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Theater, slowenisches in Kärnten/Koroška
für das Jahr 1615 belegt, dass das Passionsspiel, das in
der Expositur des Kollegiums in Eberndorf/Dobrla vas
zur Aufführung gekommen war, höchstwahrscheinlich
in der weltlichen slowenischen Sprache stattfand und
dass ebendieses auch als Vorlage für das slowenische
→ Eisenkappler Passionsspiel (Kapelški pasjon) gedient
hat (vgl. dazu unten).
Neben der sorgfältig organisierten Katechese und
den kultivierten Predigten in slowenischer Sprache
verwendeten die Jesuiten das Slowenische auch in re-
ligiösen Theateraufführungen für breite Bevölkerungs-
schichten. Verlässlich nachgewiesen ist dies für das
Kollegium in Klagenfurt/Celovec. Daneben bestand
auch ein vielfältiges religiöses Theater der Jesuiten – das
insbesondere zu Weihnachts-, Oster- und Fronleich-
namsfeierlichkeiten zur Aufführung kam, und zwar
entweder als gesonderte Veranstaltungen oder aber als
Teil der Prozessionen –, welches sich zumindest zu Be-
ginn vornehmlich der slowenischen Sprache bediente.
Das Schul- und Ordenstheater der Jesuiten in Klagen-
furt/Celovec wurde monografisch von Kurt Wolfgang
Drozd dargestellt. Doch wegen ideologischer An-
schauungen scheint es, als wisse der Autor nicht von
den Slowenen in Kärnten/Koroška und der zumindest
teilweisen öffentlichen Verwendung des Slowenischen
in der Vergangenheit in Kärnten/Koroška und ins-
besondere in Klagenfurt/Celovec. So schreibt er das
einzige Theaterstück, bei dem die Chronik klar dar-
auf hinweist, dass es in der »Volkssprache« aufgeführt
worden sei, dem Deutschen zu, was jedoch in keiner
Weise haltbar ist. Die Jesuiten veranstalteten 1619 in
→ Völkermarkt/Velikovec verschiedene Theaterauffüh-
rungen, aus denen sich in der Folge geistliche Spiele
entwickelten. Diese wurden zwischen 1739 und 1965
von der Theater-Fastenbruderschaft veranstaltet.
Wie Jože Koruza hinweist, haben auch die Passi-
ons-Prozessionen der Kapuzinerinnen und ähnliche
Veranstaltungen unter der Schirmherrschaft der Welt-
geistlichkeit sowie religiöse Marienspiele eine beson-
dere Tradition. In diesen Veranstaltungen musste das
Slowenische als einzige Sprache, die die breiteren Be-
völkerungsschichten verstanden (und gerade für diese
war das Theater bestimmt), eine besondere Rolle ge-
spielt haben, wie dies auch die seltenen erhaltenen
Texte und Fragmente bestätigen. In diesem »Theater«
erschien das Profane lediglich in Form komischer oder
genrehafter Interpolationen.
Einige dieser äußerst typischen Szenen sind im Text
des slowenischen →
Eisenkappler Passionsspiels vom Ende des 18. Jh.s erhalten geblieben, deren Ursprungs-
fassungen nicht viel älter sind. Wenn man davon aus-
geht, dass der Text der Komödie od Kristusouiga terplinja,
katiro so nekidei nate ueliki četertig inu na te uelikonočni
pondelik v Kapli špilali [Komödie vom Leiden Christi,
die einige einst am Gründonnerstag und am Oster-
montag in Kappel spielten] auf der Grundlage einer
älteren heimschen Vorlage entstanden ist und dass der
Text wahrscheinlich auf das Passionsspiel der Jesuiten
zurückgeht, das 1615 im nahe gelegenen Eberndorf/
Dobrla vas aufgeführt worden war, dann reichen diese
Spiele noch in die erste Phase des barocken religiösen
Schauspiels in den slowenischen Ländern zurück. Über
das Osterspiel von Eisenkappel/Železna Kapla schrieb
ausführlich Franz Kotnik in seinem Beitrag u. d. T.
Pasijonska igra iz Železne Kaple [Das Passionsspiel aus
Eisenkappel].
Ein weiteres Erscheinungsbild der älteren Kärntner
Dramatik waren die Übersetzungen und Bühnenbe-
arbeitungen von religiösen Volksschauspielen, die der
Bauer Andrej → Schuster – Drabosnjak (1768–
1825) unterschrieb. Er war der Erste unter den Kärntner
slowenische Volkspoeten (→ Bukovništvo), der in An-
lehnung an deutsche Vorlagen slowenische Schauspiele
für das Volkstheater schrieb. Das umfangreichste Werk
ist die Komedija od celiga grenkiga trplenja ino smerti Je-
zusa Kristusa našiga lubiga Gospuda [Komödie vom gan-
zen bitteren Leiden und Tod von Jesus Christus unse-
rem lieben Herren] (1818). Erwähnenswert sind auch
eine Bearbeitung eines weihnachtlichen Hirtenspiels
sowie die Bearbeitung weiterer Theatertexte. Nach An-
sicht von Jože Koruza kannte er aller Wahrscheinlich-
keit nach das Passionsspiel aus Eisenkappel/Železna
Kapla und andere slowenischeTraditionen nicht, sodass
er aus deutschen Vorlagen schöpfen musste.
Neben Schuster – Drabosnjak ist eine weitere
Erscheinungsform des Theaters zu erwähnen, die we-
sentlich näher am Zeitgeist war, doch leider verloren
gegangen ist : In einem handschriftlich beschriebenem
Heft von Matthias → Schneider (1784–1831) findet
sich u. a. das dramatische Werk Ulrich, Grof Celsky, Ena
igra v treh aktah [Ulrich, → Graf von Cilli. Ein Schau-
spiel in drei Akten], das vor allem als Versuch der dra-
matischen Bearbeitung eines historischen Stoffes Be-
achtung verdient. Auch dieses Beispiel des plötzlichen
Auftretens der slowenischen Dramatik und des Thea-
ters in Kärnten/Koroška zeugt von der Folgewirkung
der Ausbreitung der slowenischen Alphabetisierung
nach den josephinischen Schulreformen (→ Schulwe-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602