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Die Luftwärmc und deren Änderungen im Laufe des Tages und des Jahres sind
wohl das wichtigste klimatische Element; doch genügen die eingehendsten Kenntnisse über
dasselbe allein noch nicht zu einer Beurtheilung der klimatischen Verhältnisse eines Landes.
Zunächst an Wichtigkeit steht die Kenntniß der Vertheilnng der vom Regen und Schnee
gelieferten Wassermengen (kurz „Niederschlagsmenge" genannt) nach Örtlichkeit und
Jahreszeit, dann auch die Häufigkeit der Tage mit Regeu oder Schneefall.
Man gibt die „Niederschlagsmenge" an als Höhe (in Millimetern oder Centimetern),
bis zu welcher das Wasser eiueu völlig flachen Boden bedecken würde, wenn es nicht ablaufen
könnte und nicht in den Boden einsickern oder verdunsten würde. Wenn die jährliche
Regenmenge (das vom Schneefall gelieferte Wasser ist stets darin eingeschlossen) von Wien
zn 59 Centimeter angegeben wird, so heißt dies, daß das gesammte aus der Luft stammende
Wasser den Boden iin Laufe eines normalen Jahres bis zn dieser Höhe bedecken würde.
In einem Regenmesser würde das Wasser, wenn es völlig gegen Verdunstung geschützt
werden könnte, nach Ablauf eines Jahres bis zu dieser Höhe sich angesammelt haben. Die
Quantität dieser Regenmenge und deren Vertheilnng aus die einzelnen Monate des Jahres
sind sowohl von größter Wichtigkeit für die Bodencultur, als auch für viele technische
Zwecke und industrielle Anlagen; sie bilden einen wesentlichen Theil der natürlichen Hilfs-
quellen eines Landes.
Wie in Bezug auf die Wärmcverthcilnng, so finden wir auch in Bezug auf die
Verhältnisse der atmosphärischen Niederschläge in Österreich große Verschiedenheiten, die
aber glücklicherweise nicht bis zu schädlichen Extremen anwachsen. Wo die Regenmengen
am kleinsten sind, wie in einem Theile des böhmischen Gebirgskessels, ist auch die Sommer-
wärme und die Lufttrockenheit nicht so groß, daß die Vegetation deßhalb an Dürre leiden
würde, und wo die Niederschläge am größten sind, am Sndsnße der Alpen, ist deren
Häufigkeit, die Vertheiluug auf die Jahreszeiten, sowie die Sommerwärme derart, daß
diese großen Regenmengen nicht schädlich wirken.
Die Unterschiede im Betrage des jährlichen Regensalls in Österreich-Ungarn sind
sehr groß. Die geringsten Regenmengen fallen im mittleren und nordwestlichen Theile des
böhmischen Beckens, sowie an der Grenze zwischen Niederösterreich und Mähren. Hier
beträgt der jährliche Regenfall 40 bis 50 Centimeter. Die größten Wassermengen fallen
in den nördlichen Kalkalpen (Salzburg 116, Stadt Aussee 147, Bregeuz 155, Ischl 163,
Alt-Aussee 197 Centimeter) und an den Abhängen der jnlischen Alpen (Görz, Jdria 165,
Pontafel 187, Raibl 218). Hier fallen fast tropische Regengüsse, auch was ihre Intensität
und Plötzlichkeit anbelangt. Diebreiten Geröllbecken der aus den jnlischen und venetianischen
Alpen herabkommenden Gebirgsbäche und Flüsse sind augenscheinliche Beweise für die
Plötzlichkeit dieser atmosphärischen Ergüsse, die namentlich im Herbst eintreten. Die größten
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Volume 2
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Volume
- 2
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.77 x 26.41 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch