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Trubar, Primož
Primož Trubar, Kupferstich
von Jakob Lederlein, 1578
Kozma Ahačič, 2013 Pfarrer in die Freie Reichsstadt Kempten berufen, er
verfasste eine Kirchenordnung, die den Einfluss Wit-
tenbergs erkennen lässt. Hier kommt es zur Begegnung
mit dem ehemaligen Bischof von Koper/Capodistria,
Pietro Paolo Vergerio, der ihn zum Übersetzen der
Hl. Schrift in die südslawischen Sprachen anregte. In
der Folge veröffentlichte T. 1555 vier Bücher in latei-
nischer → Schrift, die noch zu seinen Lebzeiten viele
Änderungen erfuhren : Neuauflage von Abecedarium
und Catechismus, Evangelium des Heiligen Matthäus, ein
Gebet der Christen, die wegen ihres Glaubens verfolgt
werden. Letzteres ist zu Unrecht mit »Vergerius« un-
terzeichnet. Trotz solcher und anderer Konflikte, wel-
che die Zusammenarbeit zwischen ihnen belasteten,
kam es 1565 am Sterbebett von Vergerio, dem T. den
letzten Trost erwies, zur Versöhnung.
T. wird die Leitung der von Hans → Ungnad von
Sonneck im Amandushof in Urach gegründeten »Win-
dischen, Chrabatischen und Cirulischen Trukherey«
übertragen (→
Windisch), wo zwischen 1561 und
1564 insgesamt 39 slowenische, kroatisch-glagolitische
und kroatisch-kyrillische Drucke in über 30.000 Ex-
emplaren hergestellt wurden, um auch die südslawische
orthodoxe Bevölkerung für die Reformation zu gewin-
nen und so die militärische Lage am Balkan zu ent-
spannen. Dieser missionarische Ansatz rückte erstmals
die Ostkirchen in das Blickfeld.
1560 von den Krainer protestantischen Landständen
zum Superintendenten berufen, kehrte T. 1561 nach
Ljubljana zurück und widmete sich dem Aufbau einer
reformatorischen Kirche. Zu diesem Zweck verfasste
er eine Kirchenordnung (Slovenska Cerkovna ordninga,
Tübingen 1564), die für alle slowenischsprachigen Re-
gionen (T. nannte → Krain/Kranjska, die Untersteier-
mark/Spodnja Štajerska, Kärnten/Koroška, →
Görz/
Goriško, die Windische Mark/Slovenska marka, Met-
lika, den Karst/Kras und Istrien/Istra) bestimmt war
und sich als ein Instrument zur Integration der slowe-
nischen Sprache im Gottesdienst und in der Schule
hätte erweisen sollen. Dieses erste gedruckte sloweni-
sche Rechtsdenkmal erschien ohne Titelblatt und ohne
Vorrede, wurde aber vom katholischen Landesherrn
unverzüglich konfisziert und als Eingriff in dessen lan-
desfürstliche Rechte zurückgewiesen. T. wurde aber-
mals ins Exil nach Württemberg (1565 Lauffen, 1566
Derendingen) vertrieben. In seinem Werk Catehismus
sdveima islagama [Katechismus mit zweierlei Ausle-
gungen] (1575) forderte T. die Kärntner Protestanten
auf, sich an diese Kirchenordnung zu halten. T., eine umfassend humanistisch gebildete Persön-
lichkeit, ist die herausragende Zentralfigur des slowe-
nischen protestantischen Kulturschaffens nach dem
Vorbild Erasmus’ von Rotterdam. Seine beiden
ersten Bücher Catechismus und Abecedarium (1550), die
er in Tübingen in gotischer Schrift in einer dem slowe-
nischen Sprachsystem angepassten vereinfachten deut-
schen Orthografie drucken ließ, und sein letztes Buch
(Hishna Postilla, 1595, die Hauspostillen Luthers, von
T.s Sohn Felician postum veröffentlicht), stellen Mei-
lensteine des protestantischen literarischen Schaffens
überhaupt dar.
Nach 1555 erschienen seine Bücher in lateinischer
Schrift, der Catechismus 1555 ist mit den Initialen
N. V.
T. unterschrieben : Negri, Vergerius, Trubar.
Auf Basis der Dialekte des kulturellen Zentrums
Ljubljana, an der Grenze der Gorenjska und der Dolen-
jska (Ober- und Unterkrain), begründete T. die sloweni-
sche Schriftsprache, die überdialektal und normativ war
sowie in der Lage, alle Bereiche des gesellschaftlichen
und kulturellen Lebens abzudecken. Damit festigte er
die Eigenständigkeit des Slowenischen auch gegenüber
den Nachbarsprachen, und entwickelte es stilistisch
und syntaktisch weiter. Den Wortschatz schöpfte er
aus zeitgenössischen Sprachen und aus überlieferten
Texten. T. übersetzte als Erster das Neue Testament zur
Gänze (1582), wobei er sich auf deutsche (Luther,
Heinrich Bullinger), lateinische (Vulgata, Erasmus
von Rotterdam) und italienische Quellen, aber auch
auf den griechischen Urtext stützte (verschiedene Auf-
lagen ab 1555). Bei der Übersetzung des Psalters (1566),
des einzigen von ihm übersetzten alttestamentarischen
Textes, berücksichtigte er neben Schweizer, lateinischen
und deutschen Vorlagen auch das Original, weshalb
seine Übersetzung auch eine Treue zum Ursprungstext
aufweist. In den Katechismen sind Lieder und Ge-
dichte eingerückt. Originalbearbeitungen enthält das
Herzog Christian von Württemberg gewidmete
Buch Articuli (1562), das die Confessio Augustana (1530)
sowie das Württembergische und das Sächsische Be-
kenntnis (1553) zu einem Bekenntnis zusammenfasste,
T. aber den Vorwurf der Bekenntnisvermischung ein-
trug. Wegen seiner unklaren konfessionellen Profilie-
rung zwischen Zürich (Bullinger) und Württem-
berg (Brenz, Andreae), insbesondere in der Lehre
vom Abendmahl, wurde zeitweise der Druck der Bi-
belübersetzung eingestellt und jener der Kirchenord-
nung verschoben, bis ein Beweis der Rechtgläubigkeit
im Sinne der Württemberger Orthodoxie vorlag. Bei
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602