen konnten. Die Bezeichnung „Haken-
kreuzler“bedeutete inden frühen1920er-Jahrennochnichtunbedingt „Natio-
nalsozialist“, sondernkannetwasbreiter als „Antisemit“ verstandenwerden.
38 Achrainer,Mailänder, DerVerein, 241.
39 Achrainer,Mailänder, Der Verein, 241. Auch diese Sektionen diskriminierten Juden, etwa
durchHüttenverbot oder demVerlangeneiner Erklärungüber „arischeAbkunft“.
40Wichtig für die Frage von Zuschreibungen des „Jüdischseins“ und von Jewish difference
erscheint in diesemKontext auch das Faktum, dass der Sektionsvorsitzende der Austria und
vormaligedrittePräsidentdesDuOeAV,Dr. JosefDonabaum, trotzklarerGegenbelegebisheu-
te oft als „jüdisch“ tituliert wird, vgl. etwa MarinaMaisel, Ausstellung „Wo das Edelweiß
blüht“. In: JüdischeAllgemeine (3.6. 2010), onlineunterhttp://www.juedische-allgemeine.de/
article/view/id/7540 KlausKundt,„Juden undMitglieder der Sektion Donauland unerwünscht“.
In:Gedenkstättenrundbrief 117 (2002) 19–28.
41 Achrainer, Unter uns, 289.
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Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Title
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Subtitle
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Authors
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 376
- Categories
- Geschichte Nach 1918