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in demText.40 Trotz dieser proletarischenKonnotationen existiertennachder
institutionellenTrennungvonVAFÖundÖFB im Jahr 1926keine institutionel-
len BindungenRapids zum sozialdemokratischenArbeitersport, der Klubwar
einVertreter des bürgerlichen Profifußballs undnie Teil des sozialdemokrati-
schenArbeitersports. „Inder sozialenZusammensetzungderFunktionärsriege
waren Arbeiter eher die Ausnahme, bestand diese in der Zwischenkriegszeit
dochvorallemaus langgedientenVereinsangehörigen, lokalenKleinunterneh-
mern, leitendenAngestellten, städtischenBeamtenoder Journalisten.“41Topo-
grafisch bildete derWestenWiens das Einzugsgebiet des Vereins; seineWur-
zelnhattederKlubaufderSchmelz, imSchnittpunktderBezirkeRudolfsheim,
Ottakring undNeubau.42 Ab 1912 fand der Verein inHütteldorf seineHeimat,
im damaligen 13. Gemeindebezirk.43 Die kulturelle Verortung Rapids und die
Rivalitätmit dem„jüdisch“konnotiertenFKAustriawürdenvermuten lassen,
dass Rapid als „Club der kleinbürgerlichen undArbeiterschichten den Juden
weitgehendverschlossen“ blieb.44 Tatsächlichwar die Situation aber deutlich
komplexer. In „Die Vorstadt führt!“ ist es mit Rapid-Präsident Hans Fischer
ein weiterer aus dem Judentum ausgetretener Konvertit, der als „Sieger“ des
kulturellenWettkampfsderVereinegefeiertwird.Unter denFunktionärendes
SportklubRapid –deren dominante Figur in diesen Jahrzehnten der Fußball-
sektionsleiterDionysSchöneckerdarstellte–warenvon 1919bis 1938mindes-
tens 16 Prozent aus jüdischen Familien, darunter zwei Vereinspräsidenten.45
Diesentspricht inetwaderBevölkerungsstrukturWiens indiesen Jahren, jüdi-
scheFunktionärewarenalsonichtunterrepräsentiert, ihrAnteil lagaberdoch
deutlichunter demProzentsatz bei vergleichbarenKlubswie derVienna oder
denCricketern.
HansFischer (geb. 1882 inWien)warabden frühen 1920er-Jahren imVor-
stand Rapids tätig, von 1925 bis 1928 als Klubpräsident. Ähnlich wie Rudolf
40 DieVorstadt führt!, Illustriertes Sportblatt (8. 10. 1927) 7.
41 JakobRosenberg, Georg Spitaler, Performative jüdische Identitäten imWiener Fußball der
Zwischenkriegszeit. Das Beispiel des Sportklub Rapid. In:Hödl (Hg.), Nicht nur Bildung, 63–
81, hier 67.
42 Domenico Jacono (Bearb.): SportklubRapid. In:WienGeschichteWiki,onlineunterhttps://
www.wien.gv.at/wiki/index.php/Sportklub_Rapid (8.August 2017).
43 Seit 15.Oktober 1938 istHütteldorf Teil des 14. Bezirks.
44 MichaelBrenner,WarumJudenundSport? In:Brenner,Reuveni (Hg.), Emanzipation, 7–14,
hier 11.
45 ZuLeoDeutsch, Rapid-Präsident 1920–1922, undeinigenanderen jüdischenFunktionären
undSpielern vgl. JakobRosenberg, Georg Spitaler, Grün-weißuntermHakenkreuz.Der Sport-
klubRapid imNationalsozialismus (1938–1945).UnterMitarbeit vonDomenico JaconoundGe-
raldPichler (Wien 2011) 51ff.
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Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Title
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Subtitle
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Authors
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 376
- Categories
- Geschichte Nach 1918