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Reihe von Pflanzenarten in ganz gleicher Form wieder wie in unseren Hochgebirgen, so
beispielsweise die Azalea, mehrere Weiden, Moose und Flechten, aber die meisten anderen
Gewächse, welche der arktischen und alpinen Flora gemeinsam sind, erscheinen eigentlich
doch nur im Norden in ungezählten Individuen und auf weite Strecken verbreitet; im
Bereiche der alpinen Flora sind sie auf ganz vereinzelte Standorte beschränkt und zählen
daselbst zu den größten Seltenheiten. Anderseits fehlen der arktischen Flora die meisten der
für die alpine Flora so charakteristischen Primeln, Mannsschilde, Soldanellen, Gentianen,
Steinbreche und Pedicnlaris; es fehlt auch der Speik, die Edelraute und das Edelweiß,
und was wohl am wichtigsten ist, es fehlen unsere Legföhren, unsere Alpenrosen und die
das Grundgewebe der Grasmatten bildenden Seggen, also gerade diejenigen Gewächse,
welche in unseren Hochgebirgen bestandbildend auftreten, den eigenthümlichen landschaft-
lichen Eindruck der alpinen Vegetation bedingen und an welche Jeder zunächst denkt, wenn
er sich an die Pflanzenwelt der Alpen erinnert.
Sehr bemerkenswerth ist, daß die baltische Flora, welche sich gegenwärtig zwischen
die arktische und alpine Flora einschiebt, nach beiden Richtungen hin zahlreiche Elemente
abgibt, daß insbesondere mehrere Pflanzengenossenschaften, welche im baltischen Floren-
gebiete weit verbreitet sind, sich auch in der arktischen und alpinen Flora wiederfinden. So
sind die Haidekraut- und Heidelbeergestrüppe, die Borstengrasmatten, mehrere Moosteppiche
und auch die Bestände der Grünerlen weit über die durch die Hochwälder bezeichnete
Grenze der baltischen Flora in das Gebiet der alpinen Flora vorgeschoben und
zwischen die alpinen Pflanzengenossenschaften eingeschaltet. Selbst die Fichten, Lärchen
und Buchen greifen stellenweise in das Gebiet der alpinen Flora über, freilich nicht als
hochstämmige Bäume, aber doch als verkrüppelte, vom Grund auf verästelte Büsche, die
mitunter in großer Zahl den Buschwald der Legföhreu durchbrechen. Besonders auffallend
sind in dieser Beziehung die Niederwälder der Rothbuche, welche in den südöstlichen Kalk-
alpen nicht selten als undurchdringliche Dickichte in gleicher Seehöhe mit den Legföhren-
beständen, Alpenrosengestrüppen und Grasmatten die südlichen Gehänge überkleiden.
In vertiealer Richtung gliedert sich das Gebiet der alpinen Flora in drei Regionen:
1. Region des Krummholzes, welche von dem oberen Saume der baltischen Hoch-
wälder bis zur oberen Grenze der zu Buschwäldern verbundenen Holzpflanzen reicht;
2. Region der Matten, in welcher nur mehr Gras-, Kräuter-, Moos- und Flechten-
matten entwickelt sind, und 3. Region der Eiswüsten.
Die Breite dieser drei Regionen wechselt sehr nach dem Relief, der Neigung und
Zusammensetzung des Bodens, sowie nqch der Lage und Richtung der Gebirgszüge. —
Was inbesondere die letztere Region anbelangt, so zeigt dieselbe ihre größte Ausdehnung
im Gebiete der Alpen. Man zählt hier nicht weuiger als 900 Gletscherindividuen, welche
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Volume 2
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Volume
- 2
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.77 x 26.41 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch