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Nach 1918
Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
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„Bodenständigkeit“ als Metapher 143 nabadrundumdenBegriff der „Bodenständigkeit“ eineantisemitischeAnspra- chehielt,wurdeerdafür imSport-Tagblattheftig angegriffen:Es sei nicht gut, „inRedenmit Begriffen zu jonglieren, deren Inhalt nicht feststeht oder die vielleicht gar keinen Inhalt haben. Vor kurzemwurde auf anderm [sic] Sportgebiet ‚germanische‘ Ab- stammung gefordert. [...] Diesen Begriff zu Ausfällen gegen andre zu verwenden, ist in OesterreichebensogefährlichwiemitdemBegriff ‚bodenständig‘ zuoperieren,wieesder Sprecher imDianabad tat. Sind nur die bodenständig, die – gleichgültigwelchemVolke sie angehören– seit vielenGenerationen imGebietedesheutigenOesterreich sitzenund sollen die wirklich germanischen Abkömmlinge nicht anerkannt werden, die in Oester- reich seit langer Zeit ihreWahlheimathaben?Wir sindüberzeugt, daßgeradeder veran- staltendeVereinBodenständigkeit nicht als ausschlaggebend für dieAufnahmebetrach- tenwürde.Wozudennalsodiese Spielerei?Werbei einer solchenVeranstaltung spricht, muß innerlichaufeinerWarte stehen,diehöher ist alsdasDrei-Meter-Brett, vondemaus imDiana-BadgewöhnlichRedengehaltenwerden.“131 AberauchdieserText erweist sichalsambivalent:Eswurdenicht einfachpro- jüdisch argumentiert, sondern primär eineDifferenzierung der Bodenständig- keit eingefordert: „Bodenständig“seinichtmitDeutschtum,sondernweit eher mitÖsterreichertumgleichzusetzen. DieVerwendungdesBegriffes verrät allerdingswenigerüberdenSachver- halt selbst alsüberdieMenschenundGruppen,die „Bodenständigkeit“ inbe- stimmter Weise verwenden. In diesem Sinn formulierte im Jahr 1933 der in WienaufgewachsenepolitischePhilosophErichVoegelin, dass die antisemiti- scheBeschreibungdes Judentums„nichts überdas Judentum,wohl aber sehr vielüberdiepositivgewerteteGemeinschaft“aussagt.Konkret schreibtVoege- lin:„DaseigentümlichedeutscheRingenumeinengeistigenBodenundumdie IdeedergeistigenBodenständigkeit, ihrescharfeAbhebunggegendie jüdische Bodenlosigkeit, zeigt nicht so sehr diese als die Problematik der deutschen ‚Bodenständigkeit‘ selbst.“132 Sowurdeumkehrt derWiener Sport-Club, als er inderÄradesAustrofaschismusmehrmalswegenvermuteternationalsozialis- tischerTätigkeitüberprüftwurde–ergebnislos–,schlichtals„bodenständiger Bezirksverein auf strengbürgerlicherGrundlage“ eingeordnet.133 Resümierendkannfestgehaltenwerden:DieZuschreibung„bodenständig“ (bzw. „nichtbodenständig“) konnte situativunterschiedlicherfolgen.DerVor- wurf,nichtbodenständigzusein,konnteantisemitisch,antiurban,antimigran- 131 Sport-Tagblatt (8. 11.​ 1935) 2. 132 ErichVoegelin, RasseundStaat (Tübingen 1933) 207.VoegelinmusstenachderAnnexion 1938ausÖsterreich fliehen.Überdie Schweiz gelangte er indieUSA. 133 Vgl. Polizei-Direktion inWien,Vereins-Bureau,Berichte v. 20.9.​ 1933u. 12. 2.​ 1937,Archiv Wiener Sportclub/Dr.MartinDrahos. Zit.n.Rosenberg,Spitaler, Grün-weiß, 57.
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Sportfunktionäre und jüdische Differenz Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
Title
Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Subtitle
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
Authors
Bernhard Hachleitner
Matthias Marschik
Georg Spitaler
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Location
Berlin
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-055331-4
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
376
Categories
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