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hervorgegangen und die Steppenregion des dacischen Gaues beherbergt noch jetzt zwei
Grasarten: ^ritieum villogum und Seeäle lraZile, welche in ihrer Tracht mit unseren
Cerealien auf das frappanteste übereinstimmen, von denen die letztere sogar ein dem
gebauten Roggen ganz ähnliches Korn liefert und sich nur der brüchigen Ährenspindel
wegen nicht gut zum Anbau eignet. Die Cerealien fanden daher hier recht eigentlich einen
heimatlichen Boden, und es darf darum auch nicht wundernehmen, daß sie ebenso wie
zahlreiche andere Culturpflanzen, zum Beispiel Hanf und Sonnenblumen, häufig verwildert
angetroffen werden und in günstigen Lagen selbst auf brach liegenden Feldern massenhaft
emporschießen. Es ist aus eben diesem Grunde auch die Erhaltung der Getreidefelder in
der Steppe nicht mit jener Mühe verbunden wie in den Waldlandschaften, wo die Flur
aus einjährigen Cerealien ein fremder Sproß ist, den man dem Boden an Stelle des
Waldes aufgedrängt hat. Eine Erschöpfung des Bodens ist im Steppengebiete nicht zn
befürchten; die klimatischen Einflüsse sorgen dafür, daß die den Cerealien nöthigen
anorganischen Salze immer wieder in genügender Menge aufgeschlossen werden; ja weite
Strecken Landes leiden nicht so sehr an einem Mangel als vielmehr an einem Übermaße
derselben. Was im Steppengebiete die Cerealieucultur beeinträchtigen kann, ist einzig nnd
allein der Abgang der nöthigen Feuchtigkeit. Nur wenn das genügende Maß von Wasser
während der Vegetationszeit vorhanden nnd richtig vertheilt ist, vermögen die Pflanzen
die durch Verwitterung sich stets neu erschließenden Schätze des Bodens zu heben. Gleich
den hochstämmigen Bäumen bedürfen alle Cerealien zum Abschlüsse ihrer jährlichen Arbeit
einer wenigstens dreieinhalbmonatlichen ununterbrochenen Vegetationszeit. Wird diese
durch frühzeitig eintretende Sommerdürre eingeengt, so gehen die Neubildungen der
Pflanze zu Gruude, bevor sie noch ihre normale Reife erlangt haben, uud es tritt eine
Mißernte ein. In Flachländern, wo eine derartige Einengung der Vegetationszeit durch die
mit großer Regelmäßigkeit sich einstellenden, durch längere Zeit ununterbrochen wehenden
austrocknenden Nordostwiude alljährlich erfolgt, wie dies in einigen östlicher gelegenen
Steppen der Fall ist, scheitert Forstbetrieb und Feldbau an diesen ungünstigen Verhältnissen
des Klimas. Anders im Steppengebiete der ungarischen Niederung. Hier wird der Steppen-
charakter der Pflanzenwelt nicht durch die alljährlich, sondern nur durch die periodisch
wiederkehrende, zeitlich eintretende Sommerdürre veranlaßt. Die ein- nnd zweijährigen
Culturpflanzen werden daselbst wohl in den vereinzelten Trockenjahren Mißernten geben,
in den sich einschaltenden klimatisch begünstigten Jahren dagegen die reichlichsten Ernten
liefern. Dem Boden die nöthige Feuchtigkeit während der Vegetationszeit auch in den
klimatisch nicht begünstigten Jahren zu erhalten, oder mit anderen Worten, den Feldbau
durch ein sorgfältig durchgeführtes Bewässerungssystem von der Ungunst vereinzelter
Jahre unabhängig zu machen, ist darum auch eines der wichtigsten Ziele, welches die
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Volume 2
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Volume
- 2
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.77 x 26.41 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch