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Steppenregion sehr empfindlich berührt, ist hier in der mittleren und oberen Region in
genügender Menge und in vorzüglicher Güte vorhanden. Wesentlich anders stellen sich die
Bedingungen der Pflanzencultur in der unteren Region. Hier ist, wie schon erwähnt,
der Hochwald nur auf jene Stellen beschränkt, wo durch Wasserläufe die atmosphärischen
Niederschläge aus den angrenzenden Gebirgen in nachhaltiger Menge zugeführt werden;
alles Übrige ist Steppenland und sowohl in landschaftlicher Beziehung als auch in Betreff
seiner wilden Vegetation und seiner Culturformen von einer ermüdenden Einförmigkeit.
Die Zahl der Pflanzenarten, aus welchen sich die wilde Vegetation zusammensetzt, ist
gerade in der Steppe eine außerordentlich geringe, die wenigen Formen breiten sich aber
gewöhnlich in ununterbrochenem Zuge über weite Strecken aus. Es ist eben eine Eigen-
thümlichkeit derselben, daß Alles, was in ihr lebt und webt, in Massen erscheint. Auch
die Thierwelt zeigt ja dort die gleichen Verhältnisse. Die Artenzahl der Steppenfauna ist im
Vergleiche zu den angrenzenden Waldgebieten erstaunlich gering, die wenigen Arten aber
leben gesellig und erscheinen regelmäßig in ungeheurer Anzahl. Schwärme von Staaren,
welche, aus Tausenden bestehend, dnnklen Wolken gleich durch die Luft wirbeln, Eintags-
fliegen, welche die Ufer der Flüsse und Sümpfe millionenweise umschwärmen, Herden
von Trappen, welche im raschen Laufe über die Fläche dahiujageu, Wanderheuschrecken
und Rosendrosseln, welche sich meist in denselben Jahren in großen Zügen einfinden,
endlich das Heer der für die Steppenländer so charakteristischen Nagethiere sind dort die
bezeichnendsten Elemente des Thierlebens. Ja , auch die Menschen lieben es, sich dort in
wenigen aber großen Ortschaften anzusiedeln, und nirgends in den angrenzenden Wald-
landschaften trifft man auf gleichem Flächenraum so wenige und durch so große Strecken
von Feld und Weide getrennte, dabei aber immer durch eine große Einwohnerzahl
ausgezeichnete Ortschaften. Mit dem hier angedeuteten Gegensatze von Steppen- und
Waldland steht auch der Gegensatz der Pflanzencultur und überhaupt der wirthschaftlichen
Verhältnisse im innigsten Znsammenhange. In den Waldländern war die Flur ursprünglich
nur von geringer Ausdehnung und Bedeutung. Erst durch den Einfluß des Menschen
wurde der herrschende Wald zurückgedrängt, das Flurgebiet erweitert und dem Boden
künstliche Fluren in Form von Getreidefeldern und Wiesen aufgedrängt. Auf dem Boden
der Steppe sind diese Culturen aus Cerealieu, Kräutern und Futterpflanzen kein dem
Boden fremdartiges Erzeuguiß, denn ganz ähnliche Bestünde aus ein- und zweijährigen
Gräsern und Stauden bekleideten schon urwüchsig das Tiefland. Die Umgestaltung der
ursprünglichen Vegetationsdecke in Feld war daher hier keine so mühsame Arbeit, als es
die gleiche Umgestaltung des Waldes in den Waldlandschaften war. Es brauchte in der
Steppe ebeu nur eine Reihe anderer Pflanzenarten snbstitnirt, aber nicht der ursprüngliche
Typus der Vegetation geändert zn werden. Alle unsere Cerealien sind ja aus Steppengräsern
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Volume 2
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Volume
- 2
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.77 x 26.41 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch