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türkischen Großherrn Suleymau um Hilfe anging nnd auch die anderen geheimen und
öffentlichen Gegner des Hauses Habsburg sich mit Zapolyai oder direct mit der Pforte in
Verbindung setzten. Namentlich schloß Franz I. von Frankreich nicht nur mit Zapolyai ein
wechselseitiges Schutzbündnis ab, sondern der allerchristlichste König bot überdies der
Welt das seltsame Schauspiel freuudschaftlicheu Verkehrs mit dem Erbfeinde der Christenheit
dar, indem er zugleich immer wieder gegen Karl V. zu den Waffen griff, nm den Kaiser
au der Erfüllung der Aufgabe zu hindern, welche derselbe, sowie einst sein Großvater
Maximilian, als die höchste seines Lebens bezeichnete: an dem Kampfe gegen die Türken.
Neid, Eifersucht und ungleichartige Bestrebungen spalteten die Christenheit zur Zeit, als
das Osmanenthnm iu der größten Blüte stand und eben deßhalb ganz Europa an der
Befestigung der habsbnrgischen Herrschaft über Ungarn ein dringendes Interesse hatte.
So konnte es geschehen, daß, als die türkische Invasion Ungarn neuerdiugs überflutete
und Suleyman bis vor die Wälle Wiens die siegreichen Feldzeichen des Halbmondes trug,
Ferdinand nahezu sich selbst uud seinem Schicksale überlassen blieb und fast mir die
unerschütterliche Tapferkeit eines Häufleins begeisterter Vertheidiger den übermüthigen
barbarischen Feind zur Aufhebung der Belagerung zwang.
Unter den Mauern Wiens hat der junge Staat damals die Bluttaufe empfangen.
Aber die Kämpfe mit den Türken währten noch viele Jahre fort, da sich Zapolyai, dem
der Großherr Ungarn wie einem Lehensmanne überließ, als vorgeschobener Posten neuer
türkischer Augriffspläue behauptete. Ja 1532 erschien Suleyman, auf den Streit Karls V.
mit den Protestanten rechnend, neuerdings mit großer Macht in Ungarn, fand aber diesmal
an der mit Todesverachtung vertheidigten kleinen Festung Güns unerwarteten Widerstand
und zog auf die Nachricht, daß Karl V., welcher mit den Protestanten zu Nürnberg Frieden
gemacht hatte, mit einem großen Heere bei Wien stehe, wieder ab. Selbst der Tod Johann
Zapolyais (1540) machte dem Kriege kein Ende. Zwar sollte kraft eines Vertrages mit
ihm Ferdinand nunmehr in den Besitz von ganz Ungarn treten. Allein Zapolyais Anhang
erhob dessen ungen Sohn Johann Sigismund Zapolyai zum Köuig uud auch die Pforte
erkannte jenen Vertrag nicht an. Die Osmanen griffen immer weiter um sich, so daß infolge
eines Waffenstillstandes (1547) das Land in drei Theile zerfiel: in den östlichen Theil
ammt Siebenbürgen, welcher dem jungen Zapolyai, in den westlichen, welcher Ferdinand
gegen einen an die Pforte zu entrichtenden Jahreszins blieb, während die Mitte des Landes
mit der Hauptstadt Ofen in ein türkisches Paschalik verwandelt wurde. Wohl schien sich
Ferdinands Lage zu bessern, als Martiuuzzi, jeuer kühne Paulinermönch, um dessen Besitz
einst Ferdinand seinen Gegner beneidet hatte, Jsabella, die Witwe Zapolyais, zwang, ans
Ungarn zu Gunsten des Habsburgers zu verzichten. Als aber bald darnach Martiuuzzi in
den Verdacht eines geheimen Einverständnisfes mit den Türken gerieth und ermordet wurde,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch