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Standardsprache
ein jedoch nur bruchstückhaft realisiertes, Editionspro-
gramm für slowenische religiöse Bücher. 1613 erschie-
nen Hrens, wohl vom →
Jesuiten Janez →
Čandik
redigierte Evangelija inu listuvi und 1615 in Augsburg ;
auch auf Čandik zurückzuführen ist der kleine Cani-
sius-Katechismus. Von besonderer Bedeutung ist, dass
sich beide Werke an die Sprachnorm der slowenischen
Protestanten hielten. Insgesamt führt die politisch- und
kirchlich-administrative Zersplitterung und das Fehlen
von entsprechenden Zentren dazu, dass der slowenische
Buchdruck ab 1615 bis 1672 völlig aussetzte, wiewohl
slowenische Hirtenbriefe von Hren und seinen Nach-
folgern bezeugen, dass das Slowenische im schriftlichen
kirchlichen Gebrauch war. 1672 war es Janez Ludvik
Schönleben (1618–1681), der die zweite Auflage
von Feiertagsevangelien und Episteln besorgte und sie
durch einige Kirchenlieder und katechetische Texte er-
gänzte. Von Matija Kastelic (1620–1688) erschien
Nebeški cilj [Himmlisches Ziel] (1684), außerdem war
er durch seine lexikografischen Arbeiten (Manuskrip-
ten) für die slowenische S. relevant. Beliebt waren die
barocken Predigtsammlungen von Janez Svetokriški,
des Jesuiten Jernej →
Basar und von Pater Rogerius,
der das erste slowenische Buch in Kärnten/Koroška
druckte (Palmarius Empyreum …, Klagenfurt/Celovec
1731). Insgesamt kommt es im 17. und in der ersten
Hälfte des 18. Jh.s zu einem Auseinanderdriften und
einer Regionalisierung der schriftsprachlichen Norm.
Dabei bilden sich eigene regionale schriftsprachliche
Varianten, die auch die politische Teilung des sloweni-
schen Sprachraums → Innerösterreichs wiedergeben.
Regional gefärbt sind die bemerkenswerten, erhalte-
nen slowenischen barocken → Chronogramme aus der
zweiten Hälfte des 18. Jh.s aus dem Gebiet der → Os-
siacher Tauern/Osojske Ture nördlich des Wörthersees/
Vrbsko jezero und aus dem → Gailtal/Zilja, die auch
als Indikatoren für die gesellschaftliche Stellung des
Slowenischen in jener Zeit angesehen werden können.
Der →
Spätjansenismus in der Habsburgermon-
archie brachte eine Erneuerung und Weiterentwick-
lung der S. durch die Übersetzung des französischen
jansenistischen Buchkorpus ins Slowenische, die be-
sonders durch den spätjansenistischen Bischof von
→ Ljubljana, Karl Joh. → Herberstein (1719–1787),
gefördert wurde. Die Übersetzungen der jansenisti-
schen Bücher erlebten bis zu 18 Auflagen bis ins 19.
Jh. hinein, als der Spätjansenismus schon keine offizi-
elle Doktrin mehr war. Der aufklärerischen Idee folgte
der Kärntner Oswald → Gutsmann aus Grafenstein/ Grabštanj am → Klagenfurter Feld/Celovško polje
1777 mit seiner Grammatik (Windische Sprachlehre), die
bis 1829 noch fünfmal aufgelegt wurde, wobei er viele
Kärntner Regionalismen in die Schriftsprache einflie-
ßen ließ (ebenso in seinem 1789 erschienen Deutsch-
windischen Wörterbuch). Mit dem Spätjansenismus setzt
im 18. Jh. ein neues Verhältnis zur Volkssprache und
zum Lesen der Bibel durch Laien ein. Das führte zur
Neuübersetzung der Bibel (J. → Japel, G. Kumerdej ;
Svetu pismu …, Ljubljana 1784–1802) und brachte
grundsätzlich eine neue Sprachkultur hervor. 1759 ist
erstmals am →
Priesterseminar in Klagenfurt/Celovec
ein slowenisches Predikantenpraktikum belegt, das die
ununterbrochene Tradition eines slowenischen religi-
ösen und kirchlichen Schrifttums begründete. Dieser
neuen Funktionalisierung im religiösen Bereich folgte
auch eine neue Funktionalisierung im öffentlichen
Bereich durch die → Übersetzungen von Patenten und
Kurrenden im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus
(→ Klagenfurter Marktordnung, 1793). Mit der Auf-
klärung und der Wiedergeburtsbewegung (→ Prepo-
rod) erhalten die Standardisierungsbestrebungen einen
neuen Aufschwung. 1768 schrieb Marko → Pohlin
seine Kraynska Grammatika [Krainische Grammatik],
mit der der Gebrauch des Slowenischen im öffentli-
chen Raum gefördert werden sollte. Weitere Meilen-
steine der Normierungsbemühungen im Geiste dieser
Zeit stellten Jernej →
Kopitars Grammatik 1808 und
Valentin → Vodniks erste slowenischsprachige Schul-
grammatik 1811 dar, die der neuen Rechtsstellung des
Slowenischen innerhalb der → Illyrischen Provinzen
Rechnung trug.
Die Bewegungen des →
Illyrismus und → Pan-
slawismus, die besonders unter den kulturell aktiven
Slowenen in Kärnten/Koroška und in der Steiermark/
Štajerska ihre Anhänger fanden (Matija → Majar –
Ziljski), konnten zwar nicht die idealen Zielvorstel-
lungen einer einheitlichen Schriftsprache aller Slawen
verwirklichen, hatten jedoch einen wesentlichen Anteil
an der Entwicklung der slowenischen Standardsprache.
So meint etwa Domej (301) : »Im Laufe eines kurzen
Zeitraumes [in der ersten Hälfte des 19. Jh.s] hat sie
[die Schriftsprache] sich beinahe stürmisch weiterent-
wickelt. Es waren Kärntner daran maßgeblich beteiligt
… Unter den konkreten kulturellen Bedingungen be-
mühten sie sich aufopfernd um eine Vereinheitlichung
der slowenischen Schriftsprache. Man könnte sagen,
dass sich die slowenische Standardsprache praktisch
unter ihren Händen von der Kärntner slowenischen
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602