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Prežihov Voranc
Prežihov Voranc, KOK Ravne
na Koroškem
die zentrale Bücherei Horizons und organisierte für die
Partei Finanzhilfe. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges
kehrte P. gegen die Anweisung von J. Broz in seine
Heimat zurück und nahm Kontakte zur OF (Osvobo-
dilan fronta [Befreiungsfront]) auf. Nach der Okkupa-
tion Ljubljanas durch Italien lebte er dort einige Zeit
legal, musste aber wegen des immer stärker werdenden
Widerstandes wieder in den Untergrund. Innerhalb der
OF organisierte P. das Plenum der Kulturarbeiter und
die Kommission für Darlehen und Wirtschaft. 1942
schrieb er den Artikel Za samoodločbo slovenskega na-
roda [Für die Selbstentscheidung des slowenischen Vol-
kes] (erschienen 1945) und eine Broschüre O slovenskih
mejah [Über die slowenischen Grenzen] (4 zyklostierte
und 1 gedruckte Ausgabe, 1943 in Ljubljana). Wiede-
rum war ihm das Einbinden der Slowenen, die nach
dem Ersten Weltkrieg innerhalb der Grenzen Öster-
reichs und Italiens verbleiben mussten, ein wichtiges
Anliegen. Im Januar 1943 wurde P. von einheimischen
Kollaborateuren verhaftet und dem deutschen Okku-
pator ausgeliefert. Er wurde zunächst in Begunje, dem
berüchtigten Nazifolter-Zwischenlager eingesperrt.
Dann wurde er über Berlin, wo er jedwede Zusammen-
arbeit mit den Nazis ablehnte, in das KZ Sachsenhau-
sen und schließlich Mauthausen gebracht, P. überlebte
und wurde nach der Befreiung Vorsitzender der slo-
wenischen Internierten, im Mai 1945 kehrte er nach
Ljubljana zurück. Im Herbst 1945 unterstützte und
organisierte er den Wiederaufbau der → Mohorjeva in
→
Celje und wurde deren Vorstandsmitglied, wodurch
er diese an sich kirchliche Institution vor der Auflö-
sung durch die KP-Behörden rettete. Seit Herbst 1945
leitete er die Einrichtung der Institution Volkskultur
und wurde am 1. Kongress am 23. und 24. März 1947
zu ihrem Präsidenten gewählt, P. wurde auch zum Ge- sandten der DFJ (Demokratična Federativna Skupščina
Jugoslavije [demokratisches föderatives Parlament Ju-
goslawiens] gewählt. In seinen politischen Publikati-
onen nach dem Zweiten Weltkrieg kommt vor allem
seine Sorge um das Schicksal der Kärntner Slowenen
zum Ausdruck.
Große Fürsorge bewies P, der ein liebevoller Famili-
enmensch war, um das Wohlergehen seiner Familie, vor
allem das seiner Mutter, der Witwe seines ermordeten
Bruders und deren Kinder und natürlich auch seiner
Frau (sie war im KZ Ravensbrück gewesen) und seiner
Kinder, die ebenfalls deportiert gewesen waren. Aber
auch mit seinem Bruder Alojzij Kuhar, der als Priester
und Politiker des Vorkriegsregimes in Amerika im Exil
lebte und andere Positionen vertrat, versuchte er ein ge-
genseitiges Verstehen des von ihnen jeweils gewählten
politischen und ideologischen Weges herbeizuführen.
In einem Brief 1945 an diesen schreibt er u. a. »…
Toda
ker mi Tvoje besede odkrivajo ton obsodbe, ki izveni iz
njih, se moram zagovarjati, pojasniti vse okolnosti, ki so
me postavile na stališče – proti Tebi. Boli me to, ali Ti si
sam priznal. Smatraj nasledne kot razgovor zgol, proti
Tebi nočem biti ofenziven nikoli, ampak defenziven
vedno« (Lovro Kuhar ZDSPP knj. 11, Ljubljana 1962,
55, 57). [… Doch weil aus Deinen Worten ein Ton der
Verurteilung klingt, muss ich mich verteidigen, alle
Umstände erklären, die mich auf Standpunkte – gegen
Dich stellten. Es tut mir weh, aber Du hast es selbst
zugegeben. Verstehe das Folgende als reines Gespräch,
gegen Dich will ich nicht offensiv sein, defensiv aber
immer …]
Trotz dieser vielschichtigen und vielseitigen und um-
fangreichen Aktivitäten als homo politicus, war P. da-
neben mit Unterbrechungen als homo poeticus stetig
kreativ und schöpferisch tätig gewesen. Selbst während
der 13 Monate im Gefängnis in Wien 1936/37 hatte er
geschrieben (den Entwurf zum Roman Požganica und
den Großteil des Romanes Doberdob).
Der homo poeticus sagt von sich selbst in eben-
diesem Brief an den Bruder Alojzij »… Cela stvar pa
je ta : Jaz sem literat, sanjaško navdahnjena duša s ču-
stvi … Občudujem ruske mislece in svetovne genije
Tolstoja, Gogolja, Dostojevskega, Gorkija in še druge,
ker sem v njih našel in zadobil kot samouk vse globine
neizčrpljive vere v človeštvo in končno zmago pravice
nad krivico …« [… Die Sache ist aber die : Ich bin ein
Schriftsteller, eine träumerisch inspirierte Seele mit
Gefühlen … ich bewundere die russischen Denker und
weltweiten Genies, Tolstoi, Gogol, Dostojewski, Gorky
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602