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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
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Page - 1268 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž

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1268 Spätjansenismus in Österreich nisse des Staates. Für eine Neuordnung aber konnte das Gedankengut der Aufklärung und des Jansenismus sehr gute Dienste leisten. Der Jansenismus hatte sich in Österreich zu einer politisch-religiösen Bewegung, eben zum Spätjansenismus entwickelt. Die theologi- sche Grundlage der augustinischen Gnadenlehre stand nicht mehr vordergründig zur Diskussion, sie wurde von den praktisch-theologischen Konsequenzen ver- drängt. Der moraltheologische Rigorismus drückte sich in den Vorschriften für ein asketisches, sittenstrenges und arbeitsames Leben aus. Die augustinisch-urkirch- lichen Ideale reduzierten den Glauben auf ein konse- quent antipäpstliches und antikuriales Denken sowie auf eine apostolisch verstandene Kirche, in der Papst, Bischöfe und Pfarrer gleichermaßen ihre Macht von Gott erhielten. Diese Art von Jansenismus war seit den 20er-Jahren des 18. Jh.s in fortschrittlichen Zirkeln zu- sammen mit einer möglichen katholischen Aufklärung diskutiert worden. Am Germanicum in Rom studierten die zukünftigen österreichischen Bischöfe. Sie wurden in diese Diskussion mit einbezogen und brachten die- ses Gedankengut nach Österreich. Hinzu kamen die italienisch-österreichischen personellen Beziehungen (z. B. Antonio Ludovico Muratori 1672–1750), die im 18. Jh. sehr lebhaft und eine weitere Quelle für die Verbreitung des Jansenismus und Reformkatholizis- mus waren. Zudem war in der Kaiserfamilie eine phi- lojansenistische Prädisposition vorhanden, so dass der Spätjansenismus gute Voraussetzungen für seine Ver- breitung fand. Als in den 50er-Jahren des 18. Jh.s die Notwendigkeit einer Kirchenreform durch den Staat immer offensichtlicher wurde, konnte man bereits auf die antikurialen Elemente des Spätjansenismus ebenso wie auf die reformkatholischen Bestrebungen des auf- geklärten Klerus anknüpfen. Waren die theresianischen Reformen noch mit einem gemäßigten Spätjansenis- mus ausgekommen, so hat der Josephinismus den sich im Praxisbezug immer mehr radikalisierenden Janse- nismus zusammen mit einer gelenkten begrenzten Auf- klärung, die auf die Bedürfnisse der Staatsraison zuge- schnitten wurde, dazu benützt, um die österreichische Kirchenreform in eine Staatskirche münden zu lassen. Der Spätjansenismus wird in seiner Symbiose mit dem →  Josephinismus auch in den slowenischen Ländern eingeführt. Dass er für die Slowenen eine ganz beson- dere kulturpolitische Bedeutung erlangte und zeitlich viel länger wirksam blieb, ist einem besonderen Um- stand zuzuschreiben : 1773 wird Johann Karl Graf von →  Herberstein, der radikalste unter allen spätjanse- nistischen Bischöfen und rückhaltloser Verfechter des Josephinismus, zum Bischof von →  Ljubljana ernannt. Hier aber wird der Spätjansenismus von der sloweni- schen Wiedergeburtsbewegung in ihre Bemühungen eingebaut und erhält damit eine zusätzliche nationale Dimension (→  Preporod). Diese kulturpolitisch natio- nale Dimension ist es, die dazu führt, dass er in den slowenischen Ländern (hauptsächlich in der Diözese →  Ljubljana, aber durch Jurij Japelj auch in Kärnten/ Koroška) um Jahrzehnte länger wirksam bleibt als im übrigen Österreich. Dabei sind die praktischen Re- formen des Spätjansenismus, die den Untertanen auf das ora et labora beschränken, sekundär. Von primärer Bedeutung für die slowenische nationale Wiederge- burt sind die Auswirkungen des spätjansenistischen Bildungsinteresses, seine Kultur des gedruckten Wor- tes. Der Corpus der jansenistischen Bücher von Port Royal wird nachgedruckt und übersetzt, die Gläubigen werden in die Liturgie einbezogen und sollen die Bibel lesen, und zwar in der ihnen verständlichen Volksspra- che (→  Liturgiesprache). Bischof Herberstein be- auftragt seinen bischöflichen Notar Jurij Japelj mit der Leitung und Organisation der Übersetzung des gesam- ten jansenistischen Buchprogramms ins Slowenische. Eine ganze Reihe junger Hofkapläne hat die Aufgabe, unter Jurij Japeljs Leitung den jansenistischen Buch- corpus ins Slowenische zu übersetzen. Die Übersetzung dieser Bücher aus dem Französischen (z. T. auch aus dem Deutschen, sofern sie bereits in deutscher Über- setzung vorlagen) war für die Slowenen nicht nur eine philologische Herausforderung, sie war zugleich eine Bestätigung ihrer nationalen Identität. Diese ins Slo- wenische übersetzten jansenistischen Bücher erfuhren eine Vielzahl von Neuauflagen und erfüllten mehrere Funktionen : einerseits dienten sie der Verbreitung des jansenistischen Gedankengutes, andererseits bewirkten sie die Auseinandersetzung mit den sprachlichen Prob- lemen der slowenischen Schriftsprache und erreichten ein großes Lesepublikum (→  Standardsprache). Die Übersetzung Jurij Golmayers von François Phil- ippe Mesenguys (1677–1763) Exercises de piété tirée de l’Ecriture sainte et de pères de l’Eglise (Sveta maša ino krščansko premišljevanje za vsak dan iz sv. pisma) er- fuhr 18 Ausgaben zwischen 1783 und 1839. Matevž →  Ravnikar (1802–1864) hat das Buch ab der 12. Ausgabe jeweils sprachlich geschliffen. Übersetzt wurde der Bibelkommentar von Antoine Arnauld (1612–1694) De la lecture de l’Ecriture sainte, ebenso Antoine Arnaulds La conversion du pêcheur, le directeur
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Subtitle
Von den Anfängen bis 1942
Volume
3 : PO - Ž
Authors
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
566
Categories
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
  2. Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
  3. Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
  4. Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
  5. Verzeichnis der Abbildungen 1580
  6. Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
  7. Biographien der Herausgeber 1602
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