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Vereinswesen (1) in Kärnten/Koroška, slowenisches
eine, → Tamburizzamusik) gegründet. War es von 1867
bis 1899 nur zu 26 Gründungen gekommen, stieg nach
1900 die Zahl der Gründungen rasant an. Zwischen
1900 und Juli 1914 verzeichnete man 121 Gründun-
gen, davon 22 im Jahr 1910. Der nationale Gedanke,
Katholizität und Antiliberalismus bildeten die Leitli-
nien in der weltanschaulichen Orientierung innerhalb
des Vereinskörpers der Kärntner Slowenen. Das galt
für den zentralen politischen Verband der Kärntner
Slowenen, den →
Katoliško-politično in gospodarsko dru-
štvo za Slovence na Koroškem [Katholisch-politischer
und wirtschaftlicher Verein für Kärnten], sowie für
die → Slovenska krščansko-socialna zveza za Koroško
[Slowenischer christlichsozialer Verband für Kärn-
ten]. Gemeinsam mit der Družba Sv. Mohorja bildeten
beide die vereinskulturellen Säulen. Alle drei Verbände
standen für einen eigenständigen Weg der Kärntner
Slowenen, unabhängig von den Verbandszentralen in
→ Ljubljana. Denn die Initiative zur Gründung von
Ortsgruppen kam auch von Organisationen mit Sitz in
Ljubljana. Dazu zählten u. a. die Bruderschaft Družba
Sv. Cirila in Metoda, der Verein → Slovenska straža
[Slowenische Wacht], der Abstinentsko društvo »Sveta
vojska« [Abstinentenverein Heiliger Krieg] oder der
Slovensko planinsko društvo [Slowenischer Alpenverein].
Das Ergebnis des Gründungsbooms war eine Blüte-
zeit des slowenischen Vereinslebens am Vorabend des
Ersten Weltkrieges. 1914 registrierten die Behörden
130 slowenische Vereine. Von diesen hatten 49 ihren
Sitz im Bezirk →
Völkermarkt (Velikovec), 33 im Be-
zirk Klagenfurt-Land (Celovec dežela), 24 im Bezirk
→ Villach (Beljak), 19 in Klagenfurt-Stadt (Celovec),
vier im Bezirk →
Hermagor (Šmohor) und einer im
Bezirk Wolfsberg (Volšperk).
Der Zerfall des habsburgischen Vielvölkerstaates be-
deutete einen tiefen Einschnitt. Die neuen politischen
Rahmenbedingungen im Gefolge der → Volksabstim-
mung 1920 hatten auf den slowenischen Vereinskörper
gravierende Auswirkungen. Nur langsam schritt nach
1920 die Neuorganisierung voran. In vielen Orten ge-
lang es nicht mehr, die vor 1914 bestehenden Vereine
zu reaktivieren. Die Zahl der Neugründungen blieb in
der Ersten Republik gering. Nur 15 Vereine wurden
gegründet. Ein wichtiger Sozialisationsfaktor für die
slowenischsprachige Bevölkerung verschwand aus dem
dörflichen Leben. Bis 1929 sank die Zahl der bestehen-
den slowenischen Vereine auf 69. Die größten Einbu-
ßen verzeichnete der Bezirk Völkermarkt (Velikovec)
(→ Völkermarkter Hügelland [Velikovško podgorje], Kulturvereine). In ihm existierten 1929 nur mehr 18
Vereine. Als politische Sammelorganisation fungierte
das → Politično in gospodarsko društvo za Slovence [Politi-
scher und wirtschaftlicher Verein für Kärnten], als kultu-
relle die → Slovenska krščansko-socialna zveza za Koroško
[Slowenischer christlichsozialer Verband für Kärnten].
Zu den beiden Verbänden kamen die Zveza (slovens-
kih) koroških zadrug [Verband der slowenischen Kärnt-
ner Genossenschaften] (→ Genossenschaftswesen), die
→ Kmečka zveza [Bauernverband] ab 1933, die Družba
Sv. Mohorja und als Antipode zum »Deutschen Schul-
verein Südmark« auch das → Slovensko šolsko društvo
[Slowenischer Schulverein] hinzu. Allerdings erreichte
der Vereinskörper bei Weitem nicht jene Typenvielfalt,
wie es in der Vereinskultur der deutschsprachigen Be-
völkerung der Fall war. Nach dem → »Anschluss« Ös-
terreichs an Deutschland und der Etablierung der nati-
onalsozialistischen Herrschaft ab März 1938 wurde das
slowenische Vereinswesen bis 1941 völlig liquidert.
Die Wiedererlangung der Eigenstaatlichkeit Ös-
terreichs 1945 schuf eine grundlegend neue Situation.
Knapp ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Welt-
krieges setzte die Neubelebung des slowenischen Ver-
einslebens ein. Im April 1946 wurde mit dem Kmečka
zveza za Slovensko-Koroško [Bauernverband für Slo-
wenisch-Kärnten] die erste slowenische Vereinigung
im Nachkriegskärnten gegründet. Anknüpfend an die
katholisch-christlichsoziale Tradition vor 1938, folgte
einen Monat später der Slovenska prosvetna zveza
[Slowenischer Kulturverband] als zentrale Kulturorga-
nisation. Mit stiller Förderung der britischen Militär-
behörden konsolidierte sich bis 1955 das slowenische
Vereinswesen. 78 slowenische Vereine wurden neu bzw.
wieder gegründet : 28 im Bezirk Völkermarkt, 18 im
Bezirk Klagenfurt-Land, 14 im Bezirk Villach-Land
und 18 in Klagenfurt-Stadt, wo die Verbandszentralen
ihren Sitz hatten. 1949 spaltete sich die slowenische
Vereinslandschaft in zwei weltanschaulich unterschied-
liche Blöcke. Die katholisch-konservativen Slowenen
sammelten sich im Narodni svet koroških Slovencev [Rat
der Kärntner Slowenen] und der Družba sv. Mohorja.
Die Demokratična fronta delovnega ljudstva [Demo-
kratische Front des werktätigen Volkes] verstand sich
als Sammelbecken des marxistisch-sozialistischen La-
gers. Innerhalb des slowenischen Vereinskörpers ent-
standen aber nun auch neue, vor 1938 nicht existente
Vereinstypen wie etwa die Sportvereine. 1955 endete
die Aufschwungphase. Es folgten Jahre der Stagna-
tion. Bis in die 1970er-Jahre hielten diese an. Während
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602