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bestimmt haben, daß gerade dadurch die Eintracht der verschieden gesinnten und verschieden
veranlagten Brüder am besten gefördert werde. Abgesehen davon kann man diese Theilung
nur als einen entschiedenen Rückschritt des österreichischen Staatsgedankens bezeichnen, zumal
das Erzherzogthum Österreich, welches Maximilian und dessen nächsten Nachfolgern zufiel,
zu unbedeutend war, um denselben den böhmischen und ungarischen Ständen gegenüber
das nothwendige Ansehen zu sichern. Es war dies um so bedenklicher, als gerade damals
die Wogen der Resormation und der ständischen Opposition hoch aufzuschlagen begannen.
Mit besondererSpannuug sah man dem Regierungsantritt Maximilians II. entgegen.
Denn trotz seiner Vermählung mit einer Tochter Karls V. und eines längeren Aufenthaltes
in dem streng katholischen Spanien hatte dieser ebenso geistreiche wie feingebildete Fürst
bisher eine entschiedene Hinneigung zur neuen Lehre gezeigt, zum größten Kummer des
Vaters, der spanischen Verwandten und der Curie, welche Alles in Bewegung setzten, um
Maximilians offenen Abfall von der alten Kirche hintanzuhalten. Wohl hatten die ernsten
Mahnungen Ferdinands, der ihn zu enterben drohte, sowie die Aussichten, welche durch
einige Zeit sich der deutschen Linie des Hauses Habsburg darboten, Philipp II. von
Spanien zu beerben, bewirkt, daß Maximilian späterhin wenigstens äußerlich den Pflichten
des katholischen Glaubens nachkam; aber man wußte, daß seine innere Überzeugung
dieselbe geblieben sei, und eben deßhalb knüpften sich an Maximilians Regierungsantritt
ebensoviele Hoffnungen auf der einen als Befürchtungen auf der anderen Seite.
Doch hatte man sich auf beiden Seiten getäuscht. Zu einer Revolution von oben
herab, zu einer entschiedenen Parteinahme für die protestantische Sache war Maximilians
ganze Persönlichkeit nicht angelegt. In innerster Seele allen Extremen, allen tnmultnarischen
Borgängen abgeneigt, huldigte er dem laugsamen und gemäßigten Fortschritt, suchte er
überall den bestehenden Zustand zu schützen oder überließ er doch die Entwicklung der
Dinge ihrem eigenen natürlichen Verlaufe. Statt selbstbestimmend in den Gang der
Ereignisse einzugreisen, schloß er sich überall der Partei der Mitte und des Friedens an.
Die Verhältnisse selbst wiesen ihm diesen vermittelnden Pfad. Bedenkt man, daß gerade
damals der Streit über die Rechtfertignngs- und Abendmahlslehre die Protestanten in
zwei feindliche Heerlager schied, während zugleich die katholische Kirche, bisher überall in
der Defensive, init verjüngter Kraft zu einem allgemeinen Angriffe überging, nimmt man
die Rücksicht auf Spanien hinzu, welche ebenso das Interesse der Familie überhaupt, wie
die Aussicht auf die einstmalige Beerbung Philipps II. erheischte, so begreift man die Lage
Maximilians, dessen Überzeugung mit den Thatsachen in einen Widerspruch gerieth. den zu
überwinden seine auch durch körperliche Leiden gebrochene Willenskraft zu schwach war.
Das Einzige, was Maximilian unter solchen Verhältnissen thun konnte und was er
auch wirklich that, war, daß er den Protestanten gegenüber ein mildes, versöhnliches
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch