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Raum und jüdische Differenz im Wiener Fußball 123
etwa imHinblick auf der Verhältnis zur „jüdischen“ Presse, Geschäftstüchtig-
keit oder FragenvonProfitumundAmateurismus. Sohießesdarin etwa:
„MitgroßemTam-TamalsWiener-Amateur-Sportvereingegründet,wolltedieserClubvon
vorneherein höher eingeschätzt sein als die übrige Fußball spielende PlebsWiens. Der
gewisse gesellschaftliche Anstrich, den sich dieser Verein zu gebenwusste, führte ihm
auchbald jenenAnhang zu,der ihnheutenochcharakterisiert. Dienumerischwohl ver-
schwindende, finanziell aber recht leistungsfähige Gesellschaft aus dem Kai-Viertel,
reichgewordene jüdischeKaufleute, die aber alles leichter verwindenkönnenalsmitden
Juden derHakoah in einen Topf geworfen zuwerden. ‚Vornehmum jeden Preis‘ ist ihre
Marke. Diese Vereinigung, die schon in ihrem Namen einen Affront gegen die übrigen
Wiener Fußballvereine gelegt hat,wurde ihrem in alleWelt hinausposauntenGrundsatz
desAmateurismusnurzubalduntreu. Ja,nichtnurdas,miteinerDeutlichkeit,dieander-
wärts vergeblich gesucht werden wird, stellen die Amateure ihren ganzen Sportbetrieb
nur auf die Fülle ihrerBrieftasche ein.“ 61
Erster SimmeringerSportclub (ISSC)
KeineErwähnungimBeitrag„DieVorstadt führt!“ findetderErsteSimmeringer
Sportclub, ein weiterer traditioneller Vorstadtverein: Das verwundert nicht,
dennder 1901 gegründeteVereindurchlief zudiesemZeitpunkt eine existenz-
bedrohende finanzielleKrise, die ihnalsBeispiel für die gesundeVorstadtun-
brauchbarmachte.Wie auch Rapid kann der Simmeringer SC als stark lokal
verankerter Repräsentant eines Wiener Gemeindebezirkes gesehen werden,
dessen Spieler, Funktionäre undAnhängerInnen sich fast durchwegs aus der
unmittelbaren Nachbarschaft rekrutierten. Auch die Sportplätze des Vereins
befanden sich an zentralen Orten des Bezirkes.62 Hinsichtlich seiner sportli-
chenErfolge konnte sich Simmering zwar nichtmit Rapidmessen, dochwur-
den die Matches oft als Auseinandersetzung zweier typischer Vorstadtklubs
charakterisiert.
In finanzielle Schwierigkeiten geriet der ISSCaus zweiGründen: Zumers-
ten hatten die Stadtverwaltung und der sozialdemokratisch dominierte Fuß-
ballverbanddemKlubangeboten, einenvomVerein errichtetengroßenSport-
platz sowohl für parteinahe Veranstaltungen als auch für Länderspiele zu
nutzen.NachdemderBauaberabgeschlossenwar,wurdeersteresVersprechen
nicht eingehalten,während er sich für Zweiteres alsweitgehendunbrauchbar
61 Sport-Montag (11.6. 1923) 15, zit. n.Hafer,Hafer,HugoMeisl, 113.
62 MatthiasMarschik, Simmering.Brutalität?AufderHadhot’s anSchneidaverwaht. In:Ep-
pel et al. (Hg.),Wuchtel, 112–117.
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Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Title
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Subtitle
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Authors
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 376
- Categories
- Geschichte Nach 1918