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Terminologie
Bojan-Ilija Schnabl, Obdobja
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und Wirtschaftsterminologie erfassten etwa die zwei-
sprachigen Wörterbücher etwa von P. Apovnik und L.
Karničar (1989, 1996).
Die Slowenen in Kärnten/Koroška und ihre Sprache
kennzeichnen zudem seit der Grenzziehung 1920 spe-
zifische gesellschaftliche, psychosoziale, linguistische
Prozesse, die eine jeweils entsprechende spezifische T.
erfordern.
So manche, auch andernorts übliche soziologische
oder linguistische Termini erhalten im Kärntner Kon-
text spezifische zusätzliche Bedeutungsebenen. So
haben die Begriffe → Dialekt, → Soziolekt und Regi-
olekt, → Muttersprache oder → Bildungssprache spe-
zifische Bedeutungsfelder und Konnotationen, die für
die Situation von Minderheiten- und dominierenden
Mehrheitssprachen charakteristisch sind. Der wissen-
schaftliche Diskurs erfordert etwa eine terminologische
und damit konzeptuelle Erweiterung der gesellschaft-
lich vielerorts verwendeten Begriffe →
Assimilation,
→ Germanisierung und → Deutschtümler. Der Begriff
→ Lingua franca bietet einen differenzierten Ansatz im
Vergleich zum modernen Konzept der → Zweispra-
chigkeit bzw. zum Begriff → gemischtsprachig. Das
dem Begriffspaar Zweisprachigkeit/gemischtsprachig
zugrunde liegende Konzept wird wiederum mit dem
Begriff der → Zweisprachigkeitsideologie erläutert,
um spezifische, im Land relevante gesellschaftliche
Phänomene zu erklären. Die enzyklopädische Berück-
sichtigung des Phänomens →
Assimilation und PTBS
erklärt sich aus der spezifischen historischen, posttrau-
matischen Dimension des radikalen Assimilationspro-
zesses in Kärnten/Koroška nach 1945, der mit dem
terminologisch bestimmten Begriff des →
Assimilati-
onszwangs zusätzlich erklärt werden kann. Die Termini
→ Assimilant und → Kryptoslowene differenzieren
psychosoziale und psycholinguistische Realitäten, die
ihrer vereinfachenden Darstellung →
Deutschtümler
oder die → Windischen konzeptuell nicht erfasst werden.
Ähnliches gilt für die in den gesellschaftlichen Diskurs
eingebrachten nunmehr enzyklopädischen Begriffe
→ Akkulturation, → Inkulturation, die gesellschaft-
liche Prozesse beschreiben, die konzeptuell wenig mit
der landläufig vereinfachenden Bezeichnung → Assi-
milation zu tun haben. Den fachspezifischen Bereich
des Spracherwerbs bereichern die enzyklopädischen
Einträge und Konzepte →
Relevanz und Redundanz
von Sprache, →
Immersion oder → Mischsprache, weil
sie den Diskurs um die Qualität des →
Schulwesens
konzeptuell bereichern. Der vorliegende enzyklopädi- sche Eintrag zur → Goldenen Bulle aus 1356 erweitert
wiederum den spezifischen terminologischen Diskurs
zur Immersion insbesondere um eine für Kärnten/
Koroška relevante rechts- und kulturhistorische Di-
mension. Eine rechtshistorische terminologische Be-
griffsbestimmung erfahren in der vorliegenden Enzy-
klopädie auch die bisweilen unreflektiert verwendeten
Rechtsbegriffe → »Volksstamm« und → »Minderheit«/
Volksgruppe.
Den wissenschaftlichen Diskurs um die → Ge-
schichtsschreibung bereichert der konzeptuelle Ein-
trag → Geschichtsschreibung und kognitive Dissonanzen,
der vor allem den Einfluss unbewusster Denkmuster
erläutert, welche die Folge einer systematischen »En-
tethnisierung« bzw. »Entslowenisierung« der Regionalge-
schichte und der Geschichtsschreibung ist. Der Begriff
der → »Entethnisierung« macht eine gesellschaftliche
Realität »begreifbar«, wonach im Land vielfach etwas
alles sein kann, »nur nicht slowenisch«. Zur Überwin-
dung eines diffusen, die slowenische Geschichte ver-
schleiernden Regionalansatzes tragen terminologische
Einträge bei, die aus der »slowenischen Perspektive«
der Geschichte in den transkulturellen Dialog der
vorliegenden Enzyklopädie Eingang gefunden haben.
So die zahlreichen ethnologischen Beiträge, die auf
→ Bräuche hinweisen, die aus dem einst völlig slowe-
nischen Sprachraum stammen und deshalb in der his-
torischen Dimension als slowenisch im Sinne von Teil
der slowenischen → Kulturgeschichte anzusehen sind :
→ Gailtaler Tracht (ziljska noša), die → Žlahta und die
→ Nachbarschaft (soseščina) im Unteren Gailtal/Spod-
nja Ziljska dolina u. v. m. (vgl. → Inkulturation).
Zudem finden sich im öffentlichen Diskurs, wie
auch in der wissenschaftlichen Literatur, weitere kryp-
tisierte Begrifflichkeiten für Aspekte der slowenischen
Kulturgeschichte, ohne sie als solche zu identifizieren,
wie z. B. die Begriffe → karolingisch oder karolinger-
zeitlich, wenn sie für die Beschreibung von Artefakten
aus dem geografischen Raum Karantaniens herangezo-
gen werden. Weitere Begriffe, die vielfach ungenau und/
oder suggestiv verwendet werden und ein historisches
Phänomen eher verschleiern, sind etwa →
alpensla-
wisch, → Slawen, weshalb, um sie korrekt anwenden zu
können, deren verschiedene Bedeutungsebenen einer
terminologischen Erläuterung bedürfen.
Neue kognitive Dimensionen eröffnet der lexiko-
grafische und damit terminologische und konzeptu-
elle Eintrag → Windische Ideologie des Erzherzogtums
Kärnten/Koroška (slow. teorija slovenske nadvojvodine
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602