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Habsburg die Blätter der Geschichte mit Erb- und Vormundschaftsstreitigkeiten erfüllt,
wozu der Anlaß in den älteren Hausgesetzen mit ihren unklaren Bestimmungen über die
Rechte des Seniorats und der jüngeren Herzoge lag. Dazu kam, daß sich die leopoldiuische
Linie in zwei weitere Zweige, den steirischen und den tirolischen theilte, allerdings so, daß
es nicht gerade zur Bildung neuer Linien kam, sondern blos eine Verwaltungstheilung in
der Weise eintrat, daß sich auch fernerhin die Angehörigen beider Zweige als „uugetheilte
Erben" betrachteten. Immerhin hatten diese Theilungen eine allmälige Entfremdung der
Linien und Zweige zur Folge, die sich zunächst auch in einer verhänguißvolleu Divergenz
der politischen Ziele aussprach. Nur so war es möglich, daß während zwischen dkr
leopoldiuischeu Linie und den Luxemburgern überall ein Gegensatz der Interessen sich
aufthat, der auf dem Constanzer Concil dem tirolischen Zweige nahezu eine Katastrophe
bereitete, sich das albrechtinische Haus auf das engste an das luxemburgische anschloß.
Die Unterstützung, welche Herzog Albrecht V. von Österreich dem König Sigismund
gegen die Böhmen leistete, war auch sonst von den größten Folgen begleitet. War sie
einerseits der Lohn treuer Freundschaft, die einst Sigismund dem Herzog Albrecht IV.
erwiesen und die er auf dessen Sohn Albrecht V. übertrug, so war sie zugleich das Ergebniß
politischer Verhandlungen, die, unter Albrecht IV. begonnen, eben jetzt ihren bedeutsamen
Abschluß fanden. Sigismund hatte bereits Albrecht IV. mit Zustimmung der Stände zu
seinem lebenslänglichen Stellvertreter, ja für den Fall, daß er selbst ohne Hinterlassung
männlicher Nachkommenschaft sterben würde, zu seinem Nachfolger in Ungarn ausersehen.
Als Albrecht IV. starb, nahm sich seines Sohnes Albrecht V. Sigismund in wahrhaft
väterlicher Weise an. Schon 1411 ersah ihn Sigismund zum künftigen Gemal seiner
einzigen Tochter Elisabeth, welche für den Fall, daß ihr Vater keinen Sohn mehr bekäme,
durch die Großen Ungarns zur Kronerbin erklärt worden war und die, da Wenzel
keinen anderen Erben als seinen Bruder Sigismund hatte, diesem dereinst auch in Böhmen
folgen mußte. Entscheidend aber war erst der Vertrag, den Sigismund mit Herzog
Albrecht V. im Jahre 1421 einging, demzufolge dieser gegen die Verpfändung mehrerer
Städte in Mähren und die Festsetzung der Aussteuer seiner Braut dem König seine ganze
Macht wider die Hussiten zur Verfügung stellte. Am 19. April 1422 wurde die Vermählung
Albrechts mit Elisabeth, der Tochter Sigismunds vollzogen, 1423 übertrug ihm Sigismund
die Markgrafschaft Mähren als böhmisches Lehen und setzte ihn zugleich für den Fall, daß
der Mannesstamm der Luxemburger erlöschen würde, zum Erben der böhmischen Krone ein.
So knüpfte Sigismund den Herzog Albrecht auf das engste an sein Interesse; indem
dieser sür seinen Schwiegervater die Waffen führte, trat er zugleich für sein eigenes
künftiges Erbe in die Schranken. Dieses Erbe seinem Schwiegersohne gegen alle Anfechtungen
zu sichern, bildete den Gegenstand der Bemühungen, mit denen Sigismund seine Lebens-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch