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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
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Page - 1113 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž

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1113 Rechtsinstitutionen, karantanerslowenische Rechtsinstitutionen, karantanerslowenische. Die Herkunft mittelalterlicher R. ist meist ungeklärt. Die Pravda russkaja »das Recht der Rus« (literaturüblich »das russische Recht«) wird von der nationalen For- schung für altes »nunmehr« (11. Jh.) kodifiziertes russi- sches Gewohnheitsrecht gehalten. Tatsächlich ist es bis in die Details der Bußgelder ein für die zweisprachige schwedisch/slawische (Ruotsi/Rusi) Oberschicht über- setztes Recht aus dem altschwedischen Rechtsraum in alliterierender rhythmisierter Prosa. Eine übersetzeri- sche Meisterleistung. Das altbulgarische zakon sudnyj ljudem (Gesetzbuch für das Kirchenvolk) ist ein aus dem Griechischen übersetztes byzantinisches Kirchen- recht. Über andere slawische Rechte und R. ist wenig bekannt. Zur Diskussion stand, ob das karantanerslo- wenische Recht und R. wie die Fürstenwahl und die →  Fürsteneinsetzung, slawisch/slowenisch, awarisch oder eigenartig karantanisch sind. Da sie anderswo unbekannt sind, auch bei anderen Slawen, muss man von einer karantanerslowenischen Eigenart ausgehen. Die soziale Struktur der karantanerslowenischen Ge- sellschaft bestand seit dem 8. Jh. aus dem dux/Fürsten, den freien privilegierten »Bauern« (→  Edlinger/kosezi, →  Crouuati, →  Inkulturation), und Unfreien (mancipia, servi und servae). Bemerkenswert ist die von allen ande- ren slawischen Sprachen abweichende, aus dem Ladini- schen stammende slowenische Bezeichnung kmet (< lat. comes/comitem) für den »Bauern«, und somit das soziale Prestige dieses Standes in →  Karantanien. Prinzipiell gab es nach dem frühmittelalterlichen →  Personalitäts- prinzip ein eigenes einheimisches Landesrecht und für die neuen Grundbesitzer ein fremdes bairisch/fränkisches Recht, d. h. eine duale Rechtsordnung. Die kirchlichen Würdenträger unterstanden der Jurisdiktion →  Salz- burgs. Für Baltl/Kocher ist außer Zweifel, »[d]ass es ein karantanisch-slowenisches (sic !) Stammesrecht in der Zeit vom 7. bis zum 11. Jh. gegeben hat«. In Karantanien ist mit römischer Tradition zu rech- nen. Nicht zufällig bestehen →  Fürstenstein und Her- zogstuhl aus Römersteinen, Symbole der →  Kontinuität der Herrschaft über das Land. Was aus dem römischen Recht und aus anderen (vorchristlichen) Rechtsbräu- chen stammt, ist umstritten. Das Christentum jedenfalls war für die Römer und ab dem 8. Jh. auch für die karan- tanischen Slowenen u. a. auch eine rechtliche Revolu- tion. Den Widerstand gegen »das Christliche« aufseiten der →  Edlinger/kosezi bezeichnete man als →  carmula, ein Terminus der lateinischen (ladinisch/bairischen) Rechtssprache. Es gab alte Bischofssitze und Verwal- tungszentren wie im Raum der Hauptstadt Virunum (Magdalensberg/Štalenska gora, →  Maria Saal/Gospa Sveta, →  Karnburg/Krnski Grad) sowie eine noch im- mer funktionierende Infrastruktur (→  Tabula Peutin- geriana). Es gab seit Justinian (529) ein corpus iuris civilis, eine Sammlung alter weströmischer Rechte. In der Provinzhauptstadt Virunum wurden ehemals die Statthalter, Procuratores und Praesides ohne Wahl von Rom eingesetzt, ebenso die duces in Baivaria (vom frän- kischen Zentrum). Für die Baivaria gibt es eine (von Franken diktierte) lex Baivariorum (6. bis 8. Jh.) mit germanischen und römischen Elementen. Zum Beispiel unter manch anderem den römischen Brauch des »an den Ohren Zupfens« (per aures trahere) bei Vertragsab- schlüssen, den man bei slowenischen Zeugen nicht voll- zog. Nach römischer Anatomie war das Ohrläppchen der Sitz des Verstandes und der Erinnerung. In Karan- tanien gibt es keine (geschriebene) lex Carantanorum. Ganz sicher gab es eine Art »Gewohnheitsrecht«. Das Alter der Fürstenwahl und der →  Fürsteneinsetzung auf der auf den Kopf gestellten Römersäule und dem aus Römersteinen zusammengesetzten Herzogstuhl auf dem →  Zollfeld/Gosposvetsko polje ist umstritten. Unter den →  duces Borut, Gorazd und Cheitmar scheint es die eigenartige Fürsteneinsetzung durch freie Wahl jedenfalls (noch) nicht gegeben zu haben. In der →  Conversio heißt es nur ducem fecerunt. Gorazd war der Sohn, Cheitmar der Brudersohn von Borut, also Verwandte. Die freie Wahl des Landesfürsten durch »freie Bauern« wird erst im Zusammenhang mit späte- ren Fürsten erwähnt (→  Fürsteneinsetzung). Die ältesten Hinweise auf R. finden sich in der Gründungsurkunde von →  Kremsmünster (777), nach der dem Stift eine decania sclavorum mit dem župan Physso und den actores Taliup und Sparuna geschenkt wird. Offensichtlich ist die decania (ladinisch/bairisch tegneia, technei) eine Verwaltungseinheit wie später das kirchliche decanatus/Dekanat (mehrere Pfarreien) mit dem decanus »Dechant«, ohne dass die Zahl deca/de- cem »zehn« eine Rolle gespielt hätte. Die militärische Einteilung des »Staates« in Tausendschaften, Hun- dertschaften und Zehnerschaften gab es im römischen Recht. In der Pravda russkaja gab es einen tysončiskyi (lat. millenarius) »Tausendschaftsführer« und sonst auch noch da und dort sutnici (lat. centuriones) »Hun- dertschaftsführer«, also keine Ernennung von duces aus Verwandtschaft. Die slowenische Dignitätsbezeichnungen župan (777), ban/bojan, cacanus, crouuati (→  Kroaten), kosezi
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Subtitle
Von den Anfängen bis 1942
Volume
3 : PO - Ž
Authors
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
566
Categories
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
  2. Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
  3. Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
  4. Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
  5. Verzeichnis der Abbildungen 1580
  6. Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
  7. Biographien der Herausgeber 1602
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